Zimt, Sternanis und Kardamom – dieser aromatische Dreiklang verleiht der vietnamesi-schen Nudelsuppe «Phở» ihren charakteristischen Geschmack. Die neue Ausstellung «Symphởnie der Gewürze» im Völkerkundemuseum der Universität Zürich spürt den kom-plexen historischen und aktuellen Verflechtungen dieser Gewürze nach – vom lokalen An-bau bis zum globalen Absatz.
Die Geschichte des Zimtdöschens in unserem Küchenschrank reicht weit zurück: Gewürze galten als die ersten globalen Handelswaren und befeuerten die europäischen Kolonialbestrebungen. Heute sind sie erschwingliche Konsumgüter, die weltweit in Supermärkten zu finden sind. In der neuen Ausstellung «Symphởnie der Gewürze» des Völkerkundemuseums der Universität Zürich begeben sich Besucher:innen auf die Spuren von Sternanis, Zimt und Kardamom aus Nordviet-nam. Sie lernen die zentralen Stationen des komplexen globalen Gewürzhandels in Vergangen-heit und Gegenwart kennen.
Vom Hochland in die Weltmärkte
Zimt, Sternanis und Kardamom wachsen vor allem im gebirgigen Norden Vietnams, wo ethnische Minderheiten wie die «Hmong», «Nùng», «Tày» und «Yao» vom Anbau dieser Gewürze leben. Die vietnamesische Regierung fördert ihre Kultivierung gezielt, um die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen voranzutreiben und Armut zu bekämpfen. Bei der Vermarktung wird zudem die ethnische Zugehörigkeit der Produzenten betont, um die Gewürze als authentische Regionalpro-dukte attraktiver zu machen. Die wichtigsten Abnehmer vietnamesischer Gewürze sind heute die USA und China, Europa holt jedoch zunehmend auf.
Die Ausstellung veranschaulicht anhand von Filmen und Objekten die lokale Landwirtschaft: Wie sehen Zimt, Sternanis und Kardamom aus? Welche Werkzeuge nutzen die Landwirt:innen? Wel-che Herausforderungen meistern sie? Auch die ökologischen Auswirkungen des Gewürzeanbaus werden thematisiert. So kann dieser zwar zur Wiederaufforstung beitragen – etwa indem Bäume für den Zimtanbau kultiviert werden, deren Rinde später das Gewürz liefert. Gleichzeitig führen die grossflächigen Monokulturen zu Bodenerosion und zum Verlust von Biodiversität.
Unbestrittenes Nationalgericht
In der vietnamesischen Küche spielen Gewürze eine entscheidende Rolle. Zimt, Sternanis und Kardamom sind bei der Zubereitung der traditionellen Nudelsuppe «Phở» zentral: Erst werden die Gewürze angeröstet, um danach stundenlang mit Rinderknochen zu köcheln – so entfaltet sich das Aroma. Vor dem Servieren werden Reisnudeln und frische Kräuter beigefügt. Ein nach-gebildeter Phở-Imbissstand in der Ausstellung vermittelt einen Eindruck der Allgegenwart der Nudelsuppe, die zu jeder Tageszeit gegessen wird und als unbestrittenes Nationalgericht gilt.
In Europa fanden die importierten Gewürze ebenfalls Eingang in viele «traditionelle» Rezepte. Aus Weihnachtsgebäck wie Lebkuchen, Zimtsternen oder Brunsli sind sie nicht wegzudenken. Bei Glühweinrezepten spielen Zimt und Sternanis die Hauptrolle – wie bei der Phở. Liköre erhal-ten ihre herbe Würze ebenfalls oft von Sternanis. Auch viele Kosmetika und Raumdüfte bedienen sich des Repertoires der «exotischen» Zutaten.
Riechen, Schmecken und Erinnern
Das Aroma einer Phở oder der Geruch von Gebäck weckt bei den Menschen, die damit aufge-wachsen sind, unwillkürlich Erinnerungen und Emotionen. Auch diese sinnliche Dimension greift die Ausstellung auf: In einem Film berichten Angehörige der vietnamesischen Diaspora in der Schweiz vom Stellenwert des Kochens und Essens in ihrem Alltag und davon, welche Gefühle die Düfte traditioneller Gerichte in ihnen auslösen. Auch Besucher:innen mit Schweizer Sozialisie-rung werden auf sinnliche Weise angesprochen – etwa durch die Riechproben der Duftstation.
Medizinisches Potential
Interessierte erfahren auch, dass viele Gewürze über gesundheitsfördernde Eigenschaften ver-fügen. Sie werden sowohl in der traditionellen vietnamesischen Medizin, «đông y» oder «östliche Medizin» genannt, als auch in der westlichen Schulmedizin verwendet. Zimt wird in der vietname-sischen Medizin zur Stabilisierung des Blutzuckers, Kardamom bei Magenentzündungen und Sternanisöl bei Erkältungen eingesetzt. Auch das Medikament Tamiflu, das in den 2000-er Jah-ren bei der Schweine- und später der Vogelgrippe verabreicht wurde, enthielt Sternanis. Inzwi-schen beinhaltet das Grippemedikament einen synthetisierten Wirkstoff.
Kasten
Kollaborative Forschung und studentische Beteiligung
Die Ausstellung beruht auf einer kollaborativen Langzeitforschung von Annuska Derks, Professo-rin für Ethnologie an der Universität Zürich und bis Ende Juli 2025 Direktorin ad interim des Völ-kerkundemuseums UZH, sowie Prof. Dr. Sarah Turner von der kanadischen McGill University. Be-teiligt war zudem Prof. Derks Doktorandin Nguyễn Hà Phương und die vietnamesische Forscherin Ngô Thúy Hạnh. An der Realisierung der Ausstellung mitgearbeitet haben Studierende im Rah-men einer Lehrveranstaltung im Frühlingssemester 2025.
«Symphởnie der Gewürze – Aus Vietnam in die Welt»
Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Pelikanstr. 40, 8001 Zürich
29. August 2025 bis 13. September 2026
Di, Mi, Fr 10–17, Do 10–19, Sa 14–17, So 11–17 Uhr
Am Do, 28. August, 18 Uhr Eröffnung der Ausstellung am Völkerkundemuseum UZH
musethno.uzh.ch/de/vietnam
Kontakt
Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Prof. Dr. Annuska Derks, Kuratorin
+41 44 634 61 97
annuska.derks@uzh.ch
Media Relations
Universität Zürich
+41 44 634 44 67
mediarelations@kommunikation.uzh.ch
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