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10/06/2025 13:44

Positionierung des AFT: Für eine Kultur der Verantwortung und Prävention – Machtmissbrauch an Universitäten

Sarah Sophie Pohl Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Allgemeiner Fakultätentag

    In seinem Positionspapier fordert der Allgemeine Fakultätentag (AFT) eine Kultur der Verantwortung und Prävention gegen Machtmissbrauch an Universitäten. Machtgefälle begünstigen Übergriffe, die oft ungemeldet bleiben.
    Der AFT fordert den Aufbau unabhängiger und vertrauenswürdiger Ombudsstellen. Gleichzeitig sollen Prävention, Schulungen und Sensibilisierung an den Universitäten gestärkt werden, um Machtmissbrauch frühzeitig zu verhindern, ohne ein Klima des Generalverdachts zu schaffen. Dafür müssen Universitäten eigene transparente und verantwortungsvolle Strukturen entwickeln, die auf Beteiligung und Vertrauen statt auf pauschale gesetzliche Vorgaben setzen.

    Strukturelle Machtgefälle können auch an Universitäten zu Machtmissbrauch – z. B. in Form von sexualisierter Gewalt oder Verstößen gegen gute wissenschaftliche Praxis (DFG, 2024) – führen, das durch hierarchische, abhängigkeitsgeprägte Arbeitsverhältnisse und unterschiedliche Diskriminierungsformen begünstigt wird (VHD, 2025). Machtmissbrauch kann alle Beschäftigten an Universitäten betreffen, jedoch ist das Machtgefälle zwischen befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitenden (z. B. auf Qualifikationsstellen) und ihren Vorgesetzten aufgrund von Mehrfachabhängigkeiten (Vorgesetzte sind zugleich Personalverantwortliche, wissenschaftliche Kooperationspartner und Gutachtende der wissenschaftlichen Arbeiten) oft besonders stark ausgeprägt.

    Empirische Untersuchungen belegen, dass Machtmissbrauchsformen, z. B. Sexismus, sexualisierte Gewalt, Rassismus, Klassismus, Ableismus, häufiger vorkommen als öffentlich bekannt ist (Elson et al., 2021; Hoebel et al., 2022; Lipinsky & Schredl, 2023). Viele Fälle bleiben im Dunkeln, weil Betroffene sie aus Sorge um ihre Karriere oder aus Misstrauen gegenüber bestehenden Strukturen nicht offiziell melden (Elson et al., 2021; Hoebel et al., 2022). Kommt es zu Machtmissbrauch, stehen die Universitäten in der Pflicht, sowohl den Betroffenen effektiv zu helfen als auch die Rechte aller Beteiligten, einschließlich der Beschuldigten, zu schützen.

    Der Allgemeine Fakultätentag steht für eine Universitätskultur, die offen, unterstützend und verant-wortungsbewusst ist und Machtmissbrauch aktiv entgegentritt. Strukturen und Maßnahmen sollen gefestigt bzw. weiterentwickelt werden, um Risiken frühzeitig zu erkennen und eine Kultur der Acht-samkeit sowie des gegenseitigen Respekts zu fördern. Hierbei ist entscheidend, dass alle Betroffe-nen der Unabhängigkeit und Professionalität der Ombuds- und Beratungsstellen vertrauen können. Jeder Fall muss vertraulich und mit gebotener Sorgfalt behandelt werden. Solche Strukturen sollen die Bereitschaft stärken, Fehlverhalten zu melden – allerdings ohne ein Klima des Generalver-dachts zu erzeugen. Bei unbegründeten Vorwürfen müssen Maßnahmen zur Rehabilitierung der Beschuldigten ergriffen werden.

