idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
07/18/2025 10:52

Empfehlungen für den Einsatz von KI zur Diagnostik, Behandlung und Erforschung von Lebererkrankungen

Anja Stübner und Dr. Viktoria Bosak Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    Eine Gruppe aus 34 führenden internationalen Expertinnen und Experten der Hepatologie, Datenwissenschaft und Künstlichen Intelligenz (KI) hat einen Konsensbericht vorgelegt, der konkrete Empfehlungen für den Einsatz von KI in der Hepatologie gibt. Sie basieren auf einem strukturierten, mehrstufigen, anonymisierten Verfahren, welches unter der Leitung von Prof. Jakob N. Kather, Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit, TU Dresden und Universitätsklinikum Dresden, gemeinsam mit Dr. Sabela Lens, Universitätsklinikum Barcelona/Spanien und Dr. Eric Trépo, Universitätsklinikum Brüssel/Belgien durchgeführt wurde.

    Die Veröffentlichung erfolgte unter dem Dach der Fachgesellschaft EASL – European Association for the Study of the Liver und ihrer „AI Task Force“ im „Journal of Hepatology“.

    Fortschritte und Herausforderungen beim Einsatz von KI
    In den vergangenen 15 Jahren haben sich KI-Systeme rasant weiterentwickelt. Große Fortschritte gab es insbesondere bei bildbasierten Anwendungen in der Radiologie und Pathologie – zunehmend auch im Bereich sprachbasierter Methoden. Trotz des enormen Potenzials ist die klinische Nutzung von KI bislang aufgrund zahlreicher Herausforderungen begrenzt. Um Hürden bei der Umsetzung zu identifizieren und die Einführung KI-basierter Anwendungen in der Hepatologie zu erleichtern, hat die AI Task Force der EASL gemeinsam mit weiteren Fachleuten aus den Bereichen Medizin, klinische KI, Datenwissenschaft und Regulatorik eine strukturierte Analyse durchgeführt. Grundlage war das Delphi-Verfahren – eine systematische, mehrstufige und anonymisierte Befragung, die in der Medizin häufig zur Entwicklung von Leitlinien eingesetzt wird und am Ende den breiten Konsens der Gruppe widerspiegelt. Dr. Jan Clusmann, Erstautor der Veröffentlichung und Postdoktorand in der Arbeitsgruppe „Clinical Artificial Intelligence“ von Prof. Jakob N. Kather am EKFZ für Digitale Gesundheit der TU Dresden hat den Prozess koordiniert und die Ergebnisse zusammengetragen und aufbereitet.
    „KI hat das Potenzial, die Behandlung und Erforschung von Lebererkrankungen grundlegend zu verbessern – doch es bestehen derzeit noch erhebliche Hürden. Unsere Publikation bietet eine Orientierung, um diese abzubauen und den Weg zur routinemäßigen klinischen Nutzung von KI-Systemen zu ebnen“, sagt Jakob N. Kather, Professor für Clinical Artificial Intelligence am EKFZ für Digitale Gesundheit der TU Dresden und Arzt am Universitätsklinikum Dresden.

    KI-Kompetenz als Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung
    Eine zentrale Empfehlung der Gruppe lautet, die KI-Kompetenz des medizinischen Fachpersonals zu stärken. Das Expertengremium betont weiter, dass KI-Systeme ihre Wirksamkeit, Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit nachweisen müssen, bevor sie in klinische Abläufe integriert werden können. Selbst validierte Werkzeuge stoßen häufig auf Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung – bedingt durch nicht aufeinander abgestimmte Infrastrukturen im Gesundheitssystem und begrenzte Interoperabilität der IT-Systeme in den Krankenhäusern. Diese praktischen Hindernisse bei der Umsetzung müssten dringend abgebaut werden.

    Klinische Studien mit KI-Unterstützung durchführen und den Datenaustausch erleichtern
    Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Einsatz und die Überprüfung von KI-Methoden in klinischen Studien. Dafür sind der nahtlose Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Institutionen sowie der dezentralisierte Zugriff auf anonymisierte Daten erforderlich – ebenso wie eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen KI-Forschenden und leitenden Personen klinischer Studien.

    Fächerübergreifende Zusammenarbeit fördern und klare Rahmenbedingungen schaffen
    Fachgesellschaften sollten künftig Initiativen und strukturierte Rahmenbedingungen für eine bessere Implementierung von KI schaffen. Zukünftige Leitlinien sollten den Einsatz von KI-Modellen diskutieren. Der Inhalt der Leitlinien soll außerdem priorisiert als Kontext für KI-gestützte Entscheidungsunterstützungssysteme in der klinischen Praxis zur Verfügung stehen, damit KI-Systeme jederzeit auf die jeweils aktuellste Datengrundlage zurückgreifen können.
    „Der Wandel hin zu einem digitalen, KI-gestützten Gesundheitssystem erfordert koordinierte, Zusammenarbeit, solide Validierung, Vertrauen in neue Technologien und einen engen Austausch zwischen medizinischem Fachpersonal, Forschenden, Systementwicklern, Gesetzgebern und politischen Entscheidungsträgern. Die vorgelegten Empfehlungen bilden eine hervorragende Grundlage, um die sichere und verantwortungsvolle Einführung von KI in der Medizin zu erleichtern“, sagt Stephen Gilbert, Professor für Medical Device Regulatory Science am EKFZ für Digitale Gesundheit an der TUD und Mitautor der Veröffentlichung.
    Die Empfehlungen sollen Gesundheitseinrichtungen, Industriepartnern und politischen Entscheidungsträgern helfen, den verantwortungsvollen und patientenorientierten Einsatz von KI in der Hepatologie weltweit voranzutreiben.
    „Das Besondere an dieser Veröffentlichung ist der internationale, interdisziplinäre Konsens – entstanden aus der engen Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Ländern und Fachrichtungen. Diese gemeinsame Grundlage trägt dazu bei, die wegweisenden KI-Technologien aus dem Labor in die klinische Praxis zu überführen. Wir veranschaulichen das in der Studie für die Hepatologie, beschreiben aber einen Leitfaden, der auch für andere Fachrichtungen relevant ist, in denen wir vor ähnlichen Herausforderungen stehen“, sagt Dr. Jan Clusmann, Erstautor der Veröffentlichung und Postdoktorand im Team von Professor Kather.
    Das Positionspapier “The barriers for uptake of artificial intelligence in hepatology and how to overcome them” ist im “Journal of Hepatology” erschienen – der offiziellen Fachzeitschrift der EASL – European Association for the Study of the Liver.

    EASL AI Task Force
    Die EASL AI Task Force ist eine Expertengruppe, die von der European Association for the Study of the Liver (EASL) ins Leben gerufen wurde. Sie setzt sich für den verantwortungsvollen und effektiven Einsatz von KI in der Hepatologie ein. Ziel der Task Force ist es, KI zu nutzen, um Forschung, Ausbildung, klinische Entscheidungsfindung und die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Lebererkrankungen zu verbessern. Darüber hinaus berät die Task Force die EASL bei der Integration von KI in Veranstaltungen und Publikationen und fördert strategische Partnerschaften, um KI-Innovationen im Bereich der Lebererkrankungen voranzutreiben. Zudem unterstützt sie operative Aufgaben innerhalb der EASL. Weitere Informationen und Mitgliederliste:
    https://easl.eu/easl/leadership-and-governance/ai-task-force/

    Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit
    Das EKFZ für Digitale Gesundheit an der TU Dresden und dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wurde im September 2019 gegründet. Es wird mit einer Fördersumme von 40 Millionen Euro für eine Laufzeit von zehn Jahren von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung gefördert. Das Zentrum konzentriert seine Forschungsaktivitäten auf innovative, medizinische und digitale Technologien an der direkten Schnittstelle zu den Patientinnen und Patienten. Das Ziel ist dabei, das Potenzial der Digitalisierung in der Medizin voll auszuschöpfen, um die Gesundheitsversorgung, die medizinische Forschung und die klinische Praxis nachhaltig zu verbessern.


    Contact for scientific information:

    EKFZ für Digitale Gesundheit
    Anja Stübner und Dr. Viktoria Bosak
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Tel.: +49 351 – 458 11379
    news.ekfz@tu-dresden.de
    digitalhealth.tu-dresden.de


    Original publication:

    Jan Clusmann, Maria Balaguer-Montero, Octavi Bassegoda, Carolin V. Schneider, Tobias Seraphin, Ellis Paintsil, Tom Luedde, Raquel Perez Lopez, Julien Calderaro, Stephen Gilbert, Thomas Marjot, Ashley Spann, Debbie L. Shawcross, Sabela Lens, Eric Trépo, Jakob Nikolas Kather: The barriers for uptake of artificial intelligence in hepatology and how to overcome them; Journal of Hepatology, July 2025.
    https://www.journal-of-hepatology.eu/article/S0168-8278(25)02337-2/fulltext


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results, Transfer of Science or Research
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).