Der Überfall Russlands auf die Ukraine bedeutete eine Zeitenwende für die deutsche Energiepolitik: Es wurde klar, dass Deutschland sich von russischem Gas unabhängig machen muss. Dennoch stockt die Energiewende. Langwierige Genehmigungsverfahren, Engpässe in der Infrastruktur sowie politischer und gesellschaftlicher Widerstand behindern Fortschritte. Ein bei Springer Nature erschienener Sammelband bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Herausforderungen und Lösungsansätze in den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr und Industrie.
Die Beiträge des Sammelbandes „Energiewende nach der Zeitenwende: Energiepolitik in Zeiten der Polykrise“, herausgegeben von Jörg Radtke (Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit) und Weert Canzler (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung), umfassen ein breites Themenspektrum, von Wasserstoff-Strategien über die finanzielle Beteiligung der Bevölkerung bis hin zu einer Energiesozialpolitik. Sie machen deutlich, dass es sich bei der Energiewende nicht um ein rein technisches oder ökonomisches Projekt handelt, sondern um einen umfassenden gesellschaftlichen Transformationsprozess, der soziale, ökologische, ökonomische und politische Spannungsfelder miteinander verknüpft.
RIFS-Forscher haben drei Beiträge des Sammelbandes verfasst. So beleuchtet Jörg Radtke gemeinsam mit Weert Canzler in dem Beitrag „Die Energiewende und die soziale Frage“ die soziale Dimension der Energiewende und die Herausforderungen, die sich aus der ungleichen Verteilung der Kosten und Nutzen ergeben. Die Wissenschaftler zeigen auf, dass einkommensschwache Haushalte besonders von den steigenden Energiepreisen betroffen sind, während wohlhabendere Gruppen eher von Förderprogrammen und Einsparmöglichkeiten profitieren. Sie diskutieren Ansätze wie das Klimageld, progressive Energiepreise und sozial abgestufte Tarife, um die Belastungen gerechter zu verteilen.
In seinem Beitrag „Was bedeutet die Polykrise für die partizipative Energiewende in Deutschland?“ beschreibt Radtke die Energiewende als einen konfliktreichen gesellschaftlichen Aushandlungsprozess. Er betont, dass die Akzeptanz der Energiewende entscheidend davon abhänge, wie gerecht die Kosten und Nutzen verteilt werden. Besonders lokale Initiativen und Bürgerenergieprojekte spielten dabei eine Schlüsselrolle, da sie nicht nur die Dezentralisierung fördern, sondern auch das Vertrauen und die Unterstützung der Bevölkerung stärken. Gleichzeitig warnt Radtke davor, dass soziale und regionale Ungleichheiten durch eine unzureichende Steuerung verschärft werden könnten. Partizipative Entscheidungsprozesse könnten helfen, die vielfältigen Interessen und Zielkonflikte der Energiewende zu moderieren.
Ortwin Renn (Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit) argumentiert in seinem Beitrag „Die Energiewende aus sozial-ökologischer und partizipativer Perspektive: Anforderungen an eine inklusive Governance“, dass die Herausforderungen einer „Polykrise“, geprägt durch Klimawandel, geopolitische Konflikte und soziale Ungleichheiten, nur durch eine partizipative und integrative Steuerung bewältigt werden können. Eine solche Governance müsse unterschiedliche gesellschaftliche Akteure – von Politik und Wirtschaft bis hin zur Zivilgesellschaft – in den Entscheidungsprozess einbinden, um zu nachhaltigen und breit akzeptierten Lösungen zu kommen. Renn hebt hervor, dass inklusive Governance nicht nur die Legitimität politischer Entscheidungen stärkt, sondern auch die Innovationskraft fördert. Er plädiert für die Einrichtung von Plattformen und Foren, die einen strukturierten Dialog zwischen den Beteiligten ermöglichen.
Insgesamt verdeutlicht der Sammelband, dass die Energiewende nicht nur eine technologische Notwendigkeit, sondern ein gesellschaftliches Gemeinschaftsprojekt ist. Die Aufsätze zeichnen ein umfassendes Bild, wie die Energiewende trotz der multiplen Krisen unserer Zeit ein Erfolg werden kann.
Dr. Jörg Radtke
joerg.radtke@rifs-potsdam.de
Radtke, J., Canzler, W. (Hrsg.). (2025). Energiewende nach der Zeitenwende. Energiepolitik in Zeiten der Polykrise. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-48017-2
Criteria of this press release:
Journalists
Energy, Environment / ecology, Politics
transregional, national
Research results
German
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