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05/14/2025 12:58

Embryonale Makrophagen im Knochenmark: notwendig für normale Stammzellzahl

Dr. Kerstin Wagner Kommunikation
Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI)

    Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena haben eine bisher unbekannte Funktion von Immunzellen im Knochenmark entdeckt. Embryonale Makrophagen – spezialisierte Fresszellen des Immunsystems – beeinflussen die Bildung von Blutstammzellen und damit die lebenslange Produktion von Blutzellen. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Größenregulierung des hämatopoetischen Stammzellpools, der für die kontinuierliche Produktion von Blutzellen und die Aufrechterhaltung eines gesunden Immunsystems unerlässlich ist.

    Jena. Unser Immunsystem unterliegt einer ständigen Erneuerung, denn Immun- und Blutzellen haben nur eine begrenzte Lebensdauer und müssen daher permanent ersetzt werden. Dafür sorgen blutbildende Stammzellen, die sich im Knochenmark befinden. Der Prozess der Blutzellbildung ist für die Aufrechterhaltung eines funktionalen Immunsystems und daher für die Gesundheit im Alter sehr wichtig. Damit der Prozess der Blutzellbildung reibungslos funktioniert, ist eine spezielle Umgebung nötig: die hämatopoetische Nische, die aus vielen unterstützenden Zellen besteht. Wie sich diese Nische während der Entwicklung bildet, ist bislang weitgehend unbekannt.

    In einer aktuellen Studie der Forschungsgruppe um Frau Prof. Claudia Waskow vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena hat man herausgefunden, dass Fresszellen, sogenannte Makrophagen, die bereits vor der Geburt entstehen (Embryonalentwicklung), eine Schlüsselrolle in diesem Prozess einnehmen. Diese regulieren die Anzahl der Blutstammzellen im Knochenmark und tragen so entscheidend zur lebenslangen Produktion von Blutzellen bei. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht (DOI: 10.1038/s41467-025-59059-9).

    Makrophagen - Heterogene Stammzellpopulation

    Das Forscherteam konnte zeigen, dass es zwei verschiedene Gruppen von Makrophagen im Knochenmark gibt: eine mit embryonalem Ursprung und eine, die erst nach der Geburt aus anderen Stammzellen entsteht. „Die Zellpopulation der Makrophagen ist heterogen und setzt sich in Abhängigkeit vom Alter aus Makrophagen unterschiedlichen Ursprungs zusammen, so dass sie entweder aus der Embryonalentwicklung stammen oder mit zunehmendem Alter im Erwachsenenalter entstehen“, erläutert Prof. Waskow, Leiterin der Forschungsgruppe „Immunologie des Alterns“ am FLI.

    Embryonale Makrophagen regulieren die Stammzellzahl

    Trotz ähnlicher Morphologie (äußere Erscheinung) unterscheiden sich die Makrophagen doch wesentlich hinsichtlich ihrer Funktion. “Insbesondere die embryonalen Makrophagen sind unverzichtbar für die richtige Anzahl von Blutstammzellen im Knochenmark, jedoch nicht für ihre anfängliche Bildung im Embryo erforderlich,“ betont Dr. Gülce Perçin, die Erstautorin der Studie. „Fehlen diese Makrophagen, dann ist die Anzahl der Blutstammzellen reduziert und es gibt weniger Vorläuferzellen für neue Blutzellen. Sie beeinflussen damit die Fähigkeit des Körpers, lebenslang neue Blutzellen zu bilden.“

    Wanderung blutbildender Stammzellen ist abhängig von embryonalen Makrophagen

    Doch wie machen embryonale Makrophagen das? Ihr Fehlen hat Auswirkungen auf die Einwanderung von blutbildenden Stammzellen in das Knochenmark. Die Stammzellen entwickeln sich an anderen Orten im Embryo und wandern um die Geburt herum in das Knochenmark ein, wo sie anschließend lebenslang bleiben. Die Stammzellen finden ihren „Bestimmungsort“ durch chemische Signale aus dem Knochenmark – vergleichbar mit einem speziellen „Geruch“ – den die Stammzellen erkennen und so wissen, wo sie gebraucht werden. Mesenchymale Stromazellen, die in der Nischen-Umgebung vorkommen, sind in der Lage, diese wichtigen Signale für Stammzellen abzusondern. Doch die Anzahl dieser spezialisierten Stromazellen und die Produktion der Signale wird durch die im Knochenmark ansässigen Makrophagen embryonalen Ursprungs koordiniert. Fehlen die embryonalen Makrophagen, funktioniert der Prozess der Einwanderung von Blutstammzellen nicht mehr optimal.

    Neue Einblicke in die Blutbildung und Immunabwehr

    „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, wie komplex die Interaktionen während der Etablierung der Blutbildungsaktivität im Knochenmark sind und heben die Bedeutung der Ontogenese, also der Herkunft der Makrophagen, hervor. Sie unterstreichen, dass Makrophagen des Knochenmarks nicht nur einfache Immunzellen sind, sondern aktiv die Bedingungen für eine gesunde Blutbildung steuern“, fassen die Autoren der Studie die Ergebnisse zusammen. „Wenn es uns gelingt, die Rolle der embryonalen Makrophagen noch besser zu verstehen, hätte das nicht nur weitreichende Implikationen für die Forschung zu alternsbedingten Erkrankungen. Die Identifizierung der regulatorischen Mechanismen, die der Etablierung und Aufrechterhaltung der adulten Hämatopoese zugrunde liegen, könnte auch neue therapeutische Ansätze zur Förderung der Gesundheit im Alter eröffnen.“

    Publikation

    Embryonic macrophages orchestrate niche cell homeostasis for the establishment of the definitive hematopoietic stem cell pool. Perçin G, Riege K, Fröbel J, Metz J, Culemann S, Lesche M, Reinhardt S, Höfer T, Hoffmann S, Waskow C. Nat Commun 16, 4428 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-59059-9

    Kontakt

    Dr. Kerstin Wagner
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Tel.: 03641-656378, E-Mail: presse@leibniz-fli.de

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    Hintergrundinformation

    Das Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena widmet sich seit 2004 der biomedizinischen Alternsforschung. Rund 350 Mitarbeiter aus ca. 40 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter http://www.leibniz-fli.de.

    Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 96 eigenständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften.
    Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

    Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - in Form der Leibniz-Wissenschafts-Campi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Die Leibniz-Institute unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 21.400 Personen, darunter 12.170 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das Finanzvolumen liegt bei 2,3 Milliarden Euro. (http://www.leibniz-gemeinschaft.de).


    Original publication:

    Perçin, G., Riege, K., Fröbel, J. et al. Embryonic macrophages orchestrate niche cell homeostasis for the establishment of the definitive hematopoietic stem cell pool. Nat Commun 16, 4428 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-59059-9


    Images

    Embryonale Makrophagen – spezialisierte Fresszellen des Immunsystems – beeinflussen die Bildung von Blutstammzellen im Knochenmark und damit die lebenslange Produktion von Blutzellen.
    Embryonale Makrophagen – spezialisierte Fresszellen des Immunsystems – beeinflussen die Bildung von ...

    (Quelle: FLI / Kerstin Wagner, erstellt mit BioRender.com)


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Biology, Chemistry, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Embryonale Makrophagen – spezialisierte Fresszellen des Immunsystems – beeinflussen die Bildung von Blutstammzellen im Knochenmark und damit die lebenslange Produktion von Blutzellen.


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