idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
10/09/2025 11:18

Transparente Künstliche Intelligenz verbessert Bewertung der Aggressivität von Prostatakrebs

Dr. Sibylle Kohlstädt Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum

    Die Einschätzung der Aggressivität von Prostatakrebs erfolgt bislang vor allem durch das sogenannte Gleason-Grading – eine Analyse des Krebsgewebes im Pathologie-Labor, die mit hoher Subjektivität verbunden ist. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hat nun ein neuartiges, erklärbares KI-Modell entwickelt, das die Diagnostik von Prostatakarzinomen transparenter und weniger fehleranfällig machen soll.

    „Bisherige KI-Modelle können zwar Vorhersagen zur Gleason-Bewertung treffen, liefern aber oft keine verständliche Begründung, was die klinische Akzeptanz einschränkt“, erklärt Titus Brinker vom DKFZ. Das neu entwickelte System verzichtet auf nachträgliche Erklärungsansätze und basiert direkt auf Beschreibungen der Pathologie. Dazu wurden 1.015 Gewebeproben von internationalen Expertinnen und Experten mit detaillierten Mustererklärungen versehen („annotiert“).

    Die Studie, an der 54 Pathologinnen und Pathologen aus zehn Ländern beteiligt waren, stellt eine der umfangreichsten Sammlungen an erklärungsbasierten Gewebeannotationen vor. Als Ergebnis stellt das Heidelberger Team mit „GleasonXAI“ eine KI vor, die interpretierbare Entscheidungen bietet – ähnlich wie ein Pathologe sie liefern würde.

    Durch die Nutzung sogenannter „Soft Labels“, die die Unsicherheiten zwischen einzelnen Pathologen-Bewertungen abbilden, konnte die KI trotz hoher Variabilität reproduzierbare Ergebnisse erzielen. Im direkten Vergleich mit konventionellen Modellen erreichte GleasonXAI eine gleichwertige oder bessere Genauigkeit – bei gleichzeitig erhöhter Transparenz.

    KI spricht Pathologen-Sprache

    An der Studie waren Pathologinnen und Pathologen unter anderem aus Deutschland, den USA, Kanada und der Schweiz beteiligt. Die Experten brachten dabei im Median 15 Jahre klinische Erfahrung in das Projekt ein. Neben der Modellentwicklung veröffentlicht das Team auch den bislang größten frei verfügbaren Datensatz mit erklärungsbasierten Annotationen für Gleason-Muster, um die Forschung an erklärbarer KI weiter voranzutreiben.

    „Wir haben erstmals ein KI-System entwickelt, das die charakteristischen Gewebemerkmale der Gleason-Muster erkennt und sich ähnlich wie ein Pathologe erklärt“, sagt Gesa Mittmann, Koautorin der Studie. „Das soll Vertrauen und Akzeptanz in die KI im klinischen Alltag steigern.“

    Potenzial für die Klinik

    Die Ergebnisse zeigen, dass erklärbare KI ohne Leistungseinbußen praxisnah umgesetzt werden kann. Dies könnte den Einsatz in der Routinepathologie beschleunigen – hochrelevant gerade in Zeiten steigender Krebszahlen und sinkender Facharztkapazitäten.

    Darüber hinaus unterstützt das Modell auch die Ausbildung: „Die erklärbaren Segmentierungen können besonders Nachwuchs-Pathologinnen und -Pathologen helfen, typische Muster zu verstehen und schneller sichere Diagnosen zu stellen“, betont Brinker.

    Publikation:
    G. Mittmann, S. Laiouar-Pedari, H. A. Mehrtens et al. Pathologist-like explainable AI for interpretable Gleason grading in prostate cancer. Nature Communications 2025, DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-64712-4

    Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

    Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

    Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
    Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
    Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
    Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
    DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
    Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

    Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

    Ansprechpartner für die Presse:

    Dr. Sibylle Kohlstädt
    Pressesprecherin
    Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Krebsforschungszentrum
    Im Neuenheimer Feld 280
    69120 Heidelberg
    T: +49 6221 42 2843
    E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
    E-Mail: presse@dkfz.de
    www.dkfz.de


    Original publication:

    G. Mittmann, S. Laiouar-Pedari, H. A. Mehrtens et al. Pathologist-like explainable AI for interpretable Gleason grading in prostate cancer. Nature Communications 2025, DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-64712-4


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).