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06/06/2025 11:11

WHO-Resolution: Hautkrankheiten haben globale Priorität für die öffentliche Gesundheit

Dagmar Arnold Geschäftsstelle
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG)

    DDG fordert konkrete Maßnahmen für bessere Versorgung von Menschen mit Hauterkrankungen

    Die Ende Mai von allen WHO-Mitgliedstaaten verabschiedete Resolution „Skin diseases as a global public health priority” setzt das Thema Hautkrankheiten international und national auf die gesundheitspolitischen Agenden. Hauterkrankungen sind vielfältig, weit verbreitet und für viele Menschen mit hohem Leidensdruck verbunden. Zusammen mit den national zuständigen politischen Akteuren des Gesundheitswesens können nun gemeinsam Ziele und Maßnahmen entwickelt werden. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) begrüßt die Resolution und wird sich in die praktische Umsetzung aktiv einbringen.

    Die aktuelle WHO-Resolution setzt die Reihe wegweisender Resolutionen wie jener zu Psoriasis aus dem Jahr 2014 fort und zeigt einmal mehr, wie wichtig das Engagement auf internationaler Ebene ist.

    Die Mitgliedstaaten der WHO haben Ende Mai auf der 78. Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly, WHA) die globale Priorität von Hautkrankheiten in der Gesundheitsversorgung hervorgehoben [1]. Hautkrankheiten umfassen ein breites Spektrum an Erkrankungen, darunter infektiöse, entzündliche und Autoimmunerkrankungen, angeborene Dermatosen, chronische und seltene Erkrankungen, bösartige Hauttumore sowie klima- und umweltbedingte Hauterkrankungen.
    „Hautkrankheiten sind meist sichtbar und lösen bei Mitmenschen häufig ablehnendes Verhalten aus. Das führt zu Stigmatisierung, Diskriminierung und emotionalem Leid“, sagt Professor Dr. med. Silke Hofmann, Direktorin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal und Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit der DDG. Wenn Anzeichen jedoch erkannt und richtig gedeutet werden, können Hautärztinnen und -ärzte eine Vielzahl von Krankheiten früh und erfolgreich behandeln.

    Für die Entscheidung der WHA, das Thema Hautkrankheiten global zu priorisieren, waren die in der Global Burden of Disease Study 2021 publizierten Zahlen mitentscheidend [2]: 4,69 Milliarden Fälle von Haut- und Unterhauterkrankungen wurden dort ermittelt, die für 41,9 Millionen Disability-adjusted life years (DALYs) verantwortlich sind und weltweit zu den zehn Erkrankungen mit den gravierendsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen gehören. DALYs sind ein Maß, das die Krankheitslast in einer Bevölkerung quantifiziert. Sie berücksichtigen sowohl die Verluste durch vorzeitigen Tod als auch die Jahre, die mit Behinderung oder Krankheit gelebt werden. „Die Berechnung über DALYs stellt sogar noch eine erhebliche Unterschätzung der weltweiten Krankheitslast dar, da sie die Patientenperspektive nur wenig berücksichtigt“, kommentiert Prof. Dr. med. Matthias Augustin, Leiter der dermatologischen Versorgungsforschung.

    „In den allermeisten Ländern ist das Bewusstsein für Hautkrankheiten nach wie vor gering. Das gilt leider für Beschäftigte im Gesundheitswesen ebenso wie für die Öffentlichkeit“, erklärt Prof. Dr. med. Swen Malte John, Leiter der Abteilung Dermatologie der Universität Osnabrück und Mitglied des WHO-Komitees der globalen Dachorganisation dermatologischer Fachgesellschaften (International League of Dermatological Societies, ILDS). Das müsse sich dringend ändern, so der Dermatologe aus Osnabrück.
    Mit der Resolution „Skin diseases as a global public health priority” verpflichten sich die Mitgliedstaaten, das Thema Belastungen durch Hauterkrankungen auf nationaler Ebene besonders in den Blick zu nehmen. WHO-Resolutionen sind richtungsweisend und auffordernd. Resolutionen zu Hauterkrankungen wie beispielsweise zu „Psoriasis“ oder zu „vernachlässigten tropischen Erkrankungen“ waren in der Vergangenheit die entscheidenden Instrumente, um in den Ländern etwas zu bewegen. Dem intensiven Einsatz der Dermatologinnen und Dermatologen in Deutschland ist es zu verdanken, dass hier das weltweit größte Programm zur besseren Versorgung von Menschen mit Psoriasis aufgelegt wurde. Die WHO hob es im „Global Report on Psoriasis“ 2016 als mustergültig und als Vorbild für andere Staaten hervor [3].
    „Die neue Resolution ist ein großer Erfolg. Dank der engagierten Zusammenarbeit der weltumspannenden Patientenverbände GlobalSkin und der International Federation of Psoriasis Associations (IFPA) sowie der ILDS ist es gelungen, die große Bürde dermatologischer Erkrankungen zu benennen und die Weichen für die Umsetzung konkreter Maßnahmen in den einzelnen Ländern zu stellen“, fasst Prof. John die Bedeutung der Entscheidung zusammen.

