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10/09/2025 20:01

Erhebliche Defizite bei Wald- und Klimaschutzprogramm REDD+

Dr. Volker Hahn Medien und Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig

    Neue Science-Studie zeigt: Nur eines von fünf Projekten erzielt behauptete Wirkung.

    REDD+ ist ein Programm, bei dem Länder Geld dafür bekommen, dass sie ihre Wälder erhalten und damit das Klima schützen; die Verrechnung erfolgt über CO2-Gutschriften. Ein internationales Forschungsteam – größtenteils mit Hauptsitz am Guangdong Laboratory of Artificial Intelligence and Digital Economy (SZ) in China und Beteiligung von Prof. Dr. Jonathan Chase vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) – analysierte 52 REDD+-Initiativen mit insgesamt 66 Projektkomponenten. Das Ergebnis: Nur eine Minderheit der Projekte konnte tatsächlich nennenswerte Erfolge bei der Eindämmung der Entwaldung vorweisen. Lediglich 19 % erreichten ihre angegebenen Emissionsziele.

    Wie wurde die Wirkung von REDD+ gemessen?

    Die Forschenden nutzten sogenannte „synthetische Kontrollmethoden“, um die tatsächliche Entwicklung in Projektgebieten mit hypothetischen Szenarien ohne Schutzmaßnahmen zu vergleichen. Diese Gegenüberstellung basiert auf ähnlichen Regionen in 14 tropischen Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Südostasiens, die vergleichbare Umwelt- und Sozialbedingungen aufweisen, jedoch keine REDD+-Projekte implementiert haben.

    So konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler abschätzen, ob REDD+-Maßnahmen tatsächlich zur Verringerung der Entwaldung beigetragen haben – und ob die ausgestellten CO2-Gutschriften auf realen Klimanutzen beruhen.
    „Unsere Analyse zeigt, dass das Problem echt ist – aber nicht unlösbar“, sagt Mitautor Prof. Dr. Jonathan Chase, Leiter der Forschungsgruppe Biodiversitätssynthese bei iDiv und der MLU. „Durch transparente Vergleichsgrundlagen lässt sich erkennen, welche Projekte wirklich etwas bewirken.“

    Teilweise Erfolge, aber auch massive Überbewertungen

    Etwa ein Drittel der Projektkomponenten (32 %) zeigte deutlich geringere Entwaldung als erwartet – insbesondere einige Projekte in Brasilien schnitten positiv ab. Gleichzeitig verzeichneten fast 20 % der Einheiten (11 von 66) sogar mehr Waldverlust als ihre Vergleichsflächen. In rund 35 % der Initiativen lagen die angegebenen Ausgangswerte für Entwaldung deutlich über den tatsächlichen Daten. Besonders auffällig: In Kolumbien wurde das Risiko der Entwaldung teils um das Zehnfache überschätzt – ein klares Indiz für übermäßige CO2-Gutschriften.

    Das Team untersuchte 48 Projekte mit öffentlich zugänglichen Daten zu ausgestellten Gutschriften. Bis Ende 2022 wurden rund 228 Millionen CO2-Gutschriften vergeben, von denen 127 Millionen bereits zur Kompensation von Emissionen genutzt wurden. Doch nur etwa 35 Millionen dieser Gutschriften basieren laut Studie auf tatsächlich vermiedener Entwaldung – das entspricht lediglich rund 13,2 % der handelbaren Gutschriften.
    „Der Markt braucht Gutschriften, die halten, was sie versprechen“, betont Chase. „Wir schätzen, dass derzeit nur etwa jede achte Gutschrift echten Klimanutzen bringt. Mit besseren Ausgangsdaten, unabhängiger Bewertung und vielfältigen Projektportfolios lässt sich das Vertrauen wiederherstellen.“

    REDD+ neu denken – statt abschaffen

    Trotz der Kritik sieht das Forschungsteam in REDD+ weiterhin ein vielversprechendes Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Immerhin zeigten auch unterdurchschnittliche Projekte teilweise positive Effekte. Entscheidend sei, dass die REDD+-Maßnahmen sorgfältig umgesetzt und wissenschaftlich fundiert bewertet werden. Ziel sei es nicht, REDD+ aufzugeben, sondern es so zu verbessern, dass jede ausgestellte CO2-Gutschrift einen echten Klimabeitrag leistet.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Jonathan Chase
    Leiter der Forschungsgruppe Biodiversitätssynthese
    Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
    Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
    Telefon: +49 341 9733120
    E-Mail: jonathan.chase@idiv.de

    Christine Coester
    Medien und Kommunikation
    Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
    Telefon: +49 341 9733197
    E-Mail: christine.coester@idiv.de


    Original publication:

    Tang Y., Yang C., Wu H., Xu Z., Tan L., Tu W., Li B., Li Z., Wang Z., Guo K., Xiong S., Chen S., Zhang B., Tian J., Hu Y., Chen Z., Chase J.M., Li Q. (2025). Tropical forest carbon offsets deliver partial gains amid persistent over-crediting, Science. DOI: 10.1126/science.adw4094


    More information:

    http://dx.doi.org/10.1126/science.adw4094
    https://www.idiv.de/de/erhebliche-defizite-bei-wald-klimaschutzprogramm-redd/


    Images

    Nur 19 % der REDD+-Projekte erzielten laut Studie eine messbare Wirkung beim Schutz der Wälder und des Klimas.
    Nur 19 % der REDD+-Projekte erzielten laut Studie eine messbare Wirkung beim Schutz der Wälder und d ...

    Copyright: R. and P. Skitterians / Pixabay


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Environment / ecology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Nur 19 % der REDD+-Projekte erzielten laut Studie eine messbare Wirkung beim Schutz der Wälder und des Klimas.


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