idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
04/28/2025 15:55

Extreme Regenfälle – seit langem bestehende Hypothese zur Temperaturabhängigkeit endlich geklärt?

Matthias Zimmermann Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Potsdam

    Sturzfluten, die aus extremen Regenfällen resultieren, stellen ein großes Risiko für Menschen und Infrastrukturen dar, insbesondere in städtischen Gebieten. Höhere Temperaturen durch weltweite Klimaveränderungen wirken sich in etwa gleichem Maße auf Dauer-Regenfälle und auf kurze Regenschauer aus. Treten beide Niederschlagsarten jedoch zugleich auf, wie es für Gewitterwolken-Cluster typisch ist, so steigt die Niederschlagsmenge stärker mit zunehmender Temperatur, wie die Studie zweier Wissenschaftler der Universität Potsdam und des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen zeigt. Die Studie wurde jetzt im Fachjournal „Nature Geoscience“ veröffentlicht.

    Extreme Regenfälle können starke Überschwemmungen – sogenannte „Sturzfluten“ – verursachen. Wie verändern sich solche extremen Niederschläge mit der Temperatur? Diese Frage wird seit Jahrzehnten mithilfe von Niederschlags- und Temperaturaufzeichnungen untersucht, die in kurzen Abständen von einer Stunde oder weniger gemessen werden.
    Niederschlag und Wolken bilden sich, wenn der Wasserdampf in der Luft gesättigt ist und sich kleine Tröpfchen formen, die schließlich zu Regentropfen zusammenklumpen. Die Clausius-Clapeyron-Beziehung besagt, dass mit steigender Temperatur pro Grad Celsius etwa 7 Prozent mehr Wasserdampf zur Sättigung erforderlich ist. Stark vereinfacht kann man sich die Beziehung wie einen Schwamm vorstellen, der bei steigenden Temperaturen mehr Wasser aufnehmen kann. Ein extremes Niederschlagsereignis entspricht in diesem Bild dem Zusammendrücken des Schwamms, um das meiste Wasser freizusetzen.
    Diese Hypothese wurde im Jahr 2008 durch die Analyse einer langen Zeitreihe von Niederschlagsdaten in den Niederlanden infrage gestellt. Die Autoren dieser Studie, Lenderink und van Meijgaard, kamen aufgrund ihres statistischen Ansatzes zu dem Schluss, dass die Clausius-Clapeyron-Beziehung nicht ausreicht, um die Zunahme der extremen Niederschläge zu beschreiben, insbesondere Gewitterniederschläge, die um 14 Prozent pro Grad Celsius zunehmen können – also mit der doppelten Rate von Clausius-Clapeyron.
    In den vergangenen 17 Jahren hat die inzwischen mehr als 1.000 Mal zitierte Arbeit von Lenderink und van Meijgaard zu zahlreichen Untersuchungen des Phänomens geführt, ohne dass die in der niederländischen Studie ausgearbeiteten Grundlagen eindeutig bestätigt oder zurückgewiesen werden konnten. Insbesondere war es schwierig festzustellen, inwieweit die Mischung verschiedener Niederschlagsarten zu statistischen Überlagerungen führen könnte.
    Die aktuelle Arbeit befasst sich eingehend mit zwei Niederschlagsarten: kontinuierlichen und gleichmäßigen (stratiformen) Dauer-Niederschlägen im Vergleich zu kurzen Regenschauern, die für Gewitter typisch sind. „Wir nutzen einen großen und hochfrequenten Datensatz aus Deutschland, der mit einem neuartigen Datensatz zur Blitzerfassung kombiniert wird. Da Blitze Gewitteraktivität anzeigen, können die stratiformen Niederschläge auf diese Weise von den Gewittern getrennt werden“, erklärt Nicolas Da Silva von der Universität Potsdam. „Das Ergebnis ist verblüffend: Betrachtet man nur klare Gewitterregen und untersucht Extremwerte bei jeder Temperatur, entspricht der Anstieg nahezu perfekt der Clausius-Clapeyron-Theorie“, fügt Jan O. Härter von der Universität Potsdam hinzu, der ebenfalls am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) tätig ist. Werden nur die stratiformen Niederschläge ausgewählt, passen die Messwerte ebenfalls gut zur Clausius-Clapyron-Theorie. Erst wenn man die Statistiken beider Typen kombiniert, ergeben sich wesentlich höhere Temperatur-Anstiegsraten, so wie in der Studie von Lenderink und van Meijgaard vorhergesagt. Die Autoren Da Silva und Härter stellen fest, dass dieser ‚Super-Clausius-Clapeyron‘-Anstieg also rein statistischen Ursprungs ist, sodass eine seit langem bestehende Kontroverse endlich beigelegt werden könnte.
    Die aktuelle Studie zeigt jedoch, dass der statistische ‚Super-Clausius-Clapeyron‘-Anstieg der Niederschlagsextreme für Cluster gültig ist, die sowohl Gewitterwolken als auch stratiforme Wolken enthalten. Solche Wolken-Cluster sind für einen Großteil der extremen Niederschläge verantwortlich, die Sturzfluten verursachen. „Nimmt man die Temperaturänderungen an, die für die kommenden Jahrzehnte im Rahmen der Klimaerwärmung prognostiziert werden, so könnten extreme Regenfälle ein noch nie dagewesenes Risikoniveau für Menschen und Infrastrukturen erreichen, insbesondere in städtischen Gebieten“, betonen die Autoren.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Jan Härter, Institut für Physik und Astronomie
    Tel.: 0331/977-5889 oder -1628
    E-Mail: jan.haerter@uni-potsdam.de


