Damit wissenschaftliche Erkenntnisse zu echten Innovationen werden, braucht es Motivation für Forschungstransfer – und zwar in Wissenschaft wie in Verwaltung. Wie sich diese Motivation nachhaltig im Forschungsalltag verankern lässt, hat ein Team des Fraunhofer ISI (Institutsteil Leipzig) in den vergangenen drei Jahren mit dem Fraunhofer IIS und Fraunhofer IISB untersucht. Ergebnis ist ein Praxisguide für Transferbeauftragte mit fünf praxiserprobten Anreizen. Heute wurden Publikation und Projektergebnisse in Erlangen vorgestellt.
Klassische Formen des Wissens- und Technologietransfers, zum Beispiel ein Patent, können aufwändig oder kostspielig sein. Sie wirken nur, wenn sie zu den Rollen und Bedürfnissen vor Ort passen. Fehlen passende Strukturen oder widersprechen Anreize anderen Steuerungslogiken, bleibt das Potenzial von Forschungsergebnissen ungenutzt. Dann landet ein Patent beispielsweise in der Schublade – nicht aus Desinteresse, sondern weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen.
Im Projekt TRANSENTIVE interviewten Leipziger Forschende des Fraunhofer ISI Praxispartner:innen am Fraunhofer IIS und Fraunhofer IISB, sammelten Erfahrungswerte bei Forschenden und entwickelten gemeinsam konkrete Maßnahmen. Die wichtigste Erkenntnis: Eine lebendige Transferkultur entsteht nicht durch Vorgaben allein. Transferanreize müssen zur vorhandenen Realität in einer Forschungsorganisation passen, die unterschiedlichen Rollen und Bedürfnisse von Menschen berücksichtigen – und die Organisationskultur aktiv einbeziehen. Verhaltensökonomische Ansätze wie Nudging, also ein sanfter »Stups« in die richtige Richtung, oder Gamification können zusätzliche Motivation schaffen, ohne zu bevormunden.
»Transfer gelingt dann, wenn er Teil der Unternehmenskultur wird. Mit klugen Anreizen schaffen wir diesen Kulturwandel. Unser Praxisguide liefert hierfür klare wissenschaftliche und praxisnahe Impulse,« betont Dr. Anna Wachsmuth-Pohle, Hauptautorin der Studie und Gruppenleiterin Innovationspolitik und Transferdesign am Fraunhofer ISI.
Fünf neue praxisnahe Anreize für den Forschungsalltag
Entwickelt und pilotiert wurden fünf praxisnahe Anreize für den Forschungsalltag. So machen Tiny Compliments mit minimalem Aufwand Technologietransfer sichtbar und verstärken positives Verhalten durch Loben, was nicht nur die Motivation stärkt, sondern auch das Miteinander im Team fördert. Crowdcontests, also kollegiale Ideenwettbewerbe, bringen zum Beispiel liegengebliebene Forschungsvorhaben wieder ans Licht, schaffen Aufmerksamkeit und ermöglichen frühes Feedback zur Weiterentwicklung von Ideen. »Bei uns haben die Crowdcontests gezeigt, wie Mechanismen der Startup-Szene auch in Forschungseinrichtungen erfolgreich eingesetzt werden können,« erläutert Praxispartner Florian Mark, verantwortlich für Transfer- und Verwertungsstrategien in der Abteilung Strategisches Marketing am Fraunhofer IISB. »Die Contests boten unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit, Einfluss auf die Projekte des Instituts zu nehmen,« so Mark. Transfer Awards setzen auf die Anerkennung von Transfer als Teamleistung und geben einem oft unsichtbaren Engagement eine Bühne – mit hoher Symbolkraft für die gesamte Organisation. Über Transfer-Onboarding können neue Mitarbeitende schon zu Beginn für Transferaufgaben sensibilisiert und befähigt werden, etwa durch spezielle Schulungen oder Infopakete. Schließlich bieten Entrepreneurship-Stellen die Möglichkeit, Transferambitionen jenseits klassischer Karrierewege strukturell zu verankern. Frank Nachtrab, ebenfalls Praxispartner im Projekt und am Fraunhofer IIS Business Developer im Bereich Kommunikationssysteme, ergänzt: »Wir haben im Projekt gesehen, dass Maßnahmen zur Steigerung der Verwertung dann funktionieren, wenn sie auf die echten Motivatoren der Mitarbeitenden einzahlen. Das sind bei unseren Forschenden vor allem das Erleben von Sinnhaftigkeit und der Wunsch, einen echten Beitrag zu gesellschaftlichen Herausforderungen zu leisten.«
Praxisguide: Tipps für eine lebendige Transferkultur
Der Praxisguide bündelt neben den Anreizen auch konkrete Tipps für Transferbeauftragte. Niedrigschwellige Formate wie Lobkarten, Feedback-Sessions oder digitale Vorlagen für Komplimente helfen dabei, dass Wertschätzung und gutes Loben zur Routine werden. Gleichzeitig könnten Forschungseinrichtungen bei Neueinstellungen gezielt Transferpotenziale berücksichtigen und in Stellenausschreibungen darauf hinweisen, dass ein Interesse an Technologietransfer, Verwertung oder Kooperationen ausdrücklich erwünscht ist. So wird Transfer von Beginn an als selbstverständlicher Teil guter Forschungspraxis verankert. Die Publikation mit allen Tipps und Empfehlungen für Transferbeauftragte steht ab sofort als Online-Publikation kostenfrei zur Verfügung. Über den Fraunhofer-Verlag kann sie außerdem als gedrucktes Handbuch kostenpflichtig erworben werden.
Hintergrund
Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) von März 2022 bis September 2025 geförderte Projekt Akteursorientierte Transferanreize in Forschungseinrichtungen (TRANSENTIVE) wurde vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Kooperation mit Praxispartnern am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS und Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB durchgeführt. Bei der heutigen Abschlussveranstaltung in Erlangen wurden die Forschungsergebnisse, der Praxisguide und die Anreizformate vorgestellt.
Medienkontakt:
Anne-Catherine Jung & Dr. Jacob Leidenberger
Leitung Presse und Kommunikation
Telefon +49 721 6809-100
E-Mail: presse@isi.fraunhofer.de
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.
Dr. Anna Wachsmuth-Pohle
Leiterin der Gruppe Innovationspolitik und Transferdesign
Abteilung Wissens- und Technologietransfer
Telefon: +49 341 231039-134
E-Mail: anna.wachsmuth-pohle@isi.fraunhofer.de
https://publica.fraunhofer.de/entities/publication/3884e1cb-a2ae-4919-bf1f-e231c...
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Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration, Psychology
transregional, national
Research results, Transfer of Science or Research
German
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