Warum bleibt Schmerz bei manchen Menschen bestehen, während er sich bei anderen zurückbildet? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Klinischen Forschungsgruppe KFO 5001 „ResolvePAIN – Periphere Mechanismen von Schmerz und Schmerzauflösung“ am Universitätsklinikum Würzburg. Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG) sehen darin einen wichtigen Schritt, um die Ursachen chronischer Schmerzen besser zu verstehen und die Behandlung für Patientinnen und Patienten gezielter zu gestalten.
Das Projekt und seine neuesten Erkenntnisse werden auf der Kongress-Pressekonferenz des Deutschen Schmerzkongresses am morgigen Donnerstag, den 23. Oktober 2025, von 11 bis 12 Uhr in Mannheim vorgestellt.
Anmeldung zur Pressekonferenz: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_nRx0XT6jRcWZ7HUcyz_rNw
In Deutschland leiden rund 23 Millionen Menschen unter chronischen Schmerzen, was etwa 28 Prozent der Bevölkerung entspricht. Davon sind 6 Millionen Menschen im Alltag stark eingeschränkt und 3,4 Millionen gelten als schwer schmerzkrank. „Wir wollen von den Menschen lernen, deren Schmerzen sich zurückbilden oder zurückgebildet haben, um die dahinterstehenden Prozesse zu verstehen und für die Behandlung von Schmerzpatientinnen und -patienten zu nutzen“, erklärt Professorin Dr. med. Heike Rittner, Kongresspräsidentin des Schmerzkongresses und wissenschaftliche Leiterin der Würzburger Forschungsgruppe.
In der ersten Förderphase konnte das Team bereits entscheidende biologische Prozesse der Schmerzauflösung identifizieren – etwa bestimmte Ionenkanäle, geschlechtsspezifische Unterschiede im Immunsystem sowie Mechanismen, die die Nervenbarrieren reparieren. „Rückbildung und Genesung von Schmerzen sind aktive Prozesse, die von Faktoren wie Entzündungsauflösung und Wiederherstellung neuronaler Schaltwege abhängen. Ist dieser Selbstheilungsprozess gestört, können chronische Schmerzen auftreten“, erläutert Rittner. „Ziel unserer Forschung ist, diese körpereigenen Strategien besser zu verstehen und künftig therapeutisch zu aktivieren.“
Fünf Krankheitsbilder im Fokus
In der zweiten Förderperiode untersucht das Konsortium gezielt fünf Erkrankungen, bei denen Schmerzen oft chronisch werden, aber auch spontan wieder abklingen können:
• Bortezomib-induzierte Polyneuropathie (Nervenschädigung nach Chemotherapie)
• Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
• Autoimmunneuropathien mit Caspr2-Antikörpern
• Fibromyalgiesyndrom
• Chronische postoperative Schmerzen nach Bauchwandoperationen
Durch die enge Verknüpfung von klinischer Forschung mit molekularbiologischen und bildgebenden Verfahren sollen krankheitsübergreifende Mechanismen entdeckt werden, die zur Schmerzauflösung beitragen. Ziel ist es, neue Biomarker zu identifizieren – also messbare biologische Merkmale, die anzeigen, ob ein Schmerz eher abklingt oder chronisch wird.
Hightech-Methoden für neue Erkenntnisse
ResolvePAIN nutzt modernste Technologien: von hochauflösender Magnetresonanztomografie (MRT) über Mikroneurographie bis zu KI-gestützter Bildanalyse. Auch die Kombination aus Patientenkohorten, Zellmodellen und Tierstudien erlaubt es, biologische Prozesse in unterschiedlichen Systemen zu vergleichen. „Durch diese interdisziplinäre Herangehensweise können wir den Weg des Schmerzes vom peripheren Nerv bis ins Gehirn nachzeichnen – und besser verstehen, an welchen Punkten der Prozess gestoppt oder sogar umgekehrt werden kann“, erklärt Professorin Dr. med. Claudia Sommer, Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg sowie Sprecherin der Forschungsgruppe. Sie ergänzt: „Besonders spannend ist für uns die Frage, welche Faktoren die Rückbildung eines Schmerzes fördern – etwa eine effektive Kontrolle von Entzündungen, ausreichender Schlaf oder eine intakte Blut-Nervenschranke. Diese Prozesse scheinen entscheidend dafür zu sein, ob Schmerz verschwindet oder chronisch bleibt.“
Ein internationales Netzwerk für Schmerzforschung
Zum Team gehören 21 Forschende aus Würzburg, Leipzig, Berlin und New York. Neben dem Universitätsklinikum Würzburg sind unter anderem die Universität Leipzig, die Charité – Universitätsmedizin Berlin und das University of Rochester Medical Center beteiligt. Der US-amerikanische Schmerzforscher Professor Paul Geha unterstützt die Gruppe als Mercator Fellow bei der Suche nach bildgebenden Mustern chronischer Schmerzen im Gehirn.
Ein besonderes Anliegen der Gruppe ist auch die Nachwuchsförderung: Junge Ärztinnen und Ärzte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich in speziellen Programmen zu Clinician Scientists weiterbilden und ihre Forschung direkt in die klinische Praxis übertragen.
Nutzen für Patientinnen und Patienten
Für Betroffene bedeutet das Projekt Hoffnung auf eine individuellere Schmerzmedizin. Wenn künftig klarer erkannt werden kann, welche biologischen Signale auf eine mögliche Schmerzauflösung hinweisen, lassen sich Therapien früher und gezielter einsetzen. „Wir stehen an einem Wendepunkt in der Schmerzforschung“, sagt Rittner. „Das Wissen um die körpereigenen Mechanismen der Schmerzauflösung kann helfen, Patientinnen und Patienten eine bessere Prognose zu geben – und vielleicht eines Tages Medikamente zu entwickeln, die die natürliche Heilung des Nervensystems unterstützen.“
Rittner und Sommer berichten am 23. Oktober 2025 auf der Kongress-Pressekonferenz des Schmerzkongresses über den aktuellen Forschungsstand und bisherige Erkenntnisse aus dem Projekt.
++++ Bei Abdruck Beleg erbeten. ++++
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Kongress-Pressekonferenz
anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses (22. bis 25. Oktober 2025) der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG)
Neugier auf Neuland…
Ein Blick über den Tellerrand in der Schmerzversorgung
Termin: Donnerstag, 23. Oktober 2025, 11:00 bis 12:00 Uhr
Anmeldung unter: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_nRx0XT6jRcWZ7HUcyz_rNw
Programm:
50 Jahre Schmerzgesellschaft – Wie steht es um die Schmerzversorgung in Deutschland? Ein Blick auf die Krankenhausreform und aktuelle Entwicklungen
Professor Dr. med. Frank Petzke
Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. und Facharzt für Anästhesiologie, Spezieller Schmerztherapeut, Klinik für Anästhesiologie, Universitätsmedizin Göttingen
MIGRA-MD: Das Innovationsfondsprojekt für Migränepatient*innen – Weniger Kopfschmerztage, mehr Lebensqualität: Was das neue Versorgungskonzept verspricht
Privatdozentin Dr. med. Ruth Ruscheweyh
Kooptiertes Mitglied im Präsidium der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG) und Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie, LMU Klinikum München
Der Rücken lügt nicht – was Bewegung über Schmerzen verrät und warum falsche Diagnosen so viele Therapien scheitern lassen
Professor Dr. biol. hum. Hendrik Schmidt
Berlin Institute of Health Julius Wolff Institut - Center for Musculoskeletal Biomechanics and Regeneration, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Volkskrankheit Kopfschmerz: Neue Erkenntnisse zu medikamentösen Ansätzen und innovative Behandlungsstrategien
Privatdozent Dr. med. Lars Neeb
Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG), Chefarzt im Fachbereich Neurologie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel.
und
Dipl.-Psych. Dr. phil. Thomas Dresler
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen
Schmerzrückbildung in der Klinischen Forschungsgruppe ResolvePAIN: Was wir aus Heilungsprozessen und dem Immunsystem bei Schmerz lernen können
Professorin Dr. med. Heike Rittner
Lehrstuhl Schmerzmedizin, Zentrum für interdisziplinäre Schmerzmedizin, Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum Würzburg
und
Professorin Dr. med. Claudia Sommer
Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Änasthesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg
Moderation: Christina Seddig, Pressestelle Schmerzkongress 2025
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
German
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