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08/21/2025 09:38

Inflation für alle Haushaltstypen unter Zielrate der EZB, weitere Zinssenkung im September nötig

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Neue Werte

    Inflation für alle Haushaltstypen unter Zielrate der EZB, weitere Zinssenkung im September nötig

    Die Inflationsrate in Deutschland hat im Juli erneut bei 2,0 Prozent gelegen und damit genau beim Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Von neun verschiedenen Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, hatten alle eine haushaltsspezifische Teuerungsrate unter dem Zielwert. Konkret reichte die Spannweite im Juni von 1,5 bis 1,9 Prozent, der Unterschied lag also bei geringen 0,4 Prozentpunkten, zeigt der neue Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.*

    Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 betrug die Spanne 3,1 Prozentpunkte. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen, insbesondere Familien, während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im Juli 2025 wie in den Vormonaten niedrig: Der Warenkorb von Paaren mit Kindern und niedrigen Einkommen verteuerte sich um 1,5 Prozent. Eine identische Inflationsrate hatten Alleinerziehende mit mittlerem Einkommen (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Alleinlebende mit niedrigem bzw. mittlerem Einkommen folgten mit jeweils 1,6 Prozent.

    Als einzige Haushaltstypen hatten im Juli Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen und Familien mit hohen Einkommen mit je 1,9 Prozent eine Inflation nahe beim EZB-Ziel, allerdings ebenfalls darunter. Ein wichtiger Faktor für das etwas höhere Niveau ist, dass bei diesen konsumstarken Haushaltstypen die erneut niedrigeren Energiepreise weniger stark ins Gewicht fallen als bei Haushalten mit weniger Einkommen, deren Warenkörbe stärker durch Güter des täglichen Bedarfs geprägt sind. Zudem fragen Haushalte mit höheren Einkommen stärker Dienstleistungen nach, die sich derzeit noch merklich verteuern, wie Versicherungsdienstleistungen und soziale Dienstleistungen. Allerdings nimmt der Preisauftrieb bei Dienstleistungen mittlerweile etwas ab.

    Die drei anderen untersuchten Haushaltstypen, Paarfamilien und Paare ohne Kinder mit jeweils mittleren Einkommen sowie Alleinlebende mit höheren Einkommen, verzeichneten im Juli eine Inflationsrate von je 1,7 Prozent.

    -Inflationslage im gesamten Euroraum entspannt-

    „Die Inflationslage ist in Deutschland und im Euroraum insgesamt mittlerweile entspannt“, lautet das aktuelle Fazit von Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für Geldpolitik und Autorin des Inflationsmonitors. „So nimmt der Preisauftrieb bei Dienstleistungen auch im Euroraum weiter ab, die Inflation lag den zweiten Monat in Folge bei 2,0 Prozent und sie dürfte wie auch in Deutschland im weiteren Jahresverlauf um das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent schwanken.“

    Tober hält in dieser Situation eine weitere Leitzinssenkung durch die EZB bei ihrer Sitzung im September für erforderlich. Denn gleichzeitig lahme die Wirtschaft, insbesondere weil die US-Zölle, hohe Energiepreise und die starke Aufwertung des Euro die Konjunktur belasteten, wodurch auch das Risiko einer mittelfristig sogar zu niedrigen Inflation steige. „Nach der Zinspause im Juli sollte die EZB daher den Leitzins auf der nächsten Sitzung erneut senken und damit einen Beitrag zur Stärkung der Investitionstätigkeit leisten. Dies gilt umso mehr als die Investitionsschwäche zum Teil durch die übermäßig restriktive Geldpolitik der EZB bewusst herbeigeführt wurde“, schreibt die Forscherin.

    -Lebensmittel knapp 39 Prozent teurer als im Juli 2019-

    Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der IMK Inflationsmonitor zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten) Dass aktuell alle vom IMK ausgewiesenen haushaltsspezifischen Inflationsraten leicht unter der Gesamtinflation liegen, wie sie das Statistische Bundesamt berechnet, liegt an unterschiedlichen Gewichtungen: Das IMK nutzt für seine Berechnungen weiterhin die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), während Destatis seit Anfang 2023 primär die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung heranzieht.

    Die längerfristige Betrachtung illustriert auch, dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen von der starken Teuerung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine besonders stark betroffen waren, weil Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Energie in ihrem Budget eine größere Rolle spielen als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Diese wirkten lange als die stärksten Preistreiber, zeigt der längerfristige Vergleich, den Tober in ihrem neuen Bericht ebenfalls anstellt: Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke lagen im Juli 2025 um 38,7 Prozent höher als im Juli 2019, also vor Pandemie und Ukrainekrieg. Damit war die Teuerung für diese unverzichtbaren Basisprodukte mehr als dreimal so stark wie mit der EZB-Zielinflation von kumuliert 12,6 Prozent in diesem Zeitraum vereinbar. Energie war trotz der Preisrückgänge in letzter Zeit um 35,2 Prozent teurer als sechs Jahre zuvor, darunter Haushaltsenergie um 46,3 Prozent und Kraftstoffe um 20,2 Prozent.

    -Informationen zum Inflationsmonitor-

    Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.


    Contact for scientific information:

    Dr. Silke Tober
    IMK-Expertin für Geldpolitik
    Tel.: 0211-7778-336
    E-Mail: Silke-Tober@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: 0211-7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Original publication:

    *Silke Tober: IMK Inflationsmonitor: Inflation im Juli 2025 erneut bei 2 %, harmonisierte Rate sinkt auf 1,8 %. IMK Policy Brief Nr. 195, August 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009203

    Die PM mit Abbildung (pdf): https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_08_21.pdf

    Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken: https://www.imk-boeckler.de/de/imk-inflationsmonitor-51365.htm


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Economics / business administration, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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