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09/08/2025 14:27

Neue Mesokosmen-Studie auf Gran Canaria: Forschende untersuchen Alkalinisierung mit Gesteinsmehl und gelöster Substanz

Ilka Thomsen Kommunikation und Medien
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

    Mit einem Experiment in abgeschlossenen Meeresbehältern vor Gran Canaria untersuchen internationale Forschende unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel in den kommenden Wochen, wie sich verschiedene Verfahren der Ozean-Alkalinisierung auf das marine Ökosystem auswirken. In so genannten Mesokosmen lassen sich natürliche Ökosysteme unter kontrollierten Bedingungen beobachten wie in überdimensionierten Reagenzgläsern. Erstmals werden bei der jetzigen Studie zwei Ansätze systematisch miteinander verglichen: die Zugabe von bereits gelösten Mineralien und die Einbringung von fein gemahlenem Gestein ins Meerwasser.

    Die Alkalinität im Ozean durch die Nachahmung natürlicher Gesteinsverwitterung zu erhöhen, könnte das Meer dabei unterstützen, noch mehr CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen und gleichzeitig die Versauerung abpuffern. Dieses Verfahren heißt Ocean Alkalinity Enhancement (OAE). Es zählt zu den ozeanbasierten Verfahren der CO2-Entnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR). Solche Ansätze können die dringend notwendige schnelle Reduktion von Treibhausgasemissionen nicht ersetzen, werden aber als Möglichkeit diskutiert, unvermeidbare Restemissionen auszugleichen. Bei der Ozean-Alkalinisierung werden dem Meerwasser Mineralien wie Silikat oder Kalk zugesetzt, wodurch es basischer wird. Eine zentrale Frage der Forschung dabei: Wie reagieren die Lebewesen im Ozean auf solche Eingriffe in die Meereschemie?

    Um das zu untersuchen, startet jetzt vor Gran Canaria ein Freiland-Experiment in abgeschlossenen Meeresbehältern unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Ulf Riebesell, Professor für Biologische Ozeanographie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, und vor Ort geleitet durch Meeres-Biogeochemiker Dr. Kai Schulz, Gastwissenschaftler der Southern Cross University (Australien). Dabei werden erstmals zwei Ansätze systematisch verglichen: die Zugabe von bereits gelösten Mineralien und die Einbringung von fein gemahlenem Gestein ins Meerwasser. Mit dem Ausbringen der Mesokosmen beginnt heute der Aufbau des Experiments.

    Natürliche und beschleunigte Gesteinsverwitterung

    Langfristig bindet die Natur Kohlendioxid durch die Verwitterung von Gestein: Mineralien werden über Flüsse ins Meer eingetragen, wo sie CO2 chemisch in gelöster Form speichern. Doch dieser natürliche Prozess dauert Jahrtausende – zu langsam, um den menschengemachten Klimawandel in den kommenden Jahrzehnten spürbar abzumildern. Deshalb erproben Forschende weltweit, ob sich dieser Prozess technisch beschleunigen lässt. Neben einer potenziellen langfristigen Speicherung von CO2 könnte die Ozean-Alkalinisierung auch einen positiven Nebeneffekt haben: Sie wirkt der zunehmenden Versauerung des Meerwassers entgegen, die durch die Aufnahme von großen Teilen der CO2-Emissionen verursacht wird.

    Mesokosmen als Freiland-Labor

    Für das Experiment auf Gran Canaria setzen die Forschenden die sogenannten Kieler Mesokosmen ein – 3,5 Meter lange Kunststoffschläuche, in denen natürliche Lebensgemeinschaften unter kontrollierten Bedingungen beobachtet werden können. Die insgesamt zwölf Mesokosmen werden derzeit aufgebaut und mit Meerwasser befüllt. Der entscheidende Eingriff erfolgt dann am 19. und 20. September, wenn die Zugabe von Mineralien beginnt. Ziel ist es, die Wirkung von gelöster Alkalinität versus Gesteinsmehl auf das Ökosystem zu vergleichen.

    Vergleichende Experimente im Norden und im Süden

    Das aktuelle Experiment knüpft an eine Serie von Freilandstudien zu Ocean Alkalinity Enhancement (OAE) an, die 2021 auf Gran Canaria, 2022 vor Bergen (Norwegen), 2023 auf Helgoland und im vergangenen Jahr in der Kieler Förde durchgeführt wurden. Bei dieser letzten Studie wurde erstmals Gesteinsmehl statt zuvor gelöster Mineralien verwendet. Dabei zeigten sich unter bestimmten Bedingungen, insbesondere bei stark erhöhten Konzentrationen, deutlich stärkere Effekte auf das Zooplankton. Offen ist bislang, ob diese Unterschiede auf die noch nicht vollständig gelösten Partikel zurückzuführen sind, die in den ersten Stunden bis Tagen direkten Einfluss auf Organismen nehmen könnten.

    Kai Schulz: „Mit diesem Experiment wollen wir herausfinden, ob es die Partikel selbst sind, die eine zusätzliche Wirkung auf das Ökosystem entfalten – oder ob die beobachteten Effekte allein auf die erhöhte Alkalinität des Wassers zurückzuführen sind.“ Der wissenschaftliche Leiter Prof. Dr. Ulf Riebesell erklärt, warum das wichtig ist: „Effekte im Zooplankton würden sich auch auf Tiere weiter oben in der Nahrungskette auswirken. Nur wenn wir diese Mechanismen genau verstehen, können wir das Potenzial und die möglichen Risiken der Ozean-Alkalinisierung realistisch einschätzen.“


    More information:

    https://www.geomar.de/news/article/neue-mesokosmen-studie-auf-gran-canaria Bilder zum Download
    https://storymaps.arcgis.com/stories/2a51d96684cc42169a82a8da8a7f0b2b
    https://www.geomar.de/fb2-bi/biogeochemische-prozesse Biogeochemische Prozesse - Forschung am GEOMAR


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    Mesokosmen heißen die abgeschlossenen Meeresbehälter, in denen internationale Forschende jetzt vor Gran Canaria untersuchen, wie sich verschiedene Verfahren der Ozean-Alkalinisierung auf das marine Ökosystem auswirken.
    Mesokosmen heißen die abgeschlossenen Meeresbehälter, in denen internationale Forschende jetzt vor G ...
    Source: Michael Sswat, GEOMAR
    Copyright: Michael Sswat, GEOMAR


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Mesokosmen heißen die abgeschlossenen Meeresbehälter, in denen internationale Forschende jetzt vor Gran Canaria untersuchen, wie sich verschiedene Verfahren der Ozean-Alkalinisierung auf das marine Ökosystem auswirken.


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