Am Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock, LIKAT, entwickelte ein Doktorand von Dr. David Linke KI-Modelle für das Fischer-Tropsch-Verfahren auf Basis von CO2. Ursprünglich stammt das Verfahren aus den 1920er Jahren, um aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff, gewonnen aus Kohle und Erdöl, flüssige Kohlenwasserstoffe herzustellen. Weltweit forschen Labore daran, statt der fossilen Ausgangsstoffe künftig das Klimagas Kohlendioxid für die Fischer-Tropsch-Synthese zu verwenden.
Zu den Forschungszielen in der Chemie zählt der Ersatz der fossilen Rohstoffbasis durch klima- und umweltfreundliche Ausgangsstoffe. Ein vielversprechender Weg ist die Hydrierung von Kohlendioxid zu höheren Kohlenwasserstoffen, die CO2-Fischer-Tropsch-Synthese (CO2-FTS). CO2 und Wasserstoff (H2) reagieren hierbei katalytisch z.B. zu synthetischem Kraftstoff, der keine Schwefel- und Stickstoffverbindungen enthält und somit sehr viel sauberer verbrennt als seine erdölbasierte Variante. Wird der Wasserstoff zudem aus erneuerbaren Quellen produziert, ist ein solches Verfahren vollkommen CO2-neutral.
Erst die Daten, dann das Experiment
Weltweit steigt die Zahl an Veröffentlichungen zu dieser Reaktion und damit der Umfang an Daten aus den Experimenten. „Wer diese Daten intelligent analysiert, kann verborgene Zusammenhänge zwischen Katalysatoreigenschaften und chemischer Aktivität entdecken“, sagt LIKAT-Chemiker Dr. David Linke. Wertvolles Wissen, doch schwer zu bergen. Ein Fall für maschinelles Lernen und künstliche neuronale Netzwerke.
Aleksandr Fedorov, Doktorand von David Linke, ließ sich auf die Pionierarbeit ein. Promotionsziel war ein neuer Katalysator für die CO2-FTS und ein passendes KI-Modell dazu, das die Geschwindigkeit der komplexen Reaktion unter allen Bedingungen beschreiben kann. Das hieß zunächst, monatelang Daten zu sammeln, aufzubereiten und damit eine Datenbank zu füttern. David Linke: „Noch vor dem ersten Experiment gilt es so viel zu wissen wie möglich. Denn Experimente sind teuer und zeitraubend.“
Hochselektiver Eisenkatalysator
Häufig laufen sowohl die klassische Fischer-Tropsch-Synthese als auch die CO2-FTS in sogenannten Blasensäulenreaktoren ab. Die gasförmigen Ausgangsstoffe, H2 und CO2 sowie später auch das Kohlenmonoxid (CO), das sich bildet, arbeiten sich dabei durch eine zähe Flüssigkeit, in der sich der Katalysator auf Eisen- oder Kobaltbasis sowie alle Zwischen- und Endprodukte befinden.
Ergebnis der Forschungsarbeiten am LIKAT war ein Eisen-Katalysator mit sehr hoher Produktivität und hoher Selektivität, der im Produktionsreaktor aktiviert werden kann. Eine hohe Selektivität bedeutet, dass besonders wenig unerwünschtes Methan im Vergleich zu den gewünschten Zielprodukten gebildet wird. Dies wurde durch Zugabe von wenig Kalium, Kupfer und Aluminium erreicht.
Ohne viel Trial & Error
Bis heute dokumentieren Chemiker ihre Erkenntnisse zu den Reaktionen in Grafiken und Tabellen, die den Einfluss wichtiger Parameter wie Druck, Temperatur und Zusammensetzung der Proben darstellen. In rund hundert Publikationen analysierte Aleksandr Fedorov jeden einzelnen Messpunkt. Dabei ermittelte er nicht nur die entscheidenden Kriterien für Effektivität und Selektivität der Reaktion. Er deckte auch einen Widerspruch auf: Anders als in der Literatur dargestellt, wird das eingesetzte CO2 in der Reaktion keineswegs immer nur zu CO umgesetzt. Diese Erkenntnis eröffnet einen Forschungsansatz für die weitere Katalysatorverbesserung.
Mit Daten seines Katalysators begann Fedorov künstliche neuronale Netzwerke zu trainieren, und zwar für die kinetische Modellierung der CO2-Hydrierung, sein KI-Modell. Dazu mussten wenige Daten reichen, weil es immer nur wenige Labordaten pro Messreihe gibt. David Linke: „Anders als bei den üblichen Sprach-KI-Lösungen, den Large-Language-Models, arbeiten wir hier mit small data.“ Damit das Modell dennoch plausible Reaktionsverläufe errechnen kann, mussten ihm grundlegende physikalische Regeln beigebracht werden.
Im vergangenen Herbst kam der Durchbruch, wie sich David Linke erinnert. „Plötzlich bekommst du Modelle, die sich vernünftig verhalten! Das ist schon ein bisschen wie Hexerei.“ Üblicherweise sitze man tagelang am Computer um ein passendes Modell zu finden. „Jetzt trainiere ich das KI-Modell, und selbst der alte Laptop rechnet alles in 30 Minuten durch.“
Quellcode als Open Source
Welchen Nutzen habe diese KI-Modelle? Die KI aus dem LIKAT ermöglicht neben kürzerer Laborzeit bei der weiteren Erforschung der CO2-FTS auch eine höhere Effizienz der Reaktion. Vor allem können Verfahrensingenieure mit dem Modell von Aleksandr Fedorov nun den Blasensäulenreaktor technisch viel präziser als vorher auslegen und bauen. Und jedermann kann das Modell als Matrix verwenden, um eine eigene KI für x-beliebige Reaktionen zu trainieren.
David Linke, Aleksandr Fedorov u.a. haben ihre Erkenntnisse samt dem Quellcode als Open Source veröffentlicht. Als Teil der 2020 gegründeten Nationalen Forschungsdaten Infrastruktur (NFDI) werden solche KI-Tools die Entwicklung chemischer Verfahren vom Labor bis zum Reaktor revolutionieren, davon ist David Linke überzeugt.
Dr. David Linke: David.Linke@catalysis.de
Aleksandr Fedorov: Aleksandr.Fedorov@catalysis.de
Source code: https://github.com/LIKAT-Rostock/kcnode-paper
Paper: https://doi.org/10.1016/j.cej.2023.146869
Effektiv und schön anzusehen: die Hochdurchsatz-Katalyseanlage, mit der Aleksandr Fedorov seine Kata ...
LIKAT
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Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students
Chemistry, Energy, Environment / ecology
transregional, national
Research results
German
Effektiv und schön anzusehen: die Hochdurchsatz-Katalyseanlage, mit der Aleksandr Fedorov seine Kata ...
LIKAT
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