    Empfehlungen für Maßnahmen: Prävention soll als Leitprinzip gefördert werden, durch Maßnahmen zur Sensibilisierung für Machtmissbrauch und durch die Förderung einer Kultur der Achtsamkeit und Offenheit in den Arbeitsgruppen und Fakultäten. Sinnvoll sind auch bedarfsgerechte Schu-lungen für Betreuende und Betreute, insbesondere für neue Führungskräfte. Alle Hochschulmitglie-der sollten in die Lage versetzt werden, riskante Situationen zu erkennen und als Machtmiss-brauch, Diskriminierung bzw. sexualisierte Gewalt einzuordnen (Dill et al. 2024). Die Verantwortung für Prävention und die Förderung einer Kultur der Achtsamkeit liegt in erster Linie bei den Fakultäten und ihren Mitgliedern. Für die Aufarbeitung und Beratung der Betroffenen braucht es insbesondere fachübergreifende, professionell ausgestattete und unabhängige Ombudsstellen auf Universitäts- und Landesebene.

    Betroffene wünschen sich häufig Beratung und Unterstützung, nicht jedoch eine juristische Verfol-gung. Die Ombudsgremien benötigen hierfür auf Universitätsebene speziell qualifiziertes, dauerhaf-tes Personal, welches mit verschiedenen Formen von Diskriminierung vertraut ist und über psy-chologische und juristische Expertise in dem Themenbereich verfügt. Universitätsübergreifende oder landesweite Ombudsgremien sind besonders dann wichtig, wenn in einem Fall eine Verflech-tung mit der Universitätsleitung vermutet wird oder die Unabhängigkeit der universitären Strukturen in Zweifel steht. Des Weiteren sollten sie Beschwerdefälle zentral erfassen, um mehr Transparenz über Machtmissbrauch und dessen Bewältigung zu schaffen.

    Der Austausch bewährter Verfahren zwischen den Ombudsstellen der verschiedenen Universitä-ten ist ebenfalls von Bedeutung. Es ist wichtig, geschützte Meldewege zu entwickeln, die auch ano-nyme Erstkontakte ermöglichen. Dies soll dazu beitragen, dass Betroffene, Zeugen und Zeuginnen keine Nachteile befürchten müssen und mehr Fälle gemeldet werden. Inwiefern Meldungen zu for-mellen Verfahren führen, wird in Absprache mit den betroffenen Personen entschieden. Besonders wichtig sind diversitätssensible psychosoziale und juristische Beratung, Mediation und Karriereun-terstützung. Eine sorgfältige Prüfung von Vorwürfen durch professionelle Ombudsgremien ist auch unabdingbar, um Missbrauch des Systems zu verhindern.

    Auch die Organisations- und Betreuungsstrukturen an den Universitäten können Machtmissbrauch begünstigen. Der Allgemeine Fakultätentag sieht pauschale gesetzliche Eingriffe in diese jedoch mit großer Skepsis. Sie können den Verwaltungsaufwand weiter erhöhen, ohne den eigentlichen Risi-ken von Machtmissbrauch wirksam zu begegnen, die oft in informellen und schwer fassbaren Be-reichen entstehen. Solche Maßnahmen sind selten geeignet, die vielgestaltigen fachlichen und kul-turellen Kontexte an Universitäten angemessen zu berücksichtigen, und können die Qualität und Eigenverantwortung wissenschaftlicher Arbeit beeinträchtigen. Präventionsbemühungen müssen die gesamte Hochschulcommunity in die Bewusstseinsbildung und die Prävention einbeziehen (Dill et al. 2024). Nachhaltige Prävention gelingt am besten, wenn Strukturen gemeinsam mit den be-troffenen Statusgruppen weiterentwickelt werden und auf Transparenz, Beteiligung und Verantwor-tung ausgerichtet sind. Die Fakultäten sind ausdrücklich gefordert, diesen Prozess aktiv zu gestal-ten. Die Präsidien und Rektorate sind gefordert, diesen Prozess aktiv zu begleiten und die dafür auf Fakultäts- und Universitätsebene notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Ralf Meyer


    Original publication:

    https://allgemeiner-fakultaetentag.de/2025/10/06/positionspapier-des-allgemeinen...


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    interdisciplinary
    transregional, national
    Science policy, Studies and teaching
    German


     

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