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05/22/2025 16:50

Weltweit erste OP mit neuer Operationstechnik rettet 62-Jähriger das Leben

Inka Burow Stabsstelle Kommunikation
Medizinische Hochschule Hannover

    Ein als inoperabel eingestufter Tumor, eine jahrzehntealte Idee, modernste Technik – und ein Team, das die Möglichkeiten der Krebstherapie voll ausschöpft: An der MHH ist es gelungen, einer Patientin mit Gallengangkarzinom eine neue Chance auf Leben zu geben.

    Als Susanne Viehmeier 2022 die Diagnose Gallenwegskrebs erhielt, gab sie ihrem Tumor den Namen „Erich“ – und obwohl der „neue Mitbewohner“, wie sie den Tumor selbst nennt, als inoperabel eingestuft wurde, gab sie die Hoffnung nie auf. In diesem April verließ die 62-Jährige acht Tage nach einer innovativen Operation (OP) die Medizinische Hochschule Hannover (MHH). Zum Abschied überreichte sie Prof. Dr. Moritz Schmelzle, Direktor der MHH-Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie und Leiter des Transplantationszentrums, einen Kaktus namens „Erich“.

    Der Eingriff, der ihr Leben veränderte, basiert auf einer Idee des renommierten Transplantationsmediziners Prof. Dr. Rudolf Pichlmayr – aufgegriffen von einem interdisziplinären Team um Professor Schmelzle und mit den Möglichkeiten, die die moderne Medizin heute bietet, kombiniert zu einer neuen Operationstechnik. Am 1. April 2025 fand die weltweit erste OP mit der neuen OP-Technik statt. Innerhalb von viereinhalb Stunden konnte der bösartige von den Gallengängen ausgehende Tumor entfernt werden, obwohl er alle drei Lebervenen betroffen hatte.

    Leber vom Blutkreislauf abgeklemmt

    Die Lebervenen leiten sauerstoffarmes Blut aus der Leber in die untere Hohlvene, die es wiederum zum Herzen zurückleitet. Die Jahrzehnte alte Idee von Professor Pichlmayr, ein krankes Organ außerhalb des Körpers zu operieren, wurde im Körper umgesetzt, indem die Leber vom Blutkreislauf des restlichen Körpers getrennt wurde. Dazu nutzen die Ärztinnen und Ärzte das Verfahren der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO): eine Technik, die üblicherweise als Herz-Lungen-Maschine genutzt wird. Um die Aufrechterhaltung des Kreislaufs kümmerte sich ein Team um Prof. Dr. Christian Kühn aus der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie (Direktor: Prof. Arjang Ruhparwar) zusammen mit dem Anästhesieteam um Privatdozent Dr. Hendrik Eismann, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin (Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Koppert).

    Die Leber wiederum erhielt einen eigenen Kreislauf über eine sonst in der Transplantationsmedizin genutzte Organperfusion, allerdings blutleer. Das Perfusionsgerät kühlte zugleich mittels einer sauerstoffreichen Nährlösung die Leber um ein paar Grad Celsius herunter. „Nur weil die Leber blutleer war, konnten wir in der OP eine Lebervene rekonstruieren. Dank der kontrollierten Kühlung und kontinuierlichen Sauerstoffzufuhr hatten wir dazu genug Zeit. Es lief alles glatt“, erklärt Professor Schmelzle.

    Insgesamt zwei Operationen nötig

    Zusammen mit dem Tumor musste ein Leberlappen entfernt werden. Der verbleibende Leberlappen konnte die Leberfunktion allein übernehmen, weil Susanne Viehmeier acht Tage vor der eigentlichen OP schon mal operiert worden war. Dabei wurde die Leber gesplittet und der Blutkreislauf umgelegt, sodass der Leberlappen wachsen konnte.

    Experimentelle Therapie macht Tumor operabel

    Möglich wurde die Operation erst durch ein neues Medikament. „Dank eines Kollegen aus dem Klinikum Wolfsburg wurde die Patientin im Molekularen Tumorboard (MTB) Ende 2023 an der MHH vorgestellt“, erklärt Privatdozentin Dr. Anna Saborowski, Oberärztin in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie (Direktor: Prof. Dr. Heiner Wedemeyer). „Dadurch konnte Frau Viehmeier eine personalisierte und zielgerichtete Krebsbehandlung erhalten. Durch eine experimentelle Therapie außerhalb des Standards hat der Tumor an Größe abgenommen, und es konnten bessere Voraussetzungen für eine Operation geschaffen werden.“ Das MTB ermöglicht es, durch eine erweiterte, molekulare Diagnostik genetische Veränderungen bei einem Tumor zu identifizieren. Es ist der sogenannten Tumorkonferenz nachgeschaltet. Das ist das regelmäßig stattfindende interdisziplinäre Expertentreffen, bei dem der beste Behandlungsweg für Krebspatientinnen und -patienten festgelegt wird.

    Expertise für komplizierte Fälle im CCC

    „Unsere Aufgabe als überregionales Comprehensive Cancer Center (CCC) ist es, komplizierte Fälle zu begutachten. Die Behandlung von Frau Viehmeier zeigt, welche Fortschritte wir in der systemischen und operativen Tumortherapie gemacht haben“, sagt Professor Schmelzle. „Als zertifiziertes Leberzentrum können wir auch bei vermeintlich hoffnungslosen Fällen noch eine Chance auf Heilung bieten.“
    Susanne Viehmeier geht es „hervorragend“, wie sie selbst sagt. Im Herbst feiern sie und ihr Mann Holger 40-jährigen Hochzeitstag und hoffen nun auch auf die goldene Hochzeit in zehn Jahren.

    Weitere Informationen erhalten Sie bei Prof. Dr. Moritz Schmelzle, Telefon 0511 532-6527, viszeralchirurgie@mh-hannover.de.

    Diese Presseinformation finden Sie auch unter: www.mhh.de


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    Operation von Susanne Viehmeier: Weltweit erste OP mit neuer Operationstechnik
    Operation von Susanne Viehmeier: Weltweit erste OP mit neuer Operationstechnik

    Medizinische Hochschule Hannover (MHH)

    Susanne Viehmeier überreicht Prof. Moritz Schmelzle den Kaktus namens Erich.
    Susanne Viehmeier überreicht Prof. Moritz Schmelzle den Kaktus namens Erich.

    Karin Kaiser/MHH


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Transfer of Science or Research
    German


     

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