Die Stadt Salzburg möchte das Radfahren sicherer machen: Das urbane Mobilitätslabor zukunftswege.at testet im Auftrag von Stadt und Land Salzburg im Rahmen eines Verkehrsversuchs seit Mitte Mai breitere Mehrzweckstreifen und auffälligere Markierungen für Radfahrende. Salzburg Research überprüft nun die Auswirkungen der geänderten Markierungen mit Hilfe eines Forschungsfahrrades. Die Sensorik am Spezialfahrrad ermöglicht eine objektive, zentimetergenaue Erfassung der Überholabstände zwischen Kraftfahrzeugen und Radfahrenden. Bei der ursprünglichen Markierung lag der Median der Überholvorgängen bei 85 Zentimetern – gesetzlich vorgeschrieben sind 1,5 Meter.
Ein internationales Forschungsprojekt hat gezeigt, dass die Überholabstände zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrrädern überwiegend zu gering sind. Die abgeleiteten Empfehlungen für Straßenbreiten bis zu 9,5 Metern lauten zusammengefasst: Die Infrastruktur muss eine „deutlichere Sprache sprechen“. Daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen werden nun unter der Federführung des urbanen Mobilitätslabors zukunftswege.at gemeinsam mit Salzburg Research und con.sens mobilitätsdesign in der Stadt Salzburg getestet.
Mitte Mai wurden in der Salzburger Nußdorferstraße zwei verschiedene Markierungen testweise aufgebracht: Von der Kreuzung Bräuhausstraße bis zum Kreisverkehr Moosstraßewurden zwei Meter breite Mehrzweckstreifen mit Radpiktogrammen angebracht. In der Mitte der Fahrbahn bleibt eine Kernfahrbahn mit einer Breite von drei Metern. Zwischen Kreisverkehr Moosstraße und Kreuzung mit der Leopoldskronstraße wird die Wirkung von großen Radpiktogrammen – sogenannten Sharrows – auf die Verkehrssicherheit für Radfahrende getestet. Radpiktogramme und Sharrows wurden im Abstand von ca. 25 Metern auf die Fahrbahn aufgebracht.
„Die neuen Markierungen sind eine kostengünstige Möglichkeit, um allen Verkehrsteilnehmenden zu signalisieren, dass der Bereich der Radfahrenden zwei Meter vom Straßenrand in Richtung Fahrbahnmitte reicht“, erläutert der Projektleiter des Reallabors, Christian Kainz von zukunftswege.at „Die Testmarkierungen bedeuten für Autofahrende im Grunde keine Änderung: Kraftfahrzeuge können diese Bereiche grundsätzlich mitbenutzen, müssen beim Überholvorgang jedoch ausreichend weit nach links ausweichen, um ein sicheres Überholen mit mindestens 1,50 m Abstand zu gewährleisten.“
Überprüfung der Wirksamkeit der neuen Markierungen mit Forschungsfahrrad
Salzburg Research testet nun die unterschiedlichen Markierungsvarianten nach einer Eingewöhnungsphase von drei Wochen durch Befahrungen mit einem Forschungsfahrrad. Das Forschungsfahrrad ist mit LiDAR-Sensoren, Kameras und weiteren Sensoren ausgestattet und kann den gesamten Überholvorgang dreidimensional erfassen. Insgesamt 160 Überholvorgänge werden mit dem Forschungsfahrrad aufgezeichnet und analysiert, um die Auswirkungen der unterschiedlichen Markierungen auf die Sicherheit der Radfahrenden in der Nußdorferstraße objektiv zu überprüfen.
Auch die ursprüngliche Markierung vor dem Versuch wurde mit dem Forschungsfahrrad befahren – mit einem erschreckenden Ergebnis: „Die Hälfte aller Überholmanöver lag bei 85 Zentimeter oder darunter! Nur wenige Kraftfahrzeuge hielten den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand von 1,5 Metern ein“, berichtet Cornelia Zankl vom Salzburger Forschungsinstitut Salzburg Research.
„Die mit dem Forschungsfahrrad erfassten LiDAR-Daten ergeben sogenannte Punktwolken – ein dreidimensionales Abbild der Umgebung. In diesen Punktwolken können Fahrzeuge identifiziert und deren Abstand zum Fahrrad bei Überholmanövern präzise gemessen werden“, erläutert die Salzburg Research-Forscherin Zankl. Die Analyse der Überholabstände liefert wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die objektiv messbare Sicherheit von Radfahrenden und unterstützt die Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Verbesserung der Radinfrastruktur sowie zur Erhöhung der Sicherheit für Radfahrende.
Das Sensorfahrrad misst nicht nur den seitlichen Abstand, wenn ein Fahrzeug überholt. Es zeichnet den gesamten Überholvorgang detailliert auf – vom Annähern des Fahrzeugs von hinten, dem Ausscheren zum Überholen, dem parallelen Fahren neben dem Fahrrad bis hin zum Wiedereinscheren vor dem Fahrrad. Dabei werden alle relevanten Bewegungen dreidimensional und zentimetergenau erfasst. So lassen sich nicht nur die genaue Position und der Abstand zwischen den Fahrzeugen bestimmen, sondern auch deren jeweilige Geschwindigkeiten während des gesamten Überholvorgangs berechnen.