    In der Resolution werden die Mitgliedstaaten dezidiert aufgefordert, Hautkrankheiten zu priorisieren und für nationale Programme zur Prävention, Diagnostik und Behandlung Ressourcen bereitzustellen. Die Forschung zur Epidemiologie von Hauterkrankungen soll gestärkt, Laborkapazitäten erhöht und die Kosten für diese Leistungen reduziert werden. Bereits in der Ausbildung soll das Gesundheitspersonal der medizinischen Grundversorgung zu Hauterkrankungen geschult werden, um ggf. auch beratend gegenüber Patientinnen, Patienten und Angehörigen tätig werden zu können. Telemedizin und digitale Dermatologie sollen weiterentwickelt, die Forschung zu Hautkrankheiten soll gefördert und die Arbeit von Patientenorganisationen unterstützt werden. Ein gleichberechtigter Zugang zu einer kosteneffizienten, erschwinglichen und qualitativ hochwertigen Behandlung – inklusive Arzneimitteln und Wundversorgungsmaterialien – soll gefördert werden.

    Prof. Hofmann ist sich sicher: „Wie die Resolution zur Psoriasis aus dem Jahr 2014 wird auch diese Resolution das nächste Jahrzehnt prägen und global gesehen die Gesundheitsversorgung von Milliarden Betroffenen verbessern.“ Psoriasis ist heutzutage als ernste, nicht übertragbare Krankheit anerkannt und hat eine bessere Sichtbarkeit. Die Resolution führte zu einem großen, vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Projekt, das sich mit der Entstigmatisierung von Menschen mit sichtbaren chronischen Hauterkrankungen beschäftigte [4]. Bis heute laufen bundesweit erfolgreiche von der DDG, dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) und dem Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP) initiierte Folgeprojekte. „Gerade die Erfahrungen mit der Psoriasis-Resolution lassen uns optimistisch in die nächsten Monate schauen. Wir werden gezielt auf die Akteure im Gesundheitswesen zugehen, um Projekte und Maßnahmen für eine bessere Versorgung von Menschen mit Hauterkrankungen zu initiieren“, betont Prof. John.
    Die Resolution ist ein wichtiger weiterer Meilenstein, um weltweit die Aufmerksamkeit auf die enormen Beeinträchtigungen zu richten, die Menschen durch Hauterkrankungen erleiden. „Jetzt ist für die Politik der Zeitpunkt gekommen, Konzepte zu entwickeln, um diese verbindlichen Vorgaben der WHO hierzulande umzusetzen.“

    Die Politik, die Ministerien, die dermatologischen Fachverbände und die Patientenorganisationen müssen jetzt gemeinsam die Agenda der WHO abarbeiten. Hierzu zählen: Der weitere Abbau der Stigmatisierung von Menschen mit Hauterkrankungen, ein besserer Zugang zu einer leitliniengerechten Versorgung, eine Verbesserung der Versorgung Schwerhautkranker und eine stärkere Patientenorientierung. Dies kann erreicht werden, wenn die Beteiligten inklusive der Hautnetze (zusammengefasst im Hautnetz Deutschland e. V.) gemeinsam strategische Ziele entwickeln. „Wir sehen hier die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken und die Gesundheitsministerien auf allen Ebenen in der Pflicht. Die DDG und der BVDD werden ihre Expertise in diesen Prozess aktiv einbringen“, resümiert Prof. John.

    Literatur:
    1. Member States Adopt Landmark Resolution on Skin Diseases at 78th World Health Assembly. Pressemitteilung der International Alliance of Dermatology Patient Organizations (Globalskin), 25.05.2025 https://globalskin.org/component/content/article/78-gs-2019-content/649-member-s...
    2. GBD 2021 Diseases and Injuries Collaborators. Global incidence, prevalence, years lived with disability (YLDs), disability-adjusted life-years (DALYs), and healthy life expectancy (HALE) for 371 diseases and injuries in 204 countries and territories and 811 subnational locations, 1990-2021: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2021. Lancet. 2024 May 18;403(10440):2133-2161. doi: 10.1016/S0140-6736(24)00757-8.
    3. Global Report on Psoriasis: https://www.who.int/publications/i/item/global-report-on-psoriasis
    4. Augustin M, Mrowietz U, Luck-Sikorski C, Kiedrowski Rv, Schlette S, Radtke MA, John SM, Zink A, Suthakaran N, Sommer R, German ECHT Research Group: Translating the WHA Resolution in a Member State: Toward a German Program on "Destigmatization" for Individuals with Visible Chronic Skin Diseases. J Eur Acad Dermatol Venereol 2019; 33 (11): 2202-2208.

    Kontakt:
    Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
    Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit:
    Prof. Dr. med. Silke Hofmann
    Ansprechpartnerin Pressestelle:
    Dagmar Arnold
    - Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit -
    Robert-Koch-Platz 7, 10115 Berlin
    Tel.: +49 30 246 253-35
    E-Mail: d.arnold@derma.de


    More information:

    http://www.derma.de, Webseite der DDG


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine
    transregional, national
    Science policy, Transfer of Science or Research
    German


     

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