Im ERC-Projekt HelixMold entwickelte ein Team der TU Graz eine Methode, um artifizielle Proteine am Computer zu designen, die als maßgeschneiderte Biokatalysatoren für die Synthese von Pharmazeutika oder den Abbau von Biopolymeren gedacht sind.
„Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der man Enzyme – die Katalysatoren der Natur – für eine bestimmte Anwendung auf Knopfdruck herstellen kann“, sagt Gustav Oberdorfer, der das ERC Starting Grant Projekt HelixMold am Institut für Biochemie der TU Graz geleitet hat. Eine breit anwendbare Methode, um nicht in der Natur vorkommende Proteine mit spezifischen Eigenschaften im Computer zu designen: Das war das Ziel des Projekts. Zum Ende der Projektlaufzeit haben Gustav Oberdorfer und sein Team ihr Ziel erreicht und damit die Basis geschaffen, um in Zukunft artifizielle Proteine wesentlich schneller und genauer am Computer zu entwerfen. Diese Proteine können etwa als Biokatalysatoren mit spezifischer Aktivität dienen, beispielsweise zum Abbau von Polymeren wie Zellulose oder für die Herstellung medizinischer Wirkstoffe.
Von Bruchstücken zur Parametrisierung
„Früher hat man Bruchstücke aus bekannten Proteinen aus einer Proteindatenbank genommen und versucht, sie mit computergestützten Zufallsexperimenten – sogenannten Monte-Carlo-Simulationen – neu zusammenzusetzen, um die beste Anordnung zu finden“, erklärt Gustav Oberdorfer. „Die kleinen Bausteine sind bei verschiedenen Proteinen oft sehr ähnlich, es ist aber nicht eindeutig feststellbar, wie sie sich dann zu einem großen Ganzen falten. Aus alten Teilen etwas Neues zu bauen, war daher schwierig.“
Gustav Oberdorfers Strategie, für die er 2018 einen ERC Starting Grant erhielt, setzte auf dem parametrischen Design auf. Die Grundidee geht auf Francis Crick zurück, der bereits 1953 Berechnungen anstellte, um die Position von Atomen im Protein direkt zu berechnen. Dieses Vorgehen bringt den Forschenden wesentlich mehr Kontrolle und erlaubt es ihnen, am Computer tausende sehr ähnliche, aber doch leicht unterschiedliche, Startstrukturen zu generieren.
Das passende Gerüst für ein aktives Zentrum
Mit der im Projekt HelixMold entwickelten Methode kann das Forschungsteam am Computer für ein Protein zehntausende leicht variierte Grundgerüste erzeugen. In der Simulation untersuchen die Forschenden dann, welches der Gerüste ein aus der Natur bekanntes, aktives Zentrum geometrisch aufnehmen kann. Diese aktiven Zentren ermöglichen katalytische Reaktionen. Ist ein passendes Gerüst gefunden, wird es im Zentrum fixiert. Den Rest des Proteins formt das Team mit spezieller Simulationssoftware um das Zentrum herum. Das geschieht so lange, bis die Interaktionen einzelner Aminosäuren im Protein einem Energieminimum entsprechen.
Neben den regulären Elementen in der Proteinstruktur sind unstrukturierte Bereiche, sogenannte Loops, ein wichtiges Protein-Bauteil. Sie sind flexibel und spielen eine wichtige Rolle für die Protein-Funktion, bzw. für die Verbindung mit weiteren Strukturelementen. In der Vergangenheit verhielten sich Loops allerdings oft anders als beim Design gedacht. Daher entwickelte Projektmitarbeiter Florian Wieser eine KI, die mit tausenden experimentell ermittelten Loop-Strukturen trainiert wurde, um zu lernen, wie plausible Loops aussehen. Diese KI diente im Designprozess als Qualitätscheck, um festzustellen, ob ein Loop-Design gut ist oder nicht.
KI-Revolution veränderte Fokus
Künstliche Intelligenz spielte im Projekt letztendlich eine wesentlich größere Rolle, als zu Beginn angenommen. Die rasanten Weiterentwicklungen im Bereich Machine Learning machte sich auch das HelixMold-Team zunutze, um seine Berechnungen noch effizienter abschließen zu können. Die Grundidee blieb die Gleiche, nur ließen sich Ergebnisse schneller erreichen.
„KI-Methoden, wie etwa AlphaFold oder RosettaFoldDiffusion, haben die Protein-Strukturvorhersage und die Strukturgenerierung revolutioniert, daher war das parametrische Design zum Schluss nicht mehr ganz so zentral wie zu Beginn des Projekts“, sagt Gustav Oberdorfer. „Letztendlich haben wir aber das erreicht, was wir mit HelixMold vorhatten. Man versteht eine chemische Reaktion, findet am Computer ein Gerüst für ein aktives Zentrum und baut das Protein darum herum. Die Forschung geht jetzt also weg vom Finden und Anpassen natürlicher Proteine hin zum gezielten Design neuer Moleküle für spezielle Aufgaben. Die Prinzipien und das Wissen, die wir in HelixMold erarbeitet haben, sind ein wichtiger Grundbaustein für weitere Forschung. Jetzt planen wir bereits die nächsten Schritte.“
Gustav OBERDORFER
Ass.Prof. Mag.rer.nat. Dr.rer.nat.
TU Graz | Institut für Biochemie
Tel.: +43 316 873 6462
gustav.oberdorfer@tugraz.at
Helixform eines Proteins
Source: IBC
Copyright: IBC - TU Graz
Gustav Oberdorfer vom Institut für Biochemie der TU Graz.
Source: Helmut Lunghammer
Copyright: Lunghammer - TU Graz
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Chemistry
transregional, national
Research projects, Research results
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).