Neuer Forschungsbericht zeigt: Spezielle Unterstützungsprogramme verbessern Wohlbefinden, Selbstfürsorge und Alltagsstruktur
Trotz des anhaltenden Fachkräftemangels bleibt Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland ein drängendes soziales und auch gesundheitliches Problem: Rund ein Drittel aller Arbeitslosen ist seit mehr als einem Jahr ohne Beschäftigung (Stand Oktober 2024) – mit weitreichenden Folgen für die psychische Gesundheit der Betroffenen. Die Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit ist daher nicht nur ein Ziel der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, sondern auch ein zentrales Anliegen der Gesundheitsförderung. Hier setzt die „Initiative für nachhaltige Gesundheit im Erwerbsleben“ (INGE) an, die von der Gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Dienste (GGSD) seit 2020 umgesetzt wird. Ziel ist die gesundheitliche Stabilisierung und, wenn möglich, die Rückkehr ins Berufsleben. Die Teilnehmenden besuchen im Programm freiwillig an zwei bis fünf Tagen pro Woche Einzelcoachings, Gruppenseminare zu Gesundheit und beruflicher Orientierung sowie kreative oder handwerkliche Projektarbeiten.
Wissenschaftliche Begleitung durch die Universität Bamberg
Begleitet und wissenschaftlich evaluiert wird das Programm von einem Team des Lehrstuhls für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Gefördert durch die DAA-Stiftung Bildung und Beruf analysieren die Forscherinnen Prof. Dr. Astrid Schütz, Melissa Schütz und Dr. Iris Gauglitz die Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit und psychischer Gesundheit – und untersuchen, wie Programme wie INGE dazu beitragen können, gesundheitliche Belastungen zu mindern und Perspektiven für die Teilnehmenden zu schaffen. Der nun vorliegende Forschungsbericht liefert nicht nur neue Erkenntnisse über die gesundheitlichen Folgen von Arbeitslosigkeit, sondern zeigt auch die konkreten Auswirkungen des INGE-Projekts auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Teilnehmenden auf. Ergänzend wird auch das Schwesterprojekt „Gesundheitsfürsorge und Nachhaltigkeit in deinem Arbeitsleben“ (GUNDA) im Forschungsbericht betrachtet, das sich an kurzzeitarbeitslose Menschen richtet.
Positive Effekte auf psychische Gesundheit und Selbstfürsorge
Das Fazit ist positiv: INGE kann messbare Verbesserungen der psychischen Gesundheit und des psychosozialen Wohlbefindens bei langzeitarbeitslosen Menschen bewirken. „Unsere quantitative Evaluation zeigt eine signifikante Reduktion schwerer depressiver Symptome sowie insgesamt geringere Depressionssymptome bei den Teilnehmenden im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von Langzeitarbeitslosen, die nicht an INGE teilnahmen“, erläutert Astrid Schütz. Auch im Bereich der Selbstfürsorge stellten die Wissenschaftlerinnen positive Effekte fest: Sechs Monate nach Teilnahmebeginn berichteten die Teilnehmenden über eine deutlich höhere Selbstfürsorgekompetenz. In qualitativen Interviews hoben die Teilnehmenden zudem selbst hervor, wie sehr sie vom strukturierten Projektalltag, der intensiven individuellen Unterstützung sowie vom sozialen Austausch profitierten. „Viele berichteten von einer verbesserten Alltagsstruktur, einem gestärkten Selbstwert und einer stabilisierten psychischen Verfassung“, sagt Astrid Schütz.
In anderen Bereichen wie beruflicher Selbstwirksamkeit oder Stressverarbeitung zeigten sich hingegen keine statistisch signifikanten Veränderungen – was laut den Forschenden auch an der begrenzten Stichprobengröße liegen könnte. Frühere Studien zu vergleichbaren Programmen weisen jedoch ebenfalls auf nur moderate Effektgrößen hin. Dennoch: „Selbst kleine Fortschritte bedeuten für die Betroffenen oftmals einen erheblichen Zugewinn an Lebensqualität und Motivation“, betont Lena Wolf, Projektleitung INGE und GUNDA der GGSD.
GUNDA für ALG-I-Beziehende
Seit 2023 ergänzt das Projekt GUNDA unter Trägerschaft der GGSD das bestehende INGE-Angebot. GUNDA richtet sich an Menschen im ALG-I-Bezug. Es kombiniert Einzel- und Gruppenmaßnahmen an drei bis fünf Tagen pro Woche. Nach drei Monaten folgt ein vierwöchiges Praktikum, um den Übergang in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Sowohl INGE als auch GUNDA werden über Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine (AVGS) nach dem Sozialgesetzbuch finanziert. Die vollstände Evaluation zu GUNDA läuft aktuell noch. Erste Ergebnisse zeigen aber, dass die Maßnahmen zur psychischen Stabilisierung, Alltagsstruktur und Selbstwirksamkeit der arbeitslosen Menschen beitragen können. Gleichzeitig wurden Verbesserungsbedarfe unter anderem bei der Projektkommunikation sowie der individuellen Betreuung deutlich.
Programme weiterentwickeln und für mehr Menschen öffnen
Die Forscherinnen der Universität Bamberg kommen zu dem Schluss, dass Programme wie INGE und GUNDA einen wichtigen Beitrag zur psychischen Stabilisierung und sozialen Teilhabe arbeitsloser Menschen leisten. Angesichts der positiven Effekte – vor allem in der Reduktion psychischer Belastungen und der Förderung von Selbstfürsorge und Selbstwirksamkeit – sprechen sie sich dafür aus, die Angebote langfristig abzusichern, weiterzuentwickeln und möglichst vielen Betroffenen zugänglich zu machen. „Wer langfristig arbeitslosen Menschen eine realistische Chance auf berufliche Teilhabe geben will, muss auch ihre psychosozialen Belastungen in den Blick nehmen“, sagt Dr. Till Werkmeister, Referatsleiter Bildungspolitik von der DAA-Stiftung. „Deshalb ist es wichtig, dass Unterstützungsangebote wie INGE und GUNDA weiterentwickelt und wissenschaftlich begleitet werden.“ Neben dem individuellen Nutzen für die Teilnehmenden können die Projekte auch gesellschaftlich und wirtschaftlich zur Entlastung des Sozial- und Gesundheitssystems beitragen.
Der vollständige Forschungsbericht ist zu finden unter: https://ggsd.de/inge-forschungsbericht
Prof. Dr. Astrid Schütz
Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik
Tel.: 0951/863-1870
astrid.schuetz@uni-bamberg.de
Lena Wolf
Projektleitung INGE und GUNDA der GGSD
Tel.: 0951/99398061
lena.wolf@ggsd.de
Dr. Till Werkmeister
Referatsleiter Bildungspolitik DAA-Stiftung
Tel.: 040/350 94 108
till.werkmeister@daa-stiftung.de
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Nutrition / healthcare / nursing, Psychology, Social studies
transregional, national
Research results
German
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