Langfristige Verträge der privaten Krankenversicherung in Deutschland kommen nah an das, was die Wirtschaftstheorie als „optimal“ beschreibt. Eine internationale Studie mit Beteiligung der Universität Duisburg-Essen zeigt: Viele Probleme des Versicherungsmarkts lassen sich durch lange Laufzeiten abfedern – ganz ohne komplizierte Konstruktion der Verträge. Veröffentlicht wird die Studie im Journal of Political Economy, einem der fünf führenden Fachjournale der Volkswirtschaftslehre.
Einer der vier Studienleiter ist Prof. Dr. Martin Karlsson von der Universität Duisburg-Essen (UDE). Gemeinsam mit Kollegen der Cornell University, der University of Pennsylvania (beide USA) sowie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung analysierte er, wie gut die langfristigen Verträge in der privaten Krankenversicherung (PKV) funktionieren – gemessen an dem, was die ökonomische Theorie als „optimal“ beschreibt.
Optimal ist ein Vertrag dann, wenn er sich flexibel an die aktuelle Lebenslage anpasst. In einkommensstarken Lebensphasen zahlt man mehr, in schwächeren wird man entlastet. In der Realität funktioniert das kaum. Trotzdem zeigen die Gesundheitsökonomen: Die PKV-Verträge kommen diesem Ideal erstaunlich nah – vor allem, wenn das Einkommen im Lauf des Lebens relativ stabil bleibt.
Deutschland bietet dafür ein seltenes Untersuchungsfeld: ein duales Krankenversicherungssystem mit dem weltweit größten Markt individueller Langfristverträge. „Das deutsche System ist deutlich interessanter als das vieler anderer Länder. Nur wird es bislang kaum wissenschaftlich untersucht,“ so Karlsson. Die Studie nutzte daher das deutsche PKV-Vertragssystem als „natürliches Labor“, um zentrale Annahmen der Versicherungsökonomik empirisch zu testen.
Besonders auffällig ist der erreichte Wohlfahrtswert: In zahlreichen Szenarien liegt er bei über 96 Prozent des theoretischen Maximums. Gemeint ist damit der ökonomische Nutzen: Wie viel ist es mir wert, einen sicheren, vorhersehbaren, lebenslangen Vertrag zu haben – im Vergleich dazu, mich jedes Jahr neu zu versichern mit dem Risiko, durch schlechtere Gesundheit mehr zu zahlen?
Hier liegt die Stärke der langfristigen Verträge: Sie gleichen Risiken über die Lebenszeit aus. Ein Unfall oder eine schwere Krankheit führen nicht zu höheren Beiträgen. Was kurzfristig nachteilig wirkt – etwa hohe Beiträge in jungen Jahren –, sorgt langfristig für Stabilität.
„Wir haben hier ein einfaches Konstrukt mit unkomplizierten Verträgen, das nah ans Optimum kommt“, erklärt der Gesundheitsökonom. Für ihn sind die Implikationen vor allem international bedeutsam: „Gerade für Entwicklungs- und Schwellenländer, die vor der Herausforderung stehen, eine flächendeckende Absicherung zu schaffen, könnte das ein interessantes Modell sein. Unsere Ergebnisse zeigen: Ob ein tragfähiger Markt entsteht, hängt vor allem von der Vertragsregulierung ab. Es ist ein Plädoyer für langfristige Verträge – nicht für das deutsche PKV-System an sich.“
Redaktion: Birte Vierjahn, Tel. 0203/37 9-2427, birte.vierjahn@uni-due.de
Prof. Dr. Martin Karlsson, Gesundheitsökonomie, Tel. 0201/18-3 3716, martin.karlsson@uni-due.de
https://doi.org/10.1086/734781
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Economics / business administration, Medicine, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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