    Original publication:

    Nicolas A. Da Silva and Jan O. Haerter, 2025, Super-Clausius-Clapeyron scaling of extreme precipitation explained by shift from stratiform to convective rain type, Nat. Geoscience, https://www.nature.com/articles/s41561-025-01686-4


    More information:

    http://Abbildung 1: Installation von Wetterstationen durch die Arbeitsgruppe (links: Yahaya Bashiru, rechts: Maxime Colin), mit einem sich annähernden Gewitterwolken-Cluster im Hintergrund. 21. Juli 2023, Bremen (Deutschland). Bildquelle: Irene Livia Kruse.
    http://Abbildung 2: Ein Gewitterwolken-Cluster mit typischer Böenwalze kurz vor Beginn starker Regenfälle nahe Bremen (Deutschland) am 21. Juli 2023. Bildquelle: Maxime Colin.


    Images

    Installation von Wetterstationen durch die Arbeitsgruppe (links: Yahaya Bashiru, rechts: Maxime Colin), mit einem sich annähernden Gewitterwolken-Cluster im Hintergrund. 21. Juli 2023, Bremen (Deutschland).
    Installation von Wetterstationen durch die Arbeitsgruppe (links: Yahaya Bashiru, rechts: Maxime Coli ...
    Irene Livia Kruse
    Irene Livia Kruse

    Ein Gewitterwolken-Cluster mit typischer Böenwalze kurz vor Beginn starker Regenfälle nahe Bremen (Deutschland) am 21. Juli 2023.
    Ein Gewitterwolken-Cluster mit typischer Böenwalze kurz vor Beginn starker Regenfälle nahe Bremen (D ...
    Maxime Colin
    Maxime Colin


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Installation von Wetterstationen durch die Arbeitsgruppe (links: Yahaya Bashiru, rechts: Maxime Colin), mit einem sich annähernden Gewitterwolken-Cluster im Hintergrund. 21. Juli 2023, Bremen (Deutschland).


    For download

    x

    Ein Gewitterwolken-Cluster mit typischer Böenwalze kurz vor Beginn starker Regenfälle nahe Bremen (Deutschland) am 21. Juli 2023.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).