Erweiterung der Markierungen im August
Im August werden die aktuellen Markierungsvarianten durch zusätzliche rote Blockmarkierungen ergänzt. Nach einer erneuten Eingewöhnungsphase werden auch diese erweiterten Markierungen im September durch Befahrungen mit dem Forschungsfahrrad überprüft.
Ergebnisse ab November
Zusätzlich zu den Befahrungen mit dem Forschungsfahrrad können auch alle Verkehrsteilnehmenden Feedback zu den Erfahrungen und Empfindungen hinterlassen. „Mit der Befragung wollen wir das subjektive Sicherheitsempfinden aller Verkehrsteilnehmenden erfassen. Es wird zusätzlich zu den Befahrungsdaten mit dem Forschungsfahrrad in die Beurteilung des Verkehrsversuchs einfließen“, so Christian Kainz von zukunftswege.at
Die Ergebnisse dieser Teststellung bieten eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Planungsabteilung der Stadt Salzburg, um künftig die Verkehrssicherheit für Radfahrende auf beengten Straßen zu erhöhen. Ab November 2025 werden die Ergebnisse verfügbar und veröffentlicht.
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Hintergrundinformation
Verkehrsversuch „Reallabor Nußdorferstraße“
Mit dem Reallabor Nußdorferstraße testet das Mobilitätslabor zukunftswege.at in Kooperation mit Salzburg Research und con.sens mobilitätsdesign im Auftrag von Stadt und Land Salzburg die Auswirkungen von neuen Bodenmarkierungen auf den Überholabstand zwischen Kfz und Radfahrenden.
• Details: https://www.zukunftswege.at/teststrecke/
• Befragung: https://www.zukunftswege.at/befragung-reallabor-nussdorferstrasse/
Forschungsfahrrad Holoscene Bike
Mit dem Forschungsfahrrad Holoscene Bike wird von Salzburg Research für Forschungszwecke im Bereich Radverkehrssicherheit eingesetzt – insbesondere zur Analyse von Überholvorgängen durch Kraftfahrzeuge. Ausgestattet mit modernster Sensorik ermöglicht das Holoscene Bike präzise Messungen und eine umfassende Datenerhebung. Zum technischen Equipment zählen:
• LiDAR-Sensoren (3D-Laser-Scanner) zur dreidimensionalen Erfassung der Umgebung
• GPS-Empfänger zur genauen Positionsbestimmung
• Trägheitssensoren (IMUs) zur Analyse des Fahrverhaltens
• Schnittstellen für die drahtlose Kommunikation: LTE/5G, WLAN, Bluetooth, LTE/5G und C-ITS/V2X
Details zum Forschungsfahrrad: https://www.salzburgresearch.at/tools-methods/forschungsfahrrad-holoscene-bike/
RADBEST: Handlungsempfehlungen für mehr Sicherheit an Engstellen
Verkehrsexpert:innen und Forschende haben 2024 im länderübergreifenden Forschungsprojekt RADBEST unter der Leitung von Salzburg Research über 7.000 Überholvorgänge zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrrädern in beengten Straßensituationen analysiert. Das bittere Ergebnis: der gesetzlich vorgeschriebene Mindestüberholabstand von 1,5 Metern wurde überwiegend nicht eingehalten. Aus den Ergebnissen wurden konkrete Handlungsempfehlungen für Österreich, Deutschland und die Schweiz abgeleitet.
RADBEST war eine beauftragte F&E-Dienstleistung des Österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK), des Deutschen Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und des Schweizer Bundesamts für Strassen (ASTRA) unter dem Programmmanagement der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG).
Details zum Projekt: https://www.salzburgresearch.at/projekt/radbest/
Testfahrten mit dem Forschungsfahrrad, Empfehlungen aus dem Forschungsprojekt RADBEST:
Cornelia Zankl, Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH
+43 (0) 662 2288-317 | 0664 / 8142021 | cornelia.zankl@salzburgresearch.at
Gesamtprojekt Reallabor Nußdorferstraße:
Christian Kainz, zukunftswege.at
+43 (0) 662 875787 | +43 (0) 664 4130549 | christian.kainz@salzburg-vekehr.at
https://www.salzburgresearch.at/presseaussendung/mehr-sicherheit-fuer-radfahrend... - Mehr Bildmaterial zum Download
Salzburg Research überprüft die Auswirkungen der neuen Bodenmarkierungen in der Stadt Salzburg mit d ...
Copyright: © Salzburg Research/wildbild – Herbert Rohrer
Erfassung von Überholvorgängen mit der LiDAR-Sensorik am Forschungsfahrrad: Die Punktewolke zeigt ei ...
Copyright: © Salzburg Research
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Construction / architecture, Geosciences, Information technology, Traffic / transport
transregional, national
Research projects, Research results
German
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