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05/08/2025 16:41

Wäre Jesus heute Klimaaktivist? – Neue Studie zur biblischen Grundlage einer Schöpfungsethik im Kontext der Klimakrise

Kathrin Voigt Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Mainzer Theologieprofessor Ruben Zimmermann will mit neuem Buch Brücken bauen zwischen Bibel und Gegenwart ebenso wie zwischen theologischer Wissenschaft und gesellschaftlicher Praxis

    Beim diesjährigen Evangelischen Kirchentag in Hannover wurde auf Podien und in Protestmärschen diskutiert, ob der moderne Jesus in der heutigen Zeit Klimaaktivist wäre. "Diese Frage stellt eine Herausforderung an die Kirchen, aber auch an die wissenschaftliche Theologie dar," so Prof. Dr. Ruben Zimmermann von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). "Es geht dabei um nichts Geringeres als um die Frage, wo Gott als Schöpfer angesichts der herannahenden Klimakatastrophe ist und wie sich Christenmenschen dazu verhalten sollen." Genau damit beschäftigt sich Prof. Dr. Ruben Zimmermann in seinem neuen Buch "Wäre Jesus Klimaaktivist? Biblische Inspirationen für eine zeitgemäße Schöpfungsethik", in dem er vor dem Hintergrund seines Forschungsbereichs des Frühen Christentums und Ethik nach Antworten sucht.

    Ausgelöst wurde die bereits vor dem Kirchentag virulente Debatte durch eine Aktion am Ulmer Münster im Sommer 2024, bei der Klimaaktivistinnen und -aktivisten ohne Zustimmung des Hausherrn ein Banner mit der Aufschrift "Wäre Jesus Klimaaktivist?" aufgehängt hatten. Inzwischen hat die Aktion Nachahmer in ganz Deutschland gefunden, so etwa in Lüneburg, Wiesbaden und Tübingen, ferner wurden Podiumsdiskussionen, Demonstrationen und Gottesdienste inspiriert, das Thema aufzugreifen.

    In seinem Buch "Wäre Jesus Klimaaktivist? Biblische Inspirationen für eine zeitgemäße Schöpfungsethik", kürzlich erschienen bei der Evangelischen Verlagsanstalt, umreißt Prof. Dr. Ruben Zimmermann in einem einführenden Kapitel das grundsätzliche Thema, also die Frage, ob sich Jesus heute aktiv für Klimaschutz einsetzen würde. In den weiteren fünf Kapiteln werden dann aufgeworfene Einzelfragen diskutiert. Dabei kommt es zu einem durchaus ungewöhnlichen Dialog zwischen aktuellen gesellschaftlichen Diskursen und Protestaktionen von Klimaschützerinnen und Klimaschützern wie der "Letzten Generation vor den Kipppunkten" und den biblischen Texten, die von Jesu Predigt und Handeln erzählen. Laut Zimmermann lassen sich hier überraschende Analogien entdecken. So werden beispielsweise der Umkehrruf Jesu und die Forderung nach wirtschaftlicher Transformation oder die Wahrheitsrede Jesu und die Leugnung der wissenschaftlichen Klimadaten in Beziehung zueinander gesetzt. Auch der Blick Jesu für Tiere und Pflanzen, die vielfach Hauptfiguren von Gleichnissen sind, wird mit dem Verlust von Biodiversität oder Jesu Befreiung von Opfertieren im Tempel mit der gegenwärtigen Tierethik verglichen. Dies geschieht jedoch nicht in biblizistisch-fundamentalistischer Weise, sondern mit einem reflektierten Interpretationsmodell, das rezeptionsästhetischen Auslegungskonzepten folgend als "Öko-hermeneutische Methode" beschrieben wird.

    Gemäß Dietrich Bonhoeffers Forderung der "Nachfolge" in Krisenzeiten skizziert Zimmermann eine "Nachfolgeethik 2.0" beziehungsweise eine "mimetische Ethik", bei der der Mensch in der Nachahmung Jesu nicht nur am Erhalt der Schöpfung mitwirkt, sondern zum "Mitschöpfer" der creatio continua, also der fortwährenden Lebensprozesse, werden kann. "Es ist in jedem Fall unsere Aufgabe, die menschengemachte Zerstörung der Schöpfung zu beenden oder zumindest abzubremsen, und auf kreative Weise Modelle zu entwickeln, in denen ein achtsames Miteinander von Menschen, Tieren und Pflanzen möglich ist," so Zimmermann. "Nachhaltigkeit ist eine Art, den theologischen Begriff des ‚ewigen Lebens‘ neu zu füllen."

