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06/18/2025 11:00

Stromnetzte stabilisieren und davon profitieren: KI-gestützte Preisprognose steigert Erlöse um bis zu 37 Prozent

Hannes Weik Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

    Mit Künstlicher Intelligenz (KI) ist es Forschern vom Fraunhofer IPA gelungen, den Regelleistungsmarktpreis – also den Preis für kurzfristig bereitgestellten Strom zur Netzstabilisierung – vorherzusagen. Unternehmen, die ihren Strombedarf flexibel anpassen, können mit dem Prognoseverfahren ihre Erlöse auf dem Regelenergiemarkt deutlich erhöhen.

    Einerseits stellt die schwankende Stromerzeugung durch Wind und Sonne Netzbetreiber vor Herausforderungen. Denn kommt es im Stromnetz zu einem Ungleichgewicht oder Engpass, etwa wenn kurzzeitig weniger Strom aus Photovoltaikanlagen zur Verfügung steht als ursprünglich geplant, müssen eilig Maßnahmen ergriffen werden, um das Netz zu entlasten. Andernfalls droht ein Blackout wie Ende April 2025 in Spanien und Portugal. Dabei spielt der sogenannte Regelenergiemarkt eine wichtige Rolle, auf dem kurzfristige Erhöhungen oder Reduktionen der nachgefragten Strommengen gehandelt und bei Bedarf abgerufen werden können.

    Andererseits eröffnen genau diese Unsicherheiten neue Chancen für Industrieunternehmen. Denn wer seinen Strombedarf flexibel anpassen kann, kann auf dem Regelenergiemarkt mitverdienen. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA haben nun in einem wissenschaftlichen Paper ein neuartiges Prognoseverfahren vorgestellt, das mithilfe von Machine Learning die Gebotspreise für die Regelleistung zuverlässiger prognostiziert.

    »Regelleistung wird auf einem sogenannten ›Pay-as-Bid‹-Markt gehandelt«, erklärt Professor Alexander Sauer, Institutsleiter des Fraunhofer IPA. »Dort gilt ein Gebotsverfahren, bei dem jedem Anbieter der Preis gezahlt wird, mit dem er sein Gebot abgegeben hat. Wer den tatsächlich realisierten Strompreis also deutlich unterbietet, verzichtet auf Geld. Und schlimmer noch: Wer mit seinem Gebot darüber liegt, geht komplett leer aus. Unternehmen können mit unserem neu entwickelten Prognoseverfahren also ihre Erlöse signifikant steigern.«

    Mehr Erlös, mehr Netzstabilität

    Viele Industrieunternehmen setzen bislang auf einfache, statische Gebotsstrategien. Sie legen ihr Gebot also einmal fest und bleiben dann dabei. Oder sie orientieren sich am Preis des Vortags oder der vergangenen Woche, wenn sie ihr Gebot abgeben. Durch den Einsatz verschiedener maschineller Lernverfahren ist es den Wissenschaftlern vom Fraunhofer IPA nun gelungen, diesen Preis besser zu prognostizieren.

    In einem zweiten Schritt haben sie ihre KI-gestützte Preisprognose um ein speziell entwickeltes Offset-Verfahren ergänzt. »Das ist gewissermaßen die Nachbearbeitung des prognostizierten Strompreises, sodass das abgegebene Gebot leicht darunter liegt«, erklärt Vincent Bezold vom Forschungsteam Datengetriebene Energiesystemoptimierung am Fraunhofer IPA. »Das hat mit den Spielregeln auf dem ›Pay-as-Bid‹-Markt zu tun. Wer dort mit seinem Gebot zu hoch liegt, geht leer aus. Deshalb lohnt es sich, den tatsächlichen Strompreis gezielt zu unterbieten – und genau das erreichen wir mit unserem Offset-Verfahren.«

    Mit diesem optimierten Gebotsverfahren lassen sich die Erlöse gegenüber anderen Strategien um bis zu 37 Prozent steigern, weil man mit dem angegebenen Gebot seltener über dem tatsächlichen Preis liegt und folglich öfter den Zuschlag erhält. In ihrem Paper haben die Wissenschaftler vier Teilmärkte der deutschen Regelenergie untersucht und dabei gezeigt: Schon ein um einen Euro pro Megawattstunde kleinerer Prognosefehler kann – je nach Markt – bis zu 3631 Euro jährlichen Mehrerlös pro Megawatt bringen. »Die datengetriebene Optimierung der Gebotsstrategie lohnt sich also und leistet ganz nebenbei noch einen Beitrag zur Stabilität des Stromnetzes«, fasst Lukas Baur vom Forschungsteam Datengetriebene Energiesystemoptimierung am Fraunhofer IPA zusammen.

    Künftig noch höhere Prognosequalität

    Die KI-gestützte Prognosemethode ist prinzipiell auf andere, ähnlich strukturierte Märkte – den Wertpapierhandel etwa – übertragbar, auch über die deutschen Grenzen hinaus. Künftig wollen die Forscher vom Fraunhofer IPA noch komplexere KI-Modelle anwenden und dabei auch externe Faktoren wie Wetterdaten und wahrscheinlichkeitsbasierte Prognosen berücksichtigen, um die Prognosequalität weiter zu erhöhen.


    Contact for scientific information:

    Lukas Baur | Telefon +49 711 970-1479 | lukas.baur@ipa.fraunhofer.de | Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA | www.ipa.fraunhofer.de

    Vincent Bezold | Telefon +49 711 970-3522 | vincent.bezold@ipa.fraunhofer.de | Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA | www.ipa.fraunhofer.de


    More information:

    http://arxiv.org/pdf/2503.17214 - Das wissenschaftliche Paper ist als Preprint auf der Online-Plattform »arXiv« erschienen.


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    Oben: Prognostizierter Preis und tatsächlicher Preis im Vergleich. Unten: Der prognostizierte Preis wird mit dem Offset-Verfahren nach unten korrigiert.
    Oben: Prognostizierter Preis und tatsächlicher Preis im Vergleich. Unten: Der prognostizierte Preis ...

    Copyright: Fraunhofer IPA


    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists
    Economics / business administration, Energy, Information technology
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Oben: Prognostizierter Preis und tatsächlicher Preis im Vergleich. Unten: Der prognostizierte Preis wird mit dem Offset-Verfahren nach unten korrigiert.


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