Verschiedene Forschungsansätze, ein Ziel: Mit Vollholz und Holzwerkstoffen neue Anwendungsbereiche erschließen
Eine ganze Reihe vielversprechender Forschungsergebnisse liegen inzwischen zum Thema ‚Hohlprofile auf Basis von Holz‘ vor. Hölzerne Hohlprofile wurden und werden auf unterschiedlichen Wegen für den Leichtbau und die industrielle Verarbeitung fit gemacht – zur Herstellung von Konsumprodukten oder für den Baubereich bis hin zu Komponenten in Maschinen und Anlagen.
Für alle Ansätze gilt: Holz lässt sich aus heimischer Forst- oder auch Agroforstwirtschaft beziehen, erfordert bei der Ernte und Verarbeitung einen vergleichsweise geringen Energieaufwand, speichert Kohlenstoff und liefert am Ende der Nutzungsdauer erneuerbare Energie. Ersetzt es Kunststoffe, Stahl oder andere Metalle, kann dieser Werkstoff damit einen großen Beitrag zu Klimaschutz und regionaler Wertschöpfung leisten.
Röhrenförmige Bauteile, auch als Hohlprofile bezeichnet, sind leicht, materialsparend und dennoch stabil. Das macht sie für zahlreiche Anwendungen interessant, etwa für tragende Strukturen im Bausektor, im Fahrzeug- oder Möbelbau. Hölzerne Hohlprofile sind bislang noch der Ausnahmefall. Vielversprechende Forschungsergebnisse öffnen dem Werkstoff nun die Tür zu neuen Anwendungen:
Im Vorhaben Lignobraid entwickelten Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden (TU Dresden) erfolgreich Hohlprofile aus maschinell geflochtenen Furnierbändern. Die Furniere bestehen aus naturbelassenem Rotbuchen- und Birkenholz. Im Zuge der Bauteilfertigung im Formwerkzeug findet eine Oberflächen-Imprägnierung mit einem Bio-Epoxidharzsystem statt.
Zu den Vorteilen des neuen Verfahrens zählt sein hoher Grad an Automatisierbarkeit. Die Profile punkten mit guten mechanischen Eigenschaften, so liegt der E-Modul auf dem Niveau glasfaserverstärkter Kunststoffe. Hinzu kommt die gestalterische Möglichkeit, ein und dasselbe Profil in variierenden Querschnitten, rund oder eckig, herzustellen.
Einen ebenfalls textilen Ansatz verfolgt im Vorhaben SALIX AFS ein Team der Universität Kassel. Beteiligt sind außerdem die Heinrich Kuper GmbH und die Hochschule für angewandte Wissenschaften Hof. Noch bis 2027 arbeiten sie daran, Gewebe und Röhrengeflechte bis 40 cm Durchmesser aus Endlos-Weidenholzfaden industriell und automatisiert herzustellen. Die Herausforderung liegt in der gezielten Entwicklung einer Maschinentechnologie in Zusammenspiel mit dem Weideholzfaden. Weidenholz weist ein günstiges Verhältnis von Biegeelastizität, Zugfestigkeit und Gewicht auf, was es u. a. für den Leichtbau prädestiniert. Textile Gebilde aus Weidenholz bringen gestalterisch, etwa für die Innenarchitektur, aber auch für technische Anwendungen, z. B. für Verbundwerkstoffe, hohes Potenzial mit.
Auf Vollholz setzte das Institut für Stahl- und Holzbau der TU Dresden und die GHEbavaria Maschinen GmbH im Vorhaben Querbiegen. Sie stellten Hohlprofile aus quer zur Faser gekrümmtem Vollholz her. Während das Biegen längs zur Faser im Möbelbau zum Stand der Technik gehört, ist das Querbiegen tragender Querschnitte im Bauwesen neu. Der Vorteil der Formholzprofile besteht in ihrer hohen Materialeffizienz, der Verwendung beliebiger heimischer Holzarten und in der Kombination mit Faserverbundwerkstoffen, wodurch die Profile einen Beitrag zur Biodiversität im Wald leisten und dennoch alle Bauaufgaben meistern können. Anwendungsmöglichkeiten sehen die Forschenden im Bauwesen sowie im Fahrzeug-, Maschinen- und Möbelbau.
Ein Strangpressverfahren zur Endlosherstellung hochfester Formholzrohre entwickelten Forschende unter Koordination der Niemeier Fahrzeugwerke GmbH im Vorhaben Woodtrusion. Projektpartner waren die Steinbeis Innovation GmbH und das Sächsische Textilforschungsinstitut. Die Demonstrationsanlage verdichtet kreisförmig angeordnete Fichtenstangen mit geringem Durchmesser von ca. 50 mm unter Einfluss von Druck, Feuchtigkeit und Temperatur zu Rohrprofilen. Eine Umwindung mit Glas-, Carbon- oder Aramidfasern verhindert die Wiederausdehnung durch Rückstellkräfte. Begleitende Untersuchungen am Institut für Stahl und Holzbau der TU Dresden ergaben, dass eine glasfaserbewehrte Rohrstütze aus Formholz bei 2 cm Wandstärke eine Tragfähigkeit von 1200 kN aufweist. Die Profile stellen somit eine potenzielle Alternative für Stahlbau-Konstruktionen dar. Dank ihrer schwingungsdämpfenden Eigenschaften bei gleichzeitig geringem Gewicht könnten sie z. B. für Gestellaufbauten interessant sein.
