In Deutschland hat jede vierte Person eine Einwanderungsgeschichte. Von diesen 21,2 Millionen Menschen sind rund drei Viertel selbst nach Deutschland zugewandert, ein weiteres Viertel wurde hierzulande geboren. Doch wie geht es dieser vielfältigen Bevölkerungsgruppe – wie zufrieden ist sie?
Antworten darauf gibt der aktuelle BiB.Monitor Wohlbefinden 2025 des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Auf Basis des familiendemografischen Panels FReDA und weiterer Datensätze untersucht der diesjährige Monitor, wie sich die Lebenszufriedenheit von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen nach ihrer Ein- und Auswanderungsgeschichte unterscheidet. Dies umfasst sowohl Zugewanderte und deren Nachkommen als auch Menschen, die aus Deutschland weggezogen sind. Das Besondere am BiB.Monitor Wohlbefinden: Er beleuchtet nicht nur die durchschnittliche Zufriedenheit, sondern identifiziert auch die Anteile der wenig und der sehr Zufriedenen, also die Verteilung an den Rändern.
Das subjektive Wohlbefinden ist ein zentraler Indikator für den individuellen und den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand. Im Kontext der Zuwanderung ist es darüber hinaus ein wichtiger Indikator dafür, wie gut Integration und Teilhabe gelingen. „Die Lebenszufriedenheit von Menschen mit Einwanderungsgeschichte variiert durchaus nach Herkunftsland“, erläutert BiB-Direktorin und Mitautorin Prof. Dr. C. Katharina Spieß. Eine herkunftsbezogene Differenzierung bei der Erfassung des Wohlbefindens ermöglicht es, migrationsspezifische Herausforderungen sichtbar zu machen und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Einwanderungsgeschichte weiterzuentwickeln. „Dies kann uns wichtige Hinweise für eine gelingende Integration geben“, so Spieß.
Befragte, die selbst zuwanderten, sind zufriedener als die Kinder von Zugewanderten
Die durchschnittliche Lebenszufriedenheit ist bei der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte und bei Eingewanderten gleich hoch – sie liegt auf einer Skala von 1 bis 10 bei jeweils 7,1 Punkten. Vor allem eingewanderte Frauen berichten mit 7,3 Punkten eine relativ hohe Zufriedenheit, die über dem Wert der Männer liegt (7,0 Punkte). Interessant: Nachkommen von Eingewanderten liegen nur bei 6,8 Punkten; diese Gruppe weist zudem den höchsten Anteil wenig Zufriedener auf. Berücksichtigt man jedoch sozioökonomische und demografische Merkmale wie Einkommen, Bildung oder Haushaltsstruktur, verschwinden die Unterschiede. „Merkmale wie das Einkommen, die Erwerbstätigkeit, die formale Bildung oder die Haushaltszusammensetzung hängen sowohl mit der Einwanderungsgeschichte als auch mit der Lebenszufriedenheit zusammen. Deshalb ist es wichtig, sie bei dem Vergleich von Bevölkerungsgruppen und deren Wohlbefinden zu berücksichtigen“, erklärt Mitautor Dr. Sebastian Will, wissenschaftlicher Mitarbeiter am BiB.
Mit längerem Aufenthalt ist die Lebenszufriedenheit höher
Die Lebenszufriedenheit von Zugewanderten ist mit zunehmender Aufenthaltsdauer in Deutschland deutlich höher. Besonders hoch ist sie bei Menschen, die bereits vor mehr als 45 Jahren eingewandert sind: Sie erreichen im Durchschnitt 7,8 Punkte und weisen mit 33 Prozent den größten Anteil sehr Zufriedener auf. Zugleich ist in dieser Gruppe der Anteil der wenig Zufriedenen am geringsten, während er in den anderen Gruppen mit kürzerer Aufenthaltsdauer höher ausfällt. „In der Tendenz gilt: Je länger Zugewanderte in Deutschland leben, desto zufriedener sind sie mit ihrem Leben“, resümiert Will.
Hohe Zufriedenheit bei Zugewanderten aus Osteuropa
Die durchschnittliche Lebenszufriedenheit liegt bei Zugewanderten aus dem westlichen Ausland mit 7,1 Punkten auf dem gleichen Niveau wie bei Menschen, die in Deutschland geboren wurden. Bevölkerungsgruppen aus Osteuropa weisen mit 7,2 Punkten noch etwas höhere Werte auf, während in Asien und Afrika Geborene mit 6,9 Punkten im Mittel geringere Zufriedenheitswerte zeigen. Nach Berücksichtigung von Merkmalen wie Einkommen, Alter oder Erwerbstätigkeit verringern sich die Unterschiede, sodass nur Eingewanderte aus Osteuropa weiterhin eine signifikant höhere Lebenszufriedenheit aufweisen.
Schutzsuchende aus der Ukraine mit geringeren, aber steigenden Zufriedenheitswerten
Ukrainerinnen und Ukrainer stellen derzeit die größte Gruppe der in Deutschland lebenden Schutzsuchenden dar und weisen mit durchschnittlich 6,3 Punkten eine vergleichsweise niedrige Lebenszufriedenheit auf. Dies mag auch darin begründet liegen, dass in der Ukraine weiterhin Krieg herrscht. „Die allgemeine Zufriedenheit dieser Gruppe hat sich aber seit ihrer Ankunft in Deutschland von 5,9 Punkten im Jahr 2022 auf 6,3 Punkte im Sommer 2023 erhöht“, berichtet C. Katharina Spieß. „Dieser Anstieg hängt unter anderem mit dem Erlernen der deutschen Sprache, einer besseren Wohnsituation und einer Erwerbstätigkeit zusammen.“ Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der ukrainischen Schutzsuchenden zählt zu den wenig Zufriedenen, wobei ältere Schutzsuchende über 50 Jahre besonders betroffen sind (60 Prozent).
Frauen aus der Ukraine sind im Durchschnitt unzufriedener als Männer, insbesondere Frauen über 50 