Die Pläne des Bundesgesundheitsministerium, die Mittel für den Innovationsfonds um die Hälfte zu reduzieren, ruft bei Vertretern der evidenzbasierten Medizin Unverständnis hervor. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) weist darauf hin, dass die medizinische Versorgung ohne die Förderung von Forschungsaktivitäten und ohne aktuelle Leitlinien bedroht ist. Eine Kürzung der Mittel darf in keinem Fall zur Dauerlösung werden.
Um die immensen Finanzierungslücken bei den gesetzlichen Krankenkassen zu schließen, plant das Ministerium für Gesundheit substanzielle Einsparungen. Betroffen ist auch der Innovationsfonds, über den zahlreiche allgemeinmedizinische Forschungsvorhaben und auch medizinische Leitlinien gefördert werden: Das Fördervolumen soll 2026 von 200 auf 100 Millionen Euro halbiert werden.
„Forschungsvorhaben und Leitlinienprojekte kosten selbstverständlich Geld, das auch aus Fördermitteln kommen muss, denn insgesamt profitiert unser Gesundheitssystem maßgeblich von dieser Arbeit. Ein Kürzen am falschen Ende gefährdet die Versorgung von Patientinnen und Patienten“, kritisiert Prof. Eva Hummers, Präsidentin der DEGAM die Sparpläne im Namen der Fachgesellschaft.
Besonders problematisch ist, dass die Kürzung des Fördervolumens beim Innovationsfonds vor allem Projekte betrifft, die unmittelbar zur Verbesserung der hausärztlichen Versorgung beitragen. Im Klartext: Einbußen bei Qualität und Effizienz, bei Innovationen und bei der Sicherheit in der medizinischen Versorgung sind zu erwarten. Dass die Pläne auch auf einer anderen Ebene einen gegenteiligen Effekt haben werden, erklärt Prof. Annika Viniol, stellvertretende Sprecherin der Sektion Forschung der DEGAM: „Zahlreiche durch den Innovationsfonds geförderte Projekte befassen sich mit kosteneffizienter und ressourcenschonender Gesundheitsversorgung. Eine Kürzung der Fördermittel gefährdet also gerade die Initiativen, die zur finanziellen Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen.“
Auch die Mittelkürzung zur Förderung medizinischer Leitlinien ist zu kurz gedacht. Leitlinien übersetzen belastbare wissenschaftliche Evidenz in praxistaugliche Empfehlungen und tragen maßgeblich zur Vermeidung von Unter-, Fehl- und Überversorgung bei. Methodische Kernschritte bei der interessenunabhängigen Leitlinienentwicklung brauchen eine verlässliche Grundfinanzierung. „Ein Einschnitt an dieser Stelle unterbricht laufende, gut etablierte Prozesse und verhindert notwendige Updates von Leitlinien. Man spart kurzfristig an der praxisgerechten Bereitstellung von Wissen. Mittel- und langfristig erhöhen sich die Kosten und Risiken durch ineffiziente oder gar unwirksame medizinische Versorgung“, kommentiert Dr. Jeannine Schübel, Sprecherin der Sektion Leitlinien und Qualitätsförderung der DEGAM.
Ihre Kollegin, Dr. Karen Voigt, ergänzt: „Aus gutem Grund müssen Leitlinien in der Regel nach drei bis fünf Jahren aktualisiert werden, da sich die Wissensgrundlage der Medizin schnell ändert. Regelmäßig aktualisierte Empfehlungen verbessern die Patientensicherheit und Versorgungseffizienz, da das Risiko für falsche oder unnötige Diagnostik und Therapie gesenkt wird."
Die DEGAM fordert, die bereits beschlossene Kürzung auf das Jahr 2026 zu begrenzen: „Die Mittel zur Förderung von Forschungsaktivitäten und Leitlinienarbeit dürfen nicht grundsätzlich halbiert werden. Damit würden wir die Qualität und Effizienz der medizinischen Versorgung dauerhaft gefährden“, so Eva Hummers abschließend.
Pressekontakt:
Natascha Hövener
Pressesprecherin
Telefon: 030 – 20 966 98 16
E-Mail: hoevener@degam.de
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Schumannstraße 9, 10117 Berlin
Präsident: Prof. Dr. med. Eva Hummers (Göttingen)
http://www.degam.de
Über die DEGAM
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die Allgemeinmedizin als anerkannte wissenschaftliche Disziplin zu fördern und sie als Rückgrat der Patientenversorgung weiterzuentwickeln. Die DEGAM ist Ansprechpartnerin bei allen Fragen zur wissenschaftlichen Entwicklung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen, zur Fort- und Weiterbildung sowie zum Qualitätsmanagement. Sie erarbeitet eigene wissenschaftlich fundierte Leitlinien für die hausärztliche Praxis und beteiligt sich auch an interdisziplinären Leitlinien anderer Fachgesellschaften. Die Aktivitäten der Nachwuchsförderung werden überwiegend von der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) realisiert.
Prof. Dr. med. Eva Hummers, Präsidentin der DEGAM
E-Mail: eva.hummers@med.uni-goettingen.de
Die Förderung von Forschungs- und Leitlinienaktivitäten darf nicht reduziert werden
Source: Tara Winstead
Copyright: Tara Winstead / prexels.com
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
Medicine
transregional, national
Science policy, Transfer of Science or Research
German
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