Die Zahl der Arten nimmt nicht gleichmäßig zu, wenn man sich von kleinen Ökosystemen zu kontinentalen Maßstäben bewegt – dieses Phänomen ist in der Ökologie seit Jahrzehnten bekannt. Jetzt hat ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) eine neue Theorie entwickelt, welche die drei Phasen erklärt, die typisch sind für die Verteilung der Arten im Raum. Die Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature Communications könnte helfen abzuschätzen, wie viele Arten durch die Zerstörung von Lebensräumen verloren gehen.
Je weiter man sich von einem kleinen Lebensraum zum kontinentalen Maßstab bewegt, desto größer wird die Zahl der Arten. So mag man in einem Dorfteich nur eine Handvoll Amphibienarten finden; doch je größer die betrachtete Fläche wird und Flüsse und Sümpfe mit einschließt, desto mehr Frösche, Kröten und Salamander kommen hinzu, bis man schließlich bei mehreren Hundert oder Tausend Arten auf kontinentaler oder interkontinentaler Ebene landet.
Drei-Phasen-Muster der Artenverteilung
Diese Muster sind als Arten-Flächen-Beziehung (engl. Species-Area Relationships – SARs) bekannt. Ökologen beobachten seit langem, dass SARs einem charakteristischen Muster folgen, das aus drei Phasen besteht: In der ersten Phase (lokal zu regional) nimmt die Zahl der Arten rasch zu. In der zweiten Phase (regional zu kontinental) ebbt diese Zunahme ab. In der dritten Phase (kontinental zu interkontinental) ist wieder eine verstärkte Zunahme zu verzeichnen.
Forschende haben nun eine universelle Theorie entwickelt, um dieses Drei-Phasen-Muster zu erklären und abzuschätzen, wie groß die Zahl der Arten an den Übergangspunkten zwischen den Phasen ist. „Das ist ein großer Schritt nach vorn in der Ökologie”, sagt Erstautor Dr. Luís Borda-de-Água vom Forschungszentrum CIBIO in Portugal. „Wir konnten zeigen, dass die einzelnen Verbreitungsmuster aller Arten innerhalb der untersuchten Gebiete die typischen Artenverteilungsmuster (SARs) bestimmen, die wir auf der ganzen Welt beobachten. Durch eine neuartige Kombination dieser Verteilungen konnten wir eine Formel entwickeln, mit der wir die Zahl der Arten an den Übergängen zwischen den verschiedenen Phasen berechnen können.“
Bedeutung für den Naturschutz
Solche Berechnungen können für den Erhalt der Biodiversität enorm wichtig sein. Wenn man zum Beispiel weiß, wo sich die Rate ändert, mit der neue Arten hinzukommen, hilft dies abzuschätzen, wie viele Arten beim Verlust von Lebensräumen verlorengehen. Solche Zahlen sind die Grundlage für Berechnungen von Artenverlusten in internationalen Biodiversitätsberichten.
Zur Überprüfung ihrer Theorie verglichen die Forscherinnen und Forscher Arten-Flächen-Beziehungen, die auf Beobachtungsdaten verschiedener Artengruppen basierten – zum Beispiel Vögel und Amphibien – mit ihren berechneten Werten. Für diese Analyse werteten sie etwa 700 Millionen Beobachtungen aus einem einzigen Datensatz aus. Die starke Übereinstimmung zwischen Beobachtung und Berechnung gibt den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern großes Vertrauen in ihren Ansatz.
Die Faszination ökologischer Theorie
„Die Entdeckung grundlegender Prinzipien in der Ökologie ist genauso aufregend wie Durchbrüche in der Physik“, sagt Seniorautor Prof. Henrique Pereira von iDiv und der MLU. „Neue Erkenntnisse wie unsere bringen verborgene Muster ans Licht, die das Leben auf der Erde seit Millionen von Jahren prägen. So wie die Physik die verborgensten Geheimnisse des Universums entschlüsselt, können auch neue ökologische Theorien die grundlegenden Kräfte aufdecken, welche die Biodiversität auf unserem faszinierenden Planeten bestimmen.“
Prof. Dr. Henrique Miguel Pereira
Forschungsgruppenleiter Biodiversität und Naturschutz
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU)
Tel.: +49 341 97 33 137
E-Mail: henrique.pereira@idiv.de
Web: https://www.idiv.de/de/staff/henrique-miguel-pereira/
Die Zahl der Arten nimmt beim Übergang von kleinen Ökosystemen zu kontinentalen Maßstäben nicht glei ...
Oliver Thier
Viele Vogelarten haben ein großes Verbreitungsgebiet, das sich oft über mehrere Kontinente erstreckt ...
Stefan Bernhardt, iDiv
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Environment / ecology
transregional, national
Research results
German
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