Auf eine ganz andere Anwendung zielte das Vorhaben Back-to-nature der Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel: Hier sollte Holz für tribologisch, also durch Reibung und Verschleiß beanspruchte Bauteile qualifiziert werden. Ein Anwendungsbeispiel war eine Gleitlagerbuchse. Als Basis nutzten die Forschenden klassisch durch Fräsen und Drehen hergestellte Vollholzbuchsen. Diese modifizierten sie vorab mittels Verdichtung, thermischer Behandlung und Wachsimprägnierung so, dass sie in Reibungs- und Verschleißtests bessere Eigenschaften aufwiesen als das auf fossiler Basis hergestellte ultrahochmolekulare Polyethylen (UHMWPE). Die Ergebnisse könnten vor allem für Hersteller von Gleitlagerelementen, Dichtungen, Kupplungen und Verbindungselementen interessant sein. Die Bauteile setzen weder schwer abbaubare Mikropartikel noch toxische Ausgasungen frei, ein Pluspunkt vor allem bei der Herstellung und Verarbeitung.
Alle Vorhaben wurden bzw. werden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert.
Ansprechpartner und weitere Informationen zu den Projekten (Förderkennzeichen in Klammern):
Biobasierte Leichtbau-Hohlprofile mit geflochtenen Holzbändern (Lignobraid):
Teilvorhaben 1: Herstellung von Furnierbändern – Technische Universität Dresden, Institut für Naturstofftechnik (2220HV059A; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2220HV059A)
Teilvorhaben 2: Leichtbau-Hohlprofile – Technische Universität Dresden, Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (2220HV059B; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2220HV059B)
Produktion von Weiden in Agroforstsystemen als Rohstoff für Weidenholzfäden und Salizylate (MuD_SALIX_AFS)
Teilvorhaben 1: Entwicklung eines Anlagenmoduls zur Herstellung der Weidenfäden sowie ökonomische und ökologische Untersuchung der AFS – Universität Kassel, Forschungsplattform BAU KUNST ERFINDEN (2222HV048A; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2222HV048A)
Teilvorhaben 2: Verarbeitung des Weidenfadens zu textilen Halbzeugen – Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof, Institut für Materialwissenschaften (2222HV048B; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2222HV048B)
Teilvorhaben 3: Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik/Weidenrindennutzung – Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e. V. (ATB) (2222HV048C; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2222HV048C)
Teilvorhaben 4: Selektion und Vermehrung der Weidentypen und Bewirtschaftung des AFS Gottsbüren – Dendroquant GmbH (2222HV048D; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2222HV048D)
Teilvorhaben 5: Entwicklung eines Prototyps zur industriellen Weidenfadenherstellung – Heinrich Kuper GmbH (2222HV048E; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2222HV048E)
Umformung von unverdichteten ebenen Holzplatten quer zur Faser zu technischen Profilen (Querbiegen)
Teilvorhaben 1: Verfahrensentwicklung – Technische Universität Dresden, Institut für Stahl- und Holzbau (22013513; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=22013513)
Teilvorhaben 2: Konzipierung und Planung der Anlage – GHEbavaria Maschinen GmbH (22015716; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=22015716)
Entwicklung und Funktionsnachweis einer Technologie zur Endlosherstellung von hochfesten Konstruktionshalbzeugen aus einheimischen Hölzern (Woodtrusion)
Teilvorhaben 1: Umsetzung und Optimierung der Pressform-Werkzeuge einer Laboranlage – Niemeier Fahrzeugwerke GmbH (22008614; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=22008614)
Teilvorhaben 2: Technologieentwicklung, geometrische Durchbildung und bautechnische Realisierung – Steinbeis Innovation gGmbH, Steinbeis Innovationszentrum (22010617; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=22010617)
Teilvorhaben 3: Technologieentwicklung zur Kompensation der Rückstellkräfte des verdichteten Holzes mittels trockener und imprägnierter textiler Armierung – Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V. (22009217; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=22009217)
Umweltentlastung durch nachhaltigen Werkstoffersatz für synthetische Polymere (Back-to-nature)
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Institut für Konstruktion und angewandten Maschinenbau (2220HV062X; https://projekte.fnr.de/index.php?id=18415&fkz=2220HV062X)
Weitergehende Informationen zum Thema „Holz als Industriewerkstoff“ finden sich auf https://holz.fnr.de/forschung-und-bildung/themendossiers/holz-als-industriewerks....
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.
Nicole Paul
Tel.: +49 3843 6930-142
Mail: n.paul(@)fnr.de
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
Materials sciences
transregional, national
Research projects, Research results
German
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