Kommunikationswissenschaftlerin Anabell Hacker untersuchte die Bedeutung von Stimme und Gesicht auf Attraktivität, Sympathie und Persönlichkeit
Bei der Beurteilung einer Frau als attraktiv, ist das Gesicht ausschlaggebend. Ob man jedoch als Frau auf andere Menschen sympathisch wirkt und die Persönlichkeit positiv bewertet wird – da ist die Stimme entscheidender. Das ist das Ergebnis von empirischen Tests, die Dr. Anabell Hacker im Rahmen ihrer Dissertation „Attraktivität, Sympathie und Persönlichkeit – Relevanz von Stimme und Gesicht“ durchführte und in der sie unter anderem untersuchte, was bei der Beurteilung von Attraktivität, Sympathie und Persönlichkeit relevanter ist – die Stimme oder das Gesicht.
Das Auditive ist relevanter als das Visuelle
„Meine Tests ergaben, dass nur bei der Beurteilung der Attraktivität das Gesicht wichtiger ist als die Stimme und zwar um das 2,8-fache. Sowohl bei der Bewertung der fünf Persönlichkeitsmerkmale Neurotizismus, Extravertiertheit, Offenheit für Erfahrung, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit, also der sogenannten Big Five, sowie der Sympathie ist die weibliche Stimme ausschlaggebend. Bei der Bewertung der Sympathie ist die Stimme um das 1,7-fache wichtiger, bei der Gewissenhaftigkeit um das Dreifache und bei der Verträglichkeit sogar um das 3,7-fache“, sagt Dr. Anabell Hacker. Attraktivität definierte sie im sexuellen Sinne. Sympathie war als rein platonisch definiert.
Die Sprachwissenschaftlerin ließ 31 Frauengesichter und deren Stimmen beurteilen. Die Frauen waren im Schnitt 26 Jahre alt. Die 31 Frauen sollten eine Pizza an einen vorgegebenen Ort bestellen. „Die Eckdaten für die Pizzabestellung waren für alle gleich, aber in der Formulierung der Bestellung waren die Frauen frei“, so Hacker. In der ersten Testreihe sollte nur das Gesicht bewertet werden; in der zweiten nur die Stimme. Die Gesichter wurden von 80 Probanden (48 weiblich, 32 männlich) bewertet; die Stimmen von 66 Probanden (47 weiblich, 19 männlich). In einer dritten Testreihe wurden dann Stimme und Gesicht zusammen bewertet. Diese Bewertung erfolgte durch 118 Studienteilnehmende (74 weiblich, 44 männlich).
„Was schön ist, ist auch gut“ – Stimmt das Stereotyp noch?
Neben der Untersuchung der Bedeutung von Gesicht und Stimme auf die Wahrnehmung von Attraktivität, Sympathie und Persönlichkeit wollte Hacker das seit den 1980er-Jahren in der Forschung gültige Stereotyp „What is beautiful is good“, also was schön ist, ist auch gut, mit den Methoden der modernen Sprachwissenschaft auf seine Gültigkeit überprüfen. Das Stereotyp besagt, dass als attraktiv wahrgenommene Menschen verträglicher, extrovertierter, gewissenhafter, offener für Erfahrung und weniger neurotisch (labil) beurteilt werden.
„Meine Tests bestätigten dieses Stereotyp in dieser Eindeutigkeit nicht. Die Frauen mit den attraktiven Gesichtern in meinen Tests wurden nur hinsichtlich zweier Persönlichkeitsmerkmale positiver bewertet: Es wurden ihnen eine höhere Extravertiertheit und ein niedrigerer Neurotizismus zugeschrieben. Auf die als attraktiv charakterisierten weiblichen Stimmen trifft das Stereotyp eher zu: Bei vier Persönlichkeitsmerkmalen – Extravertiertheit, Gewissenhaftigkeit, Offenheit für Erfahrung und Neurotizismus – war die Wirkung positiver“, sagt Dr. Anabell Hacker.
