Roland Merten neuer Professor für Sozialpädagogik an der Universität Jena
Jena (09.09.04) Kinder sind in Deutschland ein Armutsrisiko und weil das so ist, lebt eine beträchtliche Zahl von ihnen von Sozialhilfe. Seit 1980 ist diese Population um mehr als 200 % angewachsen. "Für ein reiches Land wie Deutschland ist das ein Armutszeugnis", sagt Prof. Dr. Roland Merten. Der Erziehungswissenschaftler hat kürzlich den Ruf auf die Professur für Sozialpädagogik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena angenommen. Das Hauptforschungsthema des 44-Jährigen ist soziale Ungleichheit. "Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen sind überdurchschnittlich stark Kinder von Armut betroffen, insbesondere wenn ihre Eltern alleinerziehend sind oder Ausländer", sagt Merten. Und die PISA-Studie habe zudem gezeigt, dass gerade Kinder aus diesen sozial benachteiligten Familien durch die Schulen noch mal ausgesondert werden und oft auf dem Niveau der Hauptschule verbleiben. Mertens logischer Schluss: "Wir haben kein bildungspolitisches Problem, sondern ein soziales."
Diese Zusammenhänge zwischen sozialen Strukturen, Bildung und Politik versucht er seinen Studenten nahe zu bringen und er will sie fit machen für ihre zukünftige Arbeit. Sie sollen erfahren, welche Hilfen man solchen benachteiligten Familien anbieten kann, aber auch in welchem gesetzlichen Rahmen sich Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen bewegen. "Denn sie haben ein staatliches Wächteramt und können zur Verantwortung gezogen werden", so Merten. Er selbst kann auf einen breiten praktischen Erfahrungsschatz zugreifen, den er u. a. in Einrichtungen für geistig und körperlich Behinderte, auf einer Entwöhnungsstation für Suchtkranke oder in einer Berliner Familienberatungsstelle erworben hat.
Merten ist als eines von sechs Geschwistern im Saarländischen Schmelz aufgewachsen. Da seine Mutter alleinerziehend und eine gymnasiale Ausbildung zu kostenaufwändig war, nahm er zunächst den Weg über Hauptschule, Handelsschule, Fachoberschule zur Fachhochschule, die er als diplomierter Sozialpädagoge (1982) verließ. Es folgte das Diplom als Sozialarbeiter in Bielefeld (1987). Schon während des Zivildienstes, den er bei der Stiftung Pfennigparade, einer Reha-Einrichtung für Körperbehinderte ableistete, nahm er ein Studium der Pädagogik, Philosophie und Soziologie ihn München auf, das er an der Universität Bielefeld als Diplompädagoge und Magister im Fach Philosophie abschloss. In der Promotion an der Universität Bielefeld (1996) und der Habilitation in Halle (2003) hat er jeweils systemtheoretische Fragestellungen bearbeitet. Weitere Forschungen und Lehraufträge führten ihn u. a. an die Freie Universität Berlin, in die Schweiz an die Université de Fribourg, nach Trier, an die Pädagogische Hochschule in Erfurt und nach Halle. Die Entscheidung nach Jena zu kommen ist Prof. Merten leicht gefallen, zumal die neuen Bundesländer für ihn schon seit langem Forschungsgegenstand sind.
Bereits 1993 hatte er in einem Sonderforschungsbereich die wirtschaftliche Entwicklung junger Familien in den neuen Bundesländern nach der Wende untersucht. "Die soziale Ungleichheit lässt sich immer noch mit den Händen greifen", sagt Merten und sieht mit Bedenken den Hartz IV-Reformen, konkret der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe entgegen. Laut ihm bekannten Hochrechnungen wird die Anzahl der Kinder, die von Sozialhilfe leben von 1 Mio. auf 1,5-1,8 Mio. ansteigen. "Hier besteht dringender Handlungsbedarf", sagt Merten. Die Grundverteilung der staatlichen Mittel müsse geändert werden. "Doch leider haben Kinder keine starke Lobby, ihr Einfluss auf die Politik ist gering." Er selbst engagiert sich deshalb seit Jahren im Deutschen Kinderschutzbund und ist derzeit stellvertretender Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt.
Kontakt:
Prof. Dr. Roland Merten
Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Jena
Tel.: 0345 / 5523817
E-Mail: merten@paedagogik.uni-halle.de
Prof. Dr. Roland Merten (Foto: privat)
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Criteria of this press release:
Law, Politics, Social studies, Teaching / education
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