In der Interview-Reihe "ZWM Alumnae & Alumni Stories" befragt das ZWM ehemalige Teilnehmende an ZWM-Weiterbildungen, die mittlerweile mitten im Wissenschaftsmanagement angekommen sind und dort eine tragende Funktion ausüben. Diesmal haben wir mit Dr. Alexandra-Gwyn Paetz gesprochen, die 2014 am ZWM-Lehrgang für Persönliche ReferentInnen teilgenommen hat.
Sie wird ab 01. August 2025 als Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) unter anderem an der Hightech_Agenda_Deutschland wirken.
Seit Juni 2022 leitete sie als Geschäftsführerin die Geschicke der Berlin University Alliance (BUA) und hat den Exzellenzverbund maßgeblich profiliert.
Frau Dr. Paetz, Ihr Einstieg ins KIT war die Energieforschung?
Genau. Allerdings war ich auch schon zuvor im Energiesektor tätig. Das Thema lässt mich quasi seit meinem Berufseinstieg nicht mehr los. Ich habe auf dem Gebiet promoviert, was mir durchaus auch später im Wissenschaftsmanagement geholfen hat, beispielsweise den Helmholtz-Forschungsbereich Energie zu unterstützen.
Mit der Rolle als Persönliche Referentin haben Sie einen Wechsel von der Forschung ins Wissenschaftsmanagement vollzogen. War das eigentlich schon eine bewusste, strategische Entscheidung? Wäre damals auch eine akademische Karriere in Frage gekommen?
Die Frage, ob ich eine akademische Karriere anstrebe, stand eigentlich nie im Raum. Professorin zu werden, war für mich nie eine Option – vielleicht auch, weil da die Role Models fehlten. Eigentlich hatte ich mich drauf vorbereitet, in die Wirtschaft zurückzugehen. Mir ist dann, während des Auswahlverfahrens im Zuge der Neuaufstellung des KIT-Präsidiums, bewusst geworden, dass meine betriebswirtschaftlichen Skills in einer Wissenschaftsorganisation gewinnbringend sein können. Das hat sich danach in der Praxis auch immer wieder bewahrheitet und mich in meiner Berufswahl regelmäßig bestätigt. Und außerdem: Man arbeitet mit so spannenden Persönlichkeiten und Institutionen zusammen – das begeistert mich gerade auch hier in Berlin.
Nun zum ZWM, das Sie ja 2014 mit dem Lehrgang für Persönliche ReferentInnen gewissermaßen im Wissenschaftsmanagement initiiert hat. Wie sind Sie damals auf den Lehrgang aufmerksam geworden? Und gibt es Inhalte, von denen Sie auch heute noch profitieren können?
Am KIT gab es zwei externe „Akademien“, an denen man in die Weiterbildung gehen konnte, zum einen beim ZWM und zum anderen bei der Helmholtz-Akademie. Ich hatte das Privileg, an Programmen beider Einrichtungen teilzunehmen. Der Einstieg war aber eben beim ZWM – der Vorschlag kam damals aus der KIT-Personalentwicklung an das Präsidium. Was habe ich mitgenommen? Sowohl viel Fachliches als auch viel kollegiale Stärkung. Ich selbst bin keine Juristin, muss aber Recht anwenden, auslegen, begründen – das reicht vom Berufungsrecht über das Kapazitätsrecht bis hin zum Vergaberecht. Der ZWM-Lehrgang hat mir sehr viele Grundlagen dafür vermittelt. Eines der wichtigsten Benefits beim ZWM: Die Kurse finden nicht in der eigenen Einrichtung statt, sondern man lernt Leute kennen, die die gleiche Funktion, aber in einem anderen Kontext innehaben. So öffnet sich auch ein Raum, viel offener über echte Anliegen zu sprechen – natürlich unter Anonymisierung der Beteiligten –, das ist ja dann doch gerade in der eigenen Institution nur begrenzt möglich.
Existiert noch ein virtuelles Netzwerk zu Ihren KommilitonInnen von damals?
Aus meinem Kurs aktuell leider nicht mehr, aber andere Jahrgänge fragen mich regelmäßig für Impulsvorträge oder Kaminabende an. Übrigens finde ich die ZWM-Alumni-Zeitschrift „Innovationstreiber“ eine schöne Gelegenheit Neues aus der ZWM-Community zu erfahren. In Zeiten von Social Media bietet die Zeitschrift etwas Gemeinsames, Verbindendes und schafft Kommunikationsanlässe – wenn auch nicht interaktive. Zu meinem letzten Interview darin haben mich auch einige LeserInnen angeschrieben, das hat mich sehr gefreut.
Bringen Sie aus Ihrer Erfahrung auch heute noch besonderes Verständnis für Ihre eigene persönliche Referentin und deren Jobsituation auf?
Ja – und nicht nur in meinem Büro. Ich stelle fest, dass ich eine gewisse Sympathie zu Personen in der Funktion mitbringe – vermutlich, weil ich einfach weiß, wie intensiv sich der Alltag anfühlen kann.
