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08/11/2025 08:10

Deutsches Reanimationsregister der DGAI: 370 Menschen pro Tag erlitten 2024 einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand

Jana Schneeberg Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und lntensivmedizin e.V.

    Nürnberg. 2024 erlitten in Deutschland schätzungsweise rund 136.000 Menschen außerhalb eines Krankenhauses einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand. Das waren durchschnittlich 370 Menschen pro Tag. Bei etwa der Hälfte – rund 67.000 Patientinnen und Patienten – begann der Rettungsdienst mit Wiederbelebungsmaßnahmen. Das zeigen die aktuellen Daten des Deutschen Reanimationsregisters, das unter Trägerschaft der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin steht und nun seinen außerklinischen Jahresbericht 2024 veröffentlicht hat.

    Für die Analyse wurden Daten von 198 Notarzt- und Rettungsdiensten aus ganz Deutschland ausgewertet, die am Register teilnehmen. Gemeinsam decken sie eine Versorgungsregion mit rund 42 Millionen Menschen ab. Innerhalb dieser Gruppe wurde eine sogenannte Referenzgruppe mit 44 Standorten gebildet, die besonders vollständig und qualitativ hochwertig dokumentieren. Die Auswertung basiert auf beiden Datensätzen und ermöglicht so zuverlässige Hochrechnungen und valide Rückschlüsse auf die Reanimationsversorgung in Deutschland.

    Erfreulich sind die Steigerungen der Ersthelfenden-Reanimationsquoten: In der Referenzgruppe stieg die Quote deutlich an - von 50,7 % im Jahr 2023 auf 55,4 % im Jahr 2024. Auch im Gesamtdatensatz gab es einen Anstieg – von 49,9 % auf 52,0 %. Dies hatte die DGAI bereits im Mai in einer Pressemitteilung bekannt gegeben.

    Erstmals belegen die Daten auch einen signifikanten Anstieg von Defibrillationen durch Ersthelfende: In zwei Prozent der Fälle erfolgte der erste Schock bereits vor Eintreffen des Rettungsdienstes – insgesamt war dies immerhin bei 529 Patientinnen und Patienten der Fall. Das Organisationskomitee des Deutschen Reanimationsregisters wertet das als klaren Hinweis auf die Wirksamkeit von Smartphone-basierten oder anderen Helfer-vor-Ort-Systemen. „Diese Entwicklung ist ermutigend und zeigt, dass die langjährigen Anstrengungen in der Bevölkerung Wirkung zeigen. Dennoch ist hier noch deutlich Luft nach oben“, sagt Prof. Dr. Matthias Fischer, Mitglied im Organisationskomitee des Deutschen Reanimationsregisters. Zudem liegt Deutschland auch hier weiterhin hinter zahlreichen europäischen Nachbarn zurück.

    Zunehmend wichtig ist auch die telefonische Anleitung zur Reanimation durch die Leitstellen. In der Referenzgruppe stieg die Quote von 33,0 im Jahr 2023 auf 40,4 Prozent im Jahr 2024. Bei der Gesamtheit der Rettungsdienste lag die Quote bei 37,3 Prozent (Vorjahr: 33,9 Prozent). „Trotz des Anstieges müssen weitere Bestrebungen zur flächendeckenden Umsetzung dieses wichtigen Elementes der Überlebenskette unternommen werden“, sagt Prof. Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Sprecher des Organisationskomitees des Deutschen Reanimationsregisters. Dies ist umso wichtiger, da der Rettungsdienst nur verzögert die erweiterten Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen kann.

    Laut den Daten des Reanimationsregisters traf der Rettungsdienst in den Referenzstandorten 2024 in 78,5 % der Fälle innerhalb von acht Minuten ein – ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Im Gesamtkollektiv liegt die Quote dagegen weiter bei nur 73,2 %. Damit wurde das bundesweite Ziel – 80 % in acht Minuten – erneut verfehlt.

    Weitere Zahlen im Überblick:

    Geschlechterverteilung: Zwei Drittel der Reanimationsfälle betrafen Männer, ein Drittel Frauen.

    Durchschnittsalter: 69,9 Jahre. Knapp 45 % der Betroffenen waren unter 70 Jahre alt und damit im erwerbsfähigen Alter. Der Anteil der über 80-Jährigen stieg weiter an und liegt inzwischen bei fast einem Drittel.

