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07/30/2025 17:36

Auch ein flüssiger Erdkern erzeugt ein Magnetfeld

Franziska Schmid Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Die Wissenschaft rätselte mehr als 100 Jahre, ob in der Frühzeit der Erde – als ihr Kern anders als jetzt noch vollständig flüssig war – bereits ein stabiles Magnetfeld erzeugt wurde. Jetzt hat ein Team von Geophysikern mit einer Simulation gezeigt, dass dies sehr wahrscheinlich war.

    Wie gut, dass die Erde ein Magnetfeld hat: Es schützt den Planeten und sein Leben vor schädlicher kosmischer Strahlung. Andere Planeten unseres Sonnensystems, wie der Mars, sind dauerndem Beschuss durch geladene Teilchen ausgesetzt, die das Leben schwierig machen.

    Die Wissenschaft erklärt sich die Erzeugung des Magnetfelds mit Mechanismen der Dynamo-Theorie. Diese besagt folgendes: Die fortlaufende langsame Abkühlung des flüssigen Eisen-Nickel-Kerns hält im äusseren Erdkern zirkuläre Strömungen von flüssigem Material aufrecht, sogenannte Konvektionsströme. Gleichzeitig lenkt die Erdrotation diese Ströme ab, sodass diese schraubenförmig verlaufen. Die Konvektionsströme erzeugen dabei elektrische Ströme, die ihrerseits magnetische Felder und damit den Hauptanteil des Magnetfelds der Erde hervorbringen.

    Doch die Theorie hat eine Lücke: Bevor der innere Erdkern kristallisierte, also vor rund 1 Milliarde Jahren, war der Erdkern völlig flüssig. Die Frage ist, ob vor dieser Zeit das Magnetfeld Zeit erzeugt werden kann.

    Ein Dreierteam von Geophysikern der ETH Zürich und des SUS Tech in China liefern nun in einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Nature eine Antwort.

    Da sich das Erdinnere und die darin ablaufenden Vorgänge nicht direkt beobachten lassen, arbeiten Geowissenschaftler:innen mit Computermodellen, um sie zu untersuchen.

    So haben die Forscher ein Modell der Erde entwickelt, mit dem sie simulierten können, ob ein komplett flüssiger Erdkern auch ein stabiles Magnetfeld erzeugen konnte. Die Simulationen wurden teilweise auf dem Hochleistungsrechner «Piz Daint» am CSCS in Lugano berechnet.

    In den Simulationen zeigen die Forscher das richtige physikalische Regime auf, in dem die Viskosität – also die Zähflüssigkeit – des Erdkerns den Dynamoeffekt nicht beeinflusst. Das bedeutet, dass das Magnetfeld in der Frühzeit der Erde auf ähnliche Weise wie heute generiert wurde.

    Das Forschungsteam ist das Erste, dem es gelungen ist, in einem Modell den Einfluss der Viskosität des Erdkerns auf einen vernachlässigbaren Wert zu minimieren. «Bisher hat es noch niemand geschafft, solche Berechnungen unter diesen korrekten physikalischen Bedingungen durchzuführen», sagt der Erstautor der Studie, Yufeng Lin.

    Vergangenheit des Erdmagnetfelds verstehen

    «Diese Erkenntnis hilft uns, die Geschichte des Erdmagnetfeldes besser zu verstehen und ist bei der Interpretation von Daten aus der geologischen Vergangenheit nützlich», sagt Mitautor Andy Jackson, Professor für Geophysik der ETH Zürich.

    Auch die Entstehung des Lebens auf der Erde erscheint so in neuem Licht: Es profitierte offenbar schon vor Jahrmilliarden vom magnetischen Schutzschild, der die schädliche Strahlung aus dem All abhielt und so die Entwicklung erst ermöglichte.

    Die Forschenden können die neuen Erkenntnisse zudem dazu verwenden, um die Magnetfelder von weiteren Himmelskörpern wie der Sonne oder der Planeten Jupiter und Saturn zu untersuchen.

    Unabdingbar für moderne Zivilisationen

    Das Magnetfeld der Erde schützt aber nicht nur das Leben, sondern macht auch die Satellitenkommunikation und vieles mehr in der modernen Zivilisation erst möglich. «Es ist deshalb wichtig zu verstehen, wie das Magnetfeld entsteht, sich über die Zeit verändert und welche Mechanismen es aufrechterhalten», sagt Jackson. «Wenn wir verstehen, wie das Magnetfeld generiert wird, können wir seine künftige Entwicklung vorhersagen.»

    Das Magnetfeld hat im Laufe der Erdgeschichte tausende Male seine Polarität gewechselt. In den letzten Jahrzehnten beobachteten Forschende auch eine rasche Verschiebung des magnetischen Nordpols hin zum geografischen Nordpol. Für unsere Zivilisation ist es essenziell, zu verstehen, wie sich der Magnetismus auf der Erde verändert.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Andrew Jackson, ETH Zurich, andrew.jackson@eaps.ethz.ch


    Original publication:

    Lin Y, Marti P, Jackson A, Invariance of dynamo action in an early-Earth model, Nature (2025), doi:10.1038/s41586-025-09334-y


    More information:

    https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2025/07/auch-ein-flues...


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Geosciences
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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