Das ist ein schönes Stichwort: Wie sah bei Ihrer aktuellen Tätigkeit an der BUA Ihr Alltag aus? Sie hatten mehrere Rollen gleichzeitig inne?
Die Rolle als Geschäftsführerin der Berlin University Alliance ist ja personengleich mit der Rolle als Geschäftsführerin der Kooperationsplattform. Die Kooperationsplattform ist die Rechtsstruktur, die wir von Null an hochgezogen haben, quasi das strukturelle und nachhaltige Rückgrat des Exzellenzverbunds. Mir war es die letzten Jahre sehr wichtig, alle Abläufe von Beginn an klar aufzusetzen und zu dokumentieren. Wir haben für eine noch recht überschaubare Struktur ein stringentes Geschäftsprozessmanagement etabliert – wann hat man schon die Möglichkeit eine Administration mehr oder weniger von der grünen Wiese aus zu starten? Für mich war das schon ein gewisser Ansporn. Die für mich jedoch spannendere – da inhaltlich geprägte – Rolle ist der Exzellenzverbund selbst. Der Alltag ist geprägt von sehr viel Kommunikation, Ausloten von Interessen, Finden und vor allem Umsetzen von Lösungen. Ich bewege mich dazu auf den verschiedensten „Ebenen“. Glücklicherweise empfinde ich gerade dieses Stakeholdermanagement als reizvoll, auch wenn die zeitliche Komponente teilweise immens ist. Da hilft aber, was ich eingangs schon erwähnt hatte: das ehrliche Interesse an den Personen und ihren Themen.
Welches Kompetenzspektrum hat Ihre berufliche Rolle an der BUA von Ihnen gefordert?
Ich agiere hier sehr viel mit Vertrauen: Ich habe kein Durchgriffsrecht an den Universitäten – das heißt, meine Währung ist mein Wort. Insofern geht nichts voran, wenn die Beteiligten nicht „mitmachen“ – im Idealfall ringen wir aber auch nicht stunden-, wochen- oder gar monatelang um das beste Argument, sondern haben auch ein gewisses Vertrauen, gemeinsam eine Richtung einzuschlagen, und steuern gegebenenfalls noch nach. Um dieses Vertrauen zu erhalten, habe ich am Anfang einige Monate investiert – vor allem in die Governance und in die zuvor erwähnten Prozesse. Neben der formalen Governance gibt es dahinterliegend ja auch die informelle, die es ebenso zu bedienen gilt – und natürlich bedeutet das auch, mit der damit einhergehenden Komplexität umzugehen.
Der Fokus liegt in meiner aktuellen Tätigkeit also auf „Wie-Kompetenzen“ – weniger auf „Was-Kompetenzen“. Letztere muss man einfach aus dem FF beherrschen, um die vielen Entscheidungs- und Umsetzungsperspektiven verbinden zu können. Was mir tatsächlich sehr hilft, ist, dass ich selbst so unterschiedliche Perspektiven einer Wissenschaftsorganisation im Laufe meines Berufslebens einnehmen durfte – so stand ich zum Beispiel selbst im Hörsaal und wurde von meinen Studierenden evaluiert. Später war ich „auf der anderen Seite“ für die Qualitätssicherung und die Systemakkreditierung der Universität insgesamt zuständig. Wenn wir uns heute im Verbund etwa die Zufriedenheit der Studierenden mit BUA-Lehrprogrammen anschauen, kann ich Daten recht gezielt in den einzelnen Universitäten abfragen und Impulse für die Weiterentwicklung der Datenerfassung relativ detailliert setzen.
Was fasziniert Sie am Wissenschaftsmanagement generell? Was bringt im Lauf eines Arbeitstags oder einer Arbeitswoche Ihre Augen zum Leuchten?
Wenn wir strukturell etwas geschafft haben, was dann auf Dauer neue Gestaltungsräume eröffnet – sei es die Ausgründung des innovate! lab als Tochtergesellschaft der BUA in diesem Jahr für den Transfer aus der Spitzenforschung oder die Novellierung des KIT-Gesetzes mit einem deutschlandweit einzigartigen Berufungsmodell im Jahr 2021. Manchmal spürt man den Impact aber auch erst später und erkennt in der Retrospektive, wo die Ernte aufgegangen ist und wo nicht. Aus beidem habe ich immer viel gelernt für die nächsten Herausforderungen. Damit die Ernte aufgeht, braucht’s manchmal auch nur ein anderes Umfeld. Aktuell arbeiten wir hier in der BUA etwa für eine stadtweite Ausstellung von Forschungsobjekten mit internationalen 3D-Künstlern zusammen – und tatsächlich haben wir schon über 25 Millionen Menschen damit erreicht. Für eine solche Kampagne kann ich mir kaum einen anderen Ort als Berlin in Deutschland vorstellen, wo das so funktionieren könnte.