Bewegte Betonung, Pausen und Behauchung wirken positiv
Des Weiteren analysierte sie, welche Eigenschaften der Stimme und der Sprechweise deren Wirkung beeinflussen. „Positiv auf die Bewertung von Attraktivität, Sympathie und Persönlichkeit wirken eine sehr bewegte Betonung, also das Gegenteil einer monotonen Sprechweise, viele Pausen, aber keine gefüllten Pausen mit ähm und hm, eine hohe Sprechgeschwindigkeit, eine behauchte Stimme und ein Knarren am Ende des Satzes“, so Hacker. Das Knarren am Satzende signalisiere, dass eine Sinneinheit abgeschlossen sei und das Gegenüber nun Zeit habe, das Gesagte zu verarbeiten. Besonders positiv sei auch eine behauchte Stimme. Sie lasse Frauen attraktiver, sympathischer, extravertierter, offener für Erfahrungen und weniger neurotisch erscheinen. Die mittlere Grundfrequenz einer Stimme, also ihre Höhe beziehungsweise Tiefe war nur hinsichtlich der Wahrnehmung als attraktiv und offen für Erfahrung ausschlaggebend, nicht aber für Sympathie und die weitere Persönlichkeit.
„Wir sind zu Augentieren geworden“
Eine wichtige Erkenntnis ist für die Sprachwissenschaftlerin, dass die Stimme, also das Auditive, für die Wahrnehmung von Sympathie und Persönlichkeit entscheidender ist als das Visuelle. Und das stehe im Gegensatz zur Dominanz des Visuellen im Alltag. „Die Sozialen Medien sind stark auf das Visuelle ausgerichtet. Wir alle wissen von uns selbst, welchen Aufwand wir für unser Äußeres betreiben. Man denke nur an ein anstehendes Bewerbungsgespräch oder schlicht an eine Party. Wir sind zu Augentieren geworden. Über die Wirkung ihrer Stimme machen sich die wenigsten Gedanken“, sagt Hacker.
Warum die Stimme entscheidender ist als das Gesicht, darüber geben diverse Studien in den vergangenen Jahren am TU-Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, an dem sie auch promovierte, Auskunft. „Es wurde herausgefunden, dass über die Stimme viele Informationen übermittelt werden wie Alter, Geschlecht, geografische Herkunft aufgrund des Dialekts oder des Akzents und der Bildungsgrad. Aber auch Emotionen wie Freude, Wut, Trauer, Langeweile vermitteln sich über die Stimme, weil die wenigsten Menschen ihre Stimme bewusst kontrollieren. Dadurch geben sie über sich sehr viel mehr Aufschluss als mit ihrem Aussehen. Nur ist das kaum bekannt“, resümiert Hacker.
Nach der Anwendung ihrer Forschungsergebnisse gefragt, verweist sie unter anderem auf die künstliche Intelligenz, in der Avatare eine große Rolle spielen. „Je nachdem wie ein künstlicher Avatar wirken soll, sympathisch, extrovertiert, gewissenhaft, neurotisch, verträglich oder eben genau gegenteilig, kann das mit der Stimme überzeugender erreicht werden als mit dem Aussehen“, so Hacker.
Und warum hat sie nur Gesichter und Stimmen von Frauen untersucht? Dr. Anabell Hacker: „Es sind Frauen, die höchstem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt sind, attraktiv zu sein. Das zeigt sich daran, dass die meisten Schönheits-OPs im Gesicht Frauen durchführen lassen. In Deutschland entfallen 80 bis 90 Prozent der Schönheitsbehandlungen im Gesicht auf sie.“
Anabell Hacker; Attraktivität, Sympathie und Persönlichkeit – Relevanz von Stimme und Gesicht, Logos Verlag 2024, Mündliche Kommunikation, Bd. 13, 300 Seiten, ISBN 978-3-8325-5833-8, 48.50 Euro, Bestellung über den Buchhandel oder die Webseite: http://www.logos-verlag.de
Kontakt:
Dr. Anabell Hacker
TU Berlin
Fakultät I – Geistes- und Bildungswissenschaften
Fachgebiet Kommunikationswissenschaft
Tel.: +49 30 314-25401
E-Mail: anabell.hacker@tu-berlin.de
Criteria of this press release:
Journalists
Language / literature, Media and communication sciences, Psychology
transregional, national
Research results
German
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