    Vorerkrankungen: 30 % hatten keine oder nur leichte Vorerkrankungen.

    Ursachen: In 55 % der Fälle war ein kardiales Ereignis (z. B. Herzinfarkt) Auslöser, in 15 % ein respiratorisches (z. B. Asthma oder Verschlucken).

    Ort des Geschehens: Rund 70 % der Reanimationen fanden im häuslichen Umfeld statt, etwa 15 % im öffentlichen Raum. Der Anteil an Reanimationen in Pflegeeinrichtungen stieg auf 12 % – ein Hinweis auf die Bedeutung medizinischer Vorausplanung und regelmäßiger Evaluation möglicher Therapielimitationen.

    Überleben: Ein Drittel der Patientinnen und Patienten erreichte das Krankenhaus mit Rückkehr des spontanen Kreislaufs (ROSC). Die Entlassungs- und damit die Überlebensrate liegt seit Jahren stabil bei knapp 11 %. Über 70 % dieser Patientinnen und Patienten wiesen eine gute neurologische Erholung auf.

    Krankenhausversorgung: Temperaturmanagement wird weniger eingesetzt

    Entscheidend für das Überleben ist auch die anschließende Versorgung – insbesondere im Krankenhaus. Eine empfohlene Maßnahme ist das sogenannte Temperaturmanagement, bei dem der Körper gezielt auf 32–34 °C gekühlt wird, um das Gehirn zu schützen. Obwohl diese Methode in den Leitlinien weiterhin empfohlen wird, wurde sie 2024 nur noch bei 17,3 % der Patientinnen und Patienten angewendet – ein Rückgang, der vermutlich auf Verunsicherung durch neue Studien zurückgeht. Dabei zeigen aktuelle Daten u.a. des Reanimationsregisters: Eine Hypothermiebehandlung kann die Überlebenschancen um bis zu 60 % verbessern.

    Internationale Fachleute empfehlen daher, die gezielte Temperaturkontrolle für mindestens 24 Stunden beizubehalten – um das Überleben mit guter Lebensqualität zu sichern.
    Auch bei anderen Aspekten der professionellen Versorgung besteht Verbesserungsbedarf: So werden die Zielvorgaben für zeitgerechte Zugänge und die Nutzung von Feedbacksystemen zur Reanimationsqualität nicht flächendeckend erreicht. Der Anteil an intraossären Zugängen (Zugang ins Knochenmark zur Medikamentengabe) liegt trotz Leitlinienempfehlungen weiterhin bei über 20 %, obwohl der intravenöse Zugang bevorzugt werden sollte.

    „Es ist ein großer Erfolg, dass immer mehr Menschen durch Ersthelfende frühzeitig Hilfe erhalten. Dennoch stagniert die Überlebensrate. Für uns bedeutet das: Wir müssen neben der Reaktion in der Bevölkerung auch die professionelle Versorgung weiterentwickeln – vom Rettungsdienst bis zur Klinik“, sagt Prof. Dr. Jan-Thorsten Gräsner. „Die aktuellen Ergebnisse liefern klare Hinweise darauf, welche Maßnahmen wirken und wo Nachsteuerung erforderlich ist. Genau hier sollte die Arbeit ansetzen. Jetzt ist der Moment, die gesamte Überlebenskette noch einmal gezielt zu stärken.“


    Original publication:

    https://www.dgai.de/aktuelles-patientinnen-projekte/pressemitteilungen/2410-aktu...


    More information:

    https://www.reanimationsregister.de


    Images

    Laut Daten des Deutschen Reanimationsregisters begann der Rettungsdienst 2024 bei rund 67.000 Patientinnen und Patienten mit plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand mit Wiederbelebungsmaßnahmen.
    Laut Daten des Deutschen Reanimationsregisters begann der Rettungsdienst 2024 bei rund 67.000 Patien ...
    Source: Mike Auerbach
    Copyright: DGAI e.V.


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Laut Daten des Deutschen Reanimationsregisters begann der Rettungsdienst 2024 bei rund 67.000 Patientinnen und Patienten mit plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand mit Wiederbelebungsmaßnahmen.


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