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08/07/2025 10:12

Nephrologen fordern Nationalen Nierenplan für Deutschland

Adelheid Liebendörfer Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN)

    In einer wegweisenden Resolution hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 23. Mai 2025 die chronische Nierenkrankheit (CKD) als globale Volkskrankheit anerkannt (1). Dies beinhaltet die Förderung gezielter Maßnahmen zur Prävention, Früherkennung und Versorgung von CKD. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e. V. (DGfN) und der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie e. V. (GPN) gilt es nun, die geforderten Maßnahmen in Deutschland zügig umzusetzen und damit auch ein wichtiges Signal an die eigene Bevölkerung zu senden. Deutschland braucht einen Nationalen Nierenplan, in dem die Vorhaben und Ziele festgeschrieben werden und bis wann diese erreicht werden sollen.

    CKD: weltweit 674 Millionen Betroffene – in Deutschland über 10 Prozent der Bevölkerung
    Laut der WHO gehört die CKD mit weltweit 674 Millionen Betroffenen bereits heute zu den am schnellsten wachsenden Todesursachen. Bis 2050 wird sie voraussichtlich auf Platz fünf der Todesursachen liegen. Auch in Deutschland sind Schätzungen zufolge über zehn Prozent der Bevölkerung betroffen, häufig ohne es zu bemerken, denn CKD verursacht lange Zeit keine Symptome. Die Ursachen sind meist Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas. Aber auch Umweltfaktoren wie Hitzebelastung oder Feinstaub spielen eine zunehmend wichtige Rolle.

    Hohe Gesundheitskosten durch CKD
    Die gesundheitspolitische Relevanz ist groß: Die Versorgung von CKD-Patienten verursachte in Deutschland im Jahr 2020 Gesundheitskosten in Höhe von mehr als 24 Milliarden Euro – das sind rund fünf Prozent der Gesamtausgaben (2). Bereits bei einer nur moderat eingeschränkten Nierenfunktion liegen die Gesundheitsausgaben um das 2,8-Fache höher als in der Allgemeinbevölkerung. Eine Dialysetherapie verursacht aktuell jährliche Kosten von rund 60.000 Euro pro Patient (3). „Die Kosten von CKD können durch Früherkennung und den Einsatz neuer Medikamente, die das Fortschreiten der Krankheit verzögern, reduziert werden”, betonen Prof. Dr. med. Martin Kuhlmann, Präsident der DGfN und Leiter der Klinik für Nephrologie am Vivantes Klinikum Berlin Friedrichshain, sowie Prof. Dr. med. Lutz T. Weber, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN) und Leiter der Klinischen Forschung Pädiatrische Nephrologie an der Uniklinik Köln.

    WHO-Resolution fordert frühe Diagnostik, Prävention und Ausbau der Transplantationsmedizin
    In der WHO-Resolution werden alle Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, ihre Investitionen in die Prävention, Früherkennung und frühzeitige Therapie der CKD zu verstärken, Forschungsprogramme zu fördern, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachdisziplinen auszubauen und die Bevölkerung über Risikofaktoren aufzuklären. Auch der Ausbau der Nierentransplantation als bevorzugte Behandlungsform bei Nierenversagen ist Teil der Resolution.

    Hausärztliche Versorgung als Schlüssel zur Früherkennung.
    Die meisten der Patientinnen und Patienten mit CKD können hausärztlich betreut werden. „Schreitet die CKD jedoch rasch fort, liegt die eGFR unter 30 ml/min/1,73 m² oder besteht eine eGFR unter 60 ml/min/1,73 m² zusammen mit weiteren Zeichen einer Nierenkrankheit, empfehlen wir die Überweisung an eine nephrologische Facharztpraxis“, sagt Kuhlmann. Dies gelte auch bei genetischen Störungen und Syndromen wie multiplen Zystennieren.