    Die jetzt vorgelegte Studie steht im Zusammenhang mit der Arbeit am Mainzer Forschungszentrum "Ethik in Antike und Christentum" der Evangelisch-Theologischen Fakultät der JGU, in dem eine Brücke zwischen antiken Ethikkonzepten und aktuellen ethischen Herausforderungen geschlagen werden soll. Aus dem hier von 2019 bis 2023 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojekt zur Schöpfungsethik im Johannesevangelium unter Leitung von Prof. Dr. Ruben Zimmermann sind zwei Dissertationen und der Sammelband "Creation Concepts – Creation Care. Perspectives from Early Judaism, Early Christianity, and Beyond", der im Juni 2025 bei Mohr Siebeck erscheint, hervorgegangen.

    Ruben Zimmermann hat seit 2009 eine Professur an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit den Schwerpunkten Bibelwissenschaft (Neues Testament), Hermeneutik und Ethik inne. Er arbeitet zum erinnerten Jesus und an Texten des frühen Christentums – wie Parabeln und dem Johannesevangelium – und ist besonders an Brückenschlägen zwischen antiker (biblischer) und gegenwärtiger angewandter Ethik – beispielsweise Bio- und Medizinethik oder Klima- und Tierethik – interessiert. Er wirkt im Beirat des internationalen Netzwerks Hermeneutik und Interpretationstheorie (NHI) an der Universität Zürich mit. Als Mitglieder der Alexander von Humboldt-Stiftung war er zu mehrmonatigen Forschungsaufenthalten in Pretoria, Nijmegen, Melbourne und zuletzt in an der Yale University in den USA.

    Weiterführende Links:
    https://eac.uni-mainz.de/ – Forschungsbereich "Ethik in Antike und Christentum" (e/αc) an der JGU
    https://www.wäre-jesus-klimaaktivist.de/ – Aktions-Website "Wäre Jesus Klimaaktivist?"
    https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/428143557?context=projekt&task=showDeta...; – DFG-Projekt "Schöpfung im Johannesevangelium: Traditionsgeschichte, Theologie, Ethik"


    Lesen Sie mehr
    https://presse.uni-mainz.de/studie-zum-freiwilligen-verzicht-als-chance-der-tran... – Pressemitteilung "Studie zum freiwilligen Verzicht als Chance der Transformation" (26.03.2025)
    https://presse.uni-mainz.de/mainzer-theologe-richtet-oekumenischen-klimaappell-a... – Pressemitteilung "Mainzer Theologe richtet ökumenischen Klimaappell auch an den Bundespräsidenten" (22.05.2024)
    https://presse.uni-mainz.de/mainzer-theologe-initiiert-oekumenischen-klimaappell... – Pressemitteilung "Mainzer Theologe initiiert ökumenischen Klimaappell an die Bundesregierung" (19.10.2023)
    https://presse.uni-mainz.de/mainzer-theologen-gruenden-internationale-open-acces... – Pressemitteilung "Mainzer Theologen gründen internationale Open-Access-Zeitschrift zu antiker und christlicher Ethik" (20.05.2019)
    https://presse.uni-mainz.de/mainzer-theologe-an-internationalem-projekt-zur-zuku... – Pressemitteilung "Mainzer Theologe an internationalem Projekt zur Zukunftsethik beteiligt" (16.12.2015)


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Ruben Zimmermann
    Zentrum für Ethik in Antike und Christentum (e/ac)
    Evangelisch-Theologische Fakultät
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
    55099 Mainz
    Tel.: 06131 39-22653
    E-Mail: ruben.zimmermann@uni-mainz.de
    https://www.ev.theologie.uni-mainz.de/ruben-zimmermann/


    Original publication:

    Ruben Zimmermann, Wäre Jesus Klimaaktivist? Biblische Inspirationen für eine zeitgemäße Schöpfungsethik, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2025, 235 S.
    ISBN 978-3-374-07877-6
    https://www.eva-leipzig.de/de/zimmermann-waere-jesus-klimaaktivist


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    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Religion, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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