Strom aus erneuerbaren Quellen zählt inzwischen zu den günstigsten Stromquellen. Um die Pariser Ziele zu erreichen, müssen Erneuerbare bis in die 2030er Jahre auf hundert Prozent ausgebaut werden, doch die steigende Landnutzung führt zu Widerständen in der Bevölkerung. Wie können die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger in die Planung von Energiesystemen einbezogen werden? Dieser Frage widmete sich ein Team von ETH Zürich, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS). Es hat einen Ansatz entwickelt, der nicht nur technische und wirtschaftliche Aspekte einbezieht.
Die Untersuchung kombiniert Daten aus Entscheidungsexperimenten in vier europäischen Ländern mit Energiesystemmodellen. Durch die Kombination von Vorlieben der Bevölkerung, wie Stromsysteme gestaltet sein sollten, mit techno-ökonomischen Szenarien auf nationaler und subnationaler Ebene ermöglicht die neue Methodik eine Prognose darüber, welches Energiesystem Menschen in Europa wählen würden.
„Zwar werden Energiesystemmodelle ausgefeilter, detaillierter und zeigen, wie funktionierende und kostengünstige erneuerbare Energiesysteme aufgebaut werden können“, sagt Leitautor Tim Tröndle von der ETH Zürich - „aber sie bergen die Gefahr, irrelevante Ergebnisse zu liefern, weil sie die sozialen Faktoren ignorieren, die eine Entwicklung vor Ort einschränkt oder vorantreiben kann.“ Sozialwissenschaftliche Studien zeigten wiederum, wie Akzeptanz und Widerstand entstehen, ignorierten jedoch, ob die Summe aller Maßnahmen zur Berücksichtigung gesellschaftlicher Wünsche und Bedürfnisse technisch und ökonomisch durchführbar ist.
Bevorzugt wird Solarenergie und dezentral
„Interessant war etwa, dass Bürger tendenziell Solarenergie gegenüber Windkraft bevorzugen, auch wenn das aus Kostensicht nicht die erste Wahl wäre“, sagt Professor Johan Lilliestam von der FAU. Zugleich achteten die Menschen in Europa nicht nur auf niedrige Kosten, sondern auf eine dezentrale Energiezukunft mit weniger Windkraft, mehr Solarenergie und weniger Importen – letzterer Punkt könnte sich durch die Invasion Russlands in die Ukraine noch verstärkt haben, mutmaßen Autorin und Autoren.
Jedoch spielten an vielen Orten andere Gründe eine Rolle. „Einer dieser Aspekte ist die Konzentration der Erzeugungs- und Übertragungsinfrastruktur, die wir dank unserer Analyse recht genau darstellen können“, erklärt Tröndle. Auf der Grafik (s. unten) sei zum Beispiel in dunkelblau der kostengünstigste Übertragungskorridor in Ungarn und Rumänien zu sehen, der jedoch auf starke Ablehnung stoße.
„Dies zeigt uns, dass die Integration von Bürgerpräferenzen in die Energiesystemmodellierung zu realistischeren und sozial akzeptableren Ergebnissen führen kann“, sagt Studienautorin Franziska Mey vom RIFS. Die Forschenden leiten aus der Studie ab, dass ein Hinzuziehen von sozialen Daten die Ergebnislandschaft von Energiemodellen grundlegend verändern und politische Entscheidungsprozesse von solchen Analysen profitieren können.
1. „Erstens zeigt unsere Studie, dass Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger in Energiemodellen eingebunden werden können und so Szenarien entstehen, die sowohl technisch machbar als auch sozial präferiert sind“, sagt Tröndle. „Politisch Entscheidungstragende sollten daher Verfahren etablieren, bei denen Bürgerpräferenzen – etwa durch Entscheidungsexperimente oder repräsentative Befragungen – als Eingabegrößen in nationale und regionale Energieplanungstools einfließen.“
2. Zweitens verdeutliche die Studie, dass Menschen nicht unbedingt kostenoptimale Lösungen bevorzugen. Dies bedeutet, dass politische Entscheidungen nicht ausschließlich auf ökonomischen Kriterien basieren sollten, sondern die Präferenzen der Bevölkerung berücksichtigen müssen, um Akzeptanz und Unterstützung zu gewährleisten.
Die Studie soll dazu beitragen, die Kluft zwischen technischer Modellierung und gesellschaftlicher Realität zu überbrücken, indem sie das Rüstzeug liefert, mit dem politisch Entscheidungstragende gesellschaftlich tragfähige Energieszenarien entwickeln können. Dies könne helfen, den Übergang zu einer klimaneutralen Stromversorgung demokratischer, effizienter und weniger konfliktreich zu gestalten.
Dr. Tim Tröndle
Professur Klimaschutz & -anpassung
ETH Zürich, Departement für Umweltsystemwissenschaften
Telefon: +41 44 632 71 87
Mail: tim.troendle@usys.ethz.ch
Dr. Franziska Mey
Forschungsgruppenleiterin
Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) am GFZ
Telefon: +49 331 6264-22454
Mail: franziska.mey@rifs-potsdam.de
Prof. Johan Lilliestam
Lehrstuhl für Politik der Nachhaltigkeitswende
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
Telefon: +49 911 530 295 229
Mail: johan.lilliestam@fau.de
Tim Tröndle, Franziska Mey and Johan Lilliestam: Socially preferable and technically feasible: European citizens choose solar power and import independence over lower Costs, Energy Research & Social Science, Volume 129, November 2025, 104364. DOI: https://doi.org/10.1016/j.erss.2025.104364
https://www.rifs-potsdam.de/de/news/europa-waehlt-importunabhaengigkeit-und-sola...
https://doi.org/10.1016/j.erss.2025.104364
Wo Bürgerinnen und Bürger ein Szenario auf Basis der regionalen Netto-Selbstversorgung dem kostengün ...
Source: Tim Tröndle
Copyright: Tim Tröndle
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Energy, Environment / ecology, Politics, Social studies
transregional, national
Cooperation agreements, Research results
German
Wo Bürgerinnen und Bürger ein Szenario auf Basis der regionalen Netto-Selbstversorgung dem kostengün ...
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