Insgesamt fasziniert mich am Wissenschaftsmanagement, dass durch professionelles Management Kräfte für Wissenschaft freigesetzt werden können. Das geistige Vermögen bleibt Deutschlands wichtigste Ressource – ich weiß um die Bedeutung der Wissenschaft für die Resilienz unserer Gesellschaft, nicht nur weil der wirtschaftliche Wohlstand auf Spitzenforschung basiert. Für mich ist es ein großer, innerer Antrieb, hier beizutragen.
Welche Bedeutung haben die Themen Innovationsfähigkeit und Transfer innerhalb des deutschen und europäischen Wissenschaftsmanagements? Sie kennen ja auch die Wirtschaftsseite – wo kann man am Transmissionsriemen optimieren?
Ich glaube, die Rolle des Wissenschaftsmanagements ist an dieser Stelle noch zu wenig beleuchtet; dass es da eine Mission der akademischen Einrichtungen gibt, ist mittlerweile weitgehend anerkannt und wird vielerorts auch angegangen. Das zeigt etwa der jüngste Wettbewerb der Start-Up-Factories eindrücklich.
Als Wissenschaftsmanagerin sehe ich meine Aufgabe auch darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die WissenschaftlerInnen in Forschung, Lehre und Transfer mit möglichst wenig Hürden agieren können. Dafür sind wir ja da und das heißt, wir brauchen natürlich auch Kompetenzen in diesem unternehmerischen Feld von Innovation, Impact und Transfer, aber auch Infrastrukturen. Forschungsinfrastrukturen sind essenzielle Vehikel für Forschung, Lehre und Transfer auf Spitzenniveau. Der Bedarf an professionellem Management von Daten und Infrastrukturen ist riesig und wird schnell komplex, weil gerade teure Großgeräte über mehrere Institutionen hinweg gemeinsam genutzt werden. In der BUA gehen wir da ja noch paar Schritte weiter und haben die Voraussetzungen für gemeinsame Anschaffungen und gemeinsamen Betrieb verstanden. Dafür braucht’s letztlich auch eine Ermöglichungskultur – eine Haltung, die WissenschaftsmanagerInnen vorleben können.
Ihre persönliche Empfehlung: Wie können sich InteressentInnen und potenzielle EinsteigerInnen ins Wissenschaftsmanagement gut und fundiert in dieses Feld hineinbewegen?
Es ist gut, wenn man ein Tätigkeitsgebiet hat, über das man einsteigt, für das man brennt. Wissenschaftsmanagement, das ist ja so breit und umfasst im Prinzip alle Organisationsbereiche einer Universität oder Forschungseinrichtung, sei es internationale Zusammenarbeit oder Forschungsförderung oder die Rechtsabteilung – da ist es gut, einen Ankerpunkt für den Einstieg zu haben. Von diesem Ankerpunkt aus empfehle ich, den kollegialen Austausch zu suchen, zu hospitieren, sich weiterzubilden, zu verstehen, wie anderswo die Abläufe funktionieren, auch in „entfernteren“ Abteilungen innerhalb der eigenen Organisation. Das ermöglicht mindestens, die eigene Tätigkeit besser auszugestalten, und trägt idealerweise dazu bei, Anregungen für die berufliche Weiterentwicklung zu erhalten.
Sie haben einmal erzählt, bei Ihnen zu Hause wird englisch, spanisch, bayrisch und ungarisch gesprochen.
Ich bin für die Mehrsprachigkeit insbesondere meinen Eltern sehr dankbar, auch wenn ich das nicht vor mir hertrage. Ich kenne es ja nicht anders und war als Kind schon immer gewohnt, viel zu übersetzen. Irgendwie hat sich das auch ins Berufsfeld übertragen. Oft bin ich diejenige, die versucht zwischen den verschiedenen Fachsprachen von Disziplinen oder den Kulturen von Institutionen Brücken zu bauen, um eine Zusammenarbeit zu erleichtern. Dafür muss ich aber selbst erstmal ein Gefühl für die jeweiligen (Fach-)Sprachen und Sprechenden gewinnen – und das macht mir sehr viel Freude.
Letzte Frage: Was lesen Sie zurzeit?
Letzte Woche habe ich zum BUA-Abschied unter anderem „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ bekommen – obwohl ich kein Science-Fiction-Fan bin, freue ich mich sehr auf die Abendlektüre.
Für Ihren beruflichen Wechsel wünsche ich Ihnen viel Erfolg! Danke für Ihre Zeit und das anregende Gespräch.
Das Interview führte Theo Hafner.
https://www.zwm-speyer.de/ueber-uns/aktuelles/64123-zwm-alumnae-alumni-stories-f... Das komplette Interview mit Dr. Alexandra-Gwyn Paetz im Bereich Aktuelles der ZWM-Website
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students
interdisciplinary
transregional, national
Advanced scientific education, Personnel announcements
German
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