    Kinder bei Nierengesundheit von Anfang an mitdenken
    Auch für Säuglinge, Kinder und Jugendliche spielen die Nieren eine zentrale Rolle für die Gesundheit – nicht nur in der Kindheit selbst, sondern auch darüber hinaus. Da die Nieren eng mit weiteren Organen, etwa dem Herzen, sowie dem Stoffwechsel verknüpft sind, können Störungen sich gegenseitig beeinflussen und weitreichende negative Folgen haben. Im Gegensatz zur Erwachsenenmedizin erfolgt die ambulante Versorgung von Kindern mit Nierenkrankheiten im Wesentlichen durch spezialisierte Fachabteilungen von Kliniken. Um eine hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten, ist die Anerkennung der Kindernephrologie im Rahmen der Krankenhausreform als eigene Leistungsgruppe von großer Bedeutung. Dies ist in der dritten Stellungnahme der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung bereits berücksichtigt. Niedergelassene Kinderärztinnen und Kinderärzte spielen gleichwohl eine wichtige Rolle in der Prävention und Früherkennung. „Gerade vor dem Hintergrund zunehmender Zahlen von angeborenen und genetisch bedingten Nierenkrankheiten sowie der großen Bedeutung optimaler präventiver und die Progredienz verzögernder Maßnahmen im Kindesalter für die lebenslange Prognose nierenkranker Menschen ist die starke Verankerung der Kindernephrologie in der klinischen Versorgungslandschaft höchst bedeutsam“, sagt Lutz T. Weber.

    „Jetzt handeln – und keine wertvolle Zeit verlieren“: Nephrologen fordern Nationalen Nierenplan
    Aus Sicht der DGfN und der GPN müssen die in der Resolution geforderten Maßnahmen zügig in Angriff genommen werden. „Gerade Deutschland, das über eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme weltweit verfügt, muss dieses wichtige Zeichen für Nierengesundheit setzen“, so Kuhlmann. „Die WHO-Resolution ist ein starkes Signal, dass die CKD als eine bedeutende Volkskrankheit anerkannt wird, die wachsende Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit mit sich bringt – auch hierzulande.“ Kuhlmann appelliert an die Bundesregierung, diese wichtige internationale Entwicklung zügig durch nationales Handeln zu unterstützen. Wesentlich dabei ist auch die starke Verankerung der Kindernephrologie in der klinischen Versorgungslandschaft. „Nur so wird es gelingen, den Krankheitsverlauf bei Millionen Betroffenen zu verlangsamen, Leid zu lindern und Kosten für Arbeitsunfähigkeit, Dialyse und Transplantation zu reduzieren“, sagt Martin Kuhlmann.

    Bei Abdruck Beleg erbeten.

    **************************************

    Online-Pressekonferenz im Vorfeld der 17. Jahrestagung der DGfN
    Termin: Dienstag, 30. September 2025, 11:00 bis 12:30 Uhr
    Anmeldelink: https://register.gotowebinar.com/register/9175249060877034844


    Original publication:

    (1) WHO-Resolution WHA78: " Reducing the burden of noncommunicable diseases through promotion of kidney health and strengthening prevention and control of kidney disease", Mai 2025, https://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/EB156/B156_CONF6-en.pdf

    (2) Gandjour, A., Armsen, W., Wehmeyer, W., Multmeier, J., Tschulena, U., 2020. Costs of patients with chronic kidney disease in Germany. PLoS One 15, e0231375. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0231375

    (3) Häckl, D., Kossack, N., Schoenfelder, T., 2021. Kosten der Versorgung und Formen des dialysepflichtigen chronischen Nierenversagens in Deutschland: Vergleich der Dialyseversorgung innerhalb und außerhalb stationärer Pflegeeinrichtungen. Gesundheitswesen 2021; 83: 818–828. DOI 10.1055/a-1330-7152


    More information:

    http://www.worldkidneyday.org
    http://www.nephrologie-kongress.de/


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

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