Fortschritt in der Genetik psychischer Erkrankungen
Depressionen und andere psychische Erkrankungen können nicht nur aufgrund verschiedener Umweltfaktoren wie Stress oder frühkindliche Traumatisierungen entstehen. Auch die Genetik eines Menschen kann Einfluss auf die psychische Gesundheit nehmen.
Seit fast 15 Jahren untersuchen Forschende der Greifswalder Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, welche Gene besonders beteiligt sind. Mittlerweile arbeiten die Forschungsgruppen rund um Prof. Hans J. Grabe mit großen internationalen Konsortien – bestehend aus verschiedenen Forschungseinrichtungen – zusammen und erlangen in der Wissenschaft immer mehr Aufmerksamkeit. Mit diesem besonderen Forschungsschwerpunkt wurde Grabe zuletzt in die Liste der 1.000 besten Wissenschaftler in der Psychologie weltweit aufgenommen (http://www.research.com).
„Unsere erfolgreichen Untersuchungen sind Ergebnis sehr guter interdisziplinärer Zusammenarbeit“, betont Prof. Hans J. Grabe, Leiter der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, „und zwar nicht nur auf internationaler Ebene, sondern auch innerhalb der Unimedizin Greifswald.“ So nutzen die Forschungsgruppen beispielsweise die SHIP-Kohorten (Study of Health in Pomerania), um Biomaterialien zu untersuchen. Diese genetischen Analysen werden dann am Interfakultären Institut für Genetik und Funktionelle Genomforschung durchgeführt. „Hinzukommen riesige Datensätze aus Genetik-Konsortien und Konsortien zu bildgebenden Analysen, die wir hier direkt an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie auswerten“, erklärt er.
Die großen Datensätze haben für genetische Analysen eine besondere Relevanz, so Grabe: „Früher war es üblich, mit der Pipette im Labor zu stehen und über mehrere Jahre zum Beispiel fünf einzelne Gene zu analysieren – aber der Mensch hat ungefähr 22.000 Gene und drei Milliarden Basenpaare.“ Durch die labortechnische Revolution, mit der Genchips auf den Markt kamen, und die internationale Vernetzung in großen Konsortien seien heute Millionen von Tests bei jedem einzelnen Teilnehmer rasch durchführbar, mit denen sich eindeutige Signifikanzen erkennen ließen.
So habe eine neueste Analyse von Grabe beispielsweise ergeben, dass 308 Gene bei der Entstehung depressiver Erkrankungen involviert sind. „Das waren insbesondere Gene, die in der Hirnregion Amygdala wirken und bei Menschen mit Depressionen Veränderungen aufwiesen“, erklärt er.
Dieses Wissen über bestimmte Risikogene sei wichtig, um neue Therapieansätze zu gewinnen: „So gibt es bereits zugelassene Medikamente, die möglicherweise auch bei Depressionen eingesetzt werden können, weil sie bei diesen Risikogenen wirken.“ Es bedürfe also auch weiterhin interdisziplinärer Zusammenarbeit innerhalb der Unimedizin Greifswald – zum Beispiel für pharmakogenetische Analysen oder sogenannte Knock-out-Experimente an Organoiden, im Labor hergestellte organähnliche Strukturen. Das Wissen über die Risikogene sei aber auch wichtig, um sie in Verbindung zu den für Depressionen wichtigen Umweltbedingungen zu setzen, so der Facharzt weiter. „Dazu gehen wir der zentralen Frage nach, ob es eine bestimmte genetische Ausstattung gibt, die dazu beiträgt, dass bei gleichen Umweltbelastungen jemand erkrankt oder gesund bleibt“, erklärt er, „denn nicht jede identische Belastung führt bei unterschiedlichen Menschen zum gleichen Ergebnis.“
Die Arbeiten zur Genetik psychischer Erkrankungen haben mittlerweile – auch aufgrund der hohen Fallzahlen – eine besonders hohe Qualität. Dies zeigt sich auch im aktuellen Ranking auf der Plattform http://www.research.com, auf der Grabe unter den besten 1.000 Wissenschaftlern in der Psychologie gelistet ist. „Dieses Ranking betont einmal mehr, wie Spitzenforscher an unserem Greifswalder Standort innovative Forschungsthemen vorantreiben“, lobt Prof. Karlhans Endlich, Wissenschaftlicher Vorstand der Unimedizin Greifswald. Forschung interdisziplinär zu denken, sei für viele Krankheitsbilder besonders gewinnbringend. „Ob es bei depressiven Erkrankungen der Blick in die Hirnforschung ist, weil Neurodegenerationen vorliegen, oder ob es der Blick in die Darm-Gehirn-Achse ist, weil Mikroorganismen im Darm möglicherweise Einfluss auf hirnstrukturelle und -funktionelle Veränderungen haben“, so Endlich, „all das sind erfolgsversprechende Ansätze, die an der hiesigen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie gelebt werden.“
Auf< www.research.com> stellt eine Gruppe von amerikanischen Wissenschaftlern verschiedene Rankings zusammen, die auf Grundlage des sogenannten D-Indexes basieren. Er soll den Wert der wissenschaftlichen Leistung widerspiegeln, indem die Häufigkeit der Zitationen erfasst wird.
Universitätsmedizin Greifswald
Walther-Rathenau-Straße 46 * 17475 Greifswald
Katrin Kleedehn
Wissenschaftsredakteurin
Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Tel: +49 3834 86 – 6521
katrin.kleedehn@med.uni-greifswald.de
http://www.medizin.uni-greifswald.de
Prof. Hans J. Grabe (3. v. l.) im Gespräch mit Wissenschaftler*innen aus der Arbeitsgruppe.
Source: Foto: Dörte Meiering/UMG
Copyright: UMG
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Medicine, Psychology
transregional, national
Transfer of Science or Research
German
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