„Have you tried turning it off and on again?“ (Haben Sie schon versucht, es aus und wieder anzuschalten?) – Dieser popkulturelle Satz aus der britischen Comedy-Serie The IT Crowd hat das Bild von Systemadministrator*innen geprägt wie kaum ein anderer. Mit ihm verbinden viele das Klischee der grummeligen Technik-Nerds im Keller. Doch die Realität sieht ganz anders aus. Die Menschen, die unsere digitale Infrastruktur am Laufen halten, leisten hochkomplexe Arbeit – technisch, organisatorisch und sozial. Mannat Kaur vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken, erforscht diese vielschichtige Tätigkeit und hebt bisher wenig beachtete, sicherheitsrelevante Aspekte hervor.
Pressemitteilung zum "Tag des Systemadministrators" am Freitag, 25. Juli 2025.
Die Arbeitssituation von Systemadministrator*innen ist paradox. Einerseits ist ihre Tätigkeit extrem wichtig, denn nahezu alle Organisationen bis hin zu ganzen Gesellschaften sind heutzutage auf stabile IT-Systeme angewiesen. Andererseits, gerade wenn „Sysadmins“ ihre Arbeit gut machen, wird sie unsichtbar. Denn wer denkt schon an sie, wenn alles funktioniert?
„In der Forschung gibt es dementsprechend auch mehr Arbeiten zur technischen Seite der Systemadministration, etwa zu den verwendeten Werkzeugen oder wie bestimmte Systeme implementiert werden sollten. Mir war es wichtig, den Menschen und die Umstände, unter denen er diese Systeme bedient, als sicherheitsrelevante Faktoren sichtbar zu machen“, sagt Mannat Kaur, Postdoc in der Abteilung „Internet Architecture“ von Direktorin Anja Feldmann am Saarbrücker Max-Planck-Institut für Informatik.
Kaur erforscht die Rolle von Menschen in sozio-technischen Systemen mit einem Fokus auf Koordination, sowohl zwischen Individuen, als auch zwischen Menschen und Technologie, im Kontext von IT-Arbeit. Die Herangehensweise ist dabei interdisziplinär und speist sich neben der Informatik aus den Sozialwissenschaften, der Psychologie und der Sicherheitsforschung. Dabei werden qualitative und quantitative Forschungsmethoden angewendet sowie feministische Forschungsprinzipien integriert.
In Interviews und Fokusgruppen fand Mannat Kaur heraus: Soziale Verhandlungen sind zentral für die Sysadmin-Arbeit, und das sowohl innerhalb des Teams als auch mit Nutzenden. Hinzu kommt Care-Arbeit: Das umfasst die Wartung technischer Systeme ebenso wie beispielsweise die emotionale Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen in Ausnahmesituationen, etwa bei Datenverlust. Diese sozialen und Fürsorge-Aspekte werden oft marginalisiert, da sie als „feminin“ gelten und deshalb häufig nicht als Teil der „eigentlichen Arbeit“ gesehen werden, obwohl sie entscheidend sind. Diese fehlende Anerkennung führe zu Überarbeitung und Überforderung. „Sysadmins müssen hochgradig koordiniert arbeiten, kommunizieren, Nutzer begleiten, mit Dienstleistern verhandeln. All das ist essenziell und kommt zu den technischen Aufgaben wie Konfigurationen, Wartung, Datensicherung, Aktualisierung und so weiter hinzu“, sagt Kaur. Gerade in der Pandemie stieg dieser kommunikative Aufwand erheblich.
„Wir hatten Teilnehmende in unseren Studien, die erzählten, dass man leicht in die Falle tappen könne, eine ganze Woche nur zu unterstützen – und dann am Ende nichts Handfestes vorzuzeigen hätte. Diese Nicht-Anerkennung zusammen mit Überarbeitung und emotionaler Erschöpfung kann zu Fehlern führen, die wiederum die Sicherheit von Systemen gefährden können“, erklärt Mannat Kaur.
Besonders betroffen: weibliche und nicht-binäre Sysadmins. Sie erleben eine doppelte Unsichtbarkeit, einerseits durch die bereits geschilderte Eigenschaft ihrer Arbeit, andererseits durch strukturelle Ungleichheiten in einer männlich dominierten Branche, in der sie sich besonders beweisen müssen, um als gleichermaßen kompetent wahrgenommen zu werden.
Als zentrale Erkenntnis gibt Mannat Kaur an: Ein gerechtes und inklusives Arbeitsumfeld, basierend auf Vertrauen, Kommunikation und Anerkennung, fördert die Sicherheit von Systemen. Daraus werden folgende Handlungsempfehlungen abgeleitet, vor allem für Führungskräfte und Organisationen:
• Die sozialen, informellen und Care-Aspekte von Sysadmin-Arbeit anerkennen und wertschätzen
• Spannungen zwischen Sysadmin-Tätigkeiten und starren Hierarchien sichtbar machen
• Auf das Fachwissen von Sysadmins vertrauen – besonders in hierarchischen Organisationen
• Eine unterstützende, fehlerfreundliche und das lernen fördernde Arbeitskultur schaffen
• Inklusion fördern, indem bestehende Benachteiligungen (männlich dominiertes Feld) erkannt werden
Redaktion:
Philipp Zapf-Schramm
Max-Planck-Institut für Informatik
Tel: +49 681 9325 5409
E-Mail: pzs@mpi-inf.mpg.de
Dr. Mannat Kaur (they/them)
Max-Planck-Institut für Informatik
Email: mkaur@mpi-inf.mpg.de
Kaur, M. (2023). Towards Safe and Just Work Environments for System Administrators: A Qualitative Sociotechnical Investigation into System Administration. [Dissertation (TU Delft), Delft University of Technology]. https://doi.org/10.4233/uuid:cb598569-af98-4cef-8115-9939fa5ed256
Mannat Kaur, Harshini Sri Ramulu, Yasemin Acar, and Tobias Fiebig. 2023. "Oh yes! over-preparing for meetings is my jam :)": The Gendered Experiences of System Administrators. Proc. ACM Hum.-Comput. Interact. 7, CSCW1, Article 141 (April 2023), 38 pages. https://doi.org/10.1145/3579617
Mannat Kaur, Simon Parkin, Marijn Janssen, and Tobias Fiebig. 2022. "I needed to solve their overwhelmness": How System Administration Work was Affected by COVID-19. Proc. ACM Hum.-Comput. Interact. 6, CSCW2, Article 390 (November 2022), 30 pages. https://doi.org/10.1145/3555115
https://www.mpi-inf.mpg.de/departments/inet/people/mannat-kaur Webseite von Mannat Kaur.
https://www.mpi-inf.mpg.de/departments/inet Website der Abteilung "Internet Architecture".
Mannat Kaur, Postdoctoral Researcher in der Abteilung "Internet Architecture".
Source: Philipp Zapf-Schramm
Copyright: MPI für Informatik
Mannat Kaur, Postdoctoral Researcher in der Abteilung "Internet Architecture".
Source: Philipp Zapf-Schramm
Copyright: MPI für Informatik
Criteria of this press release:
Journalists
Information technology, Social studies
transregional, national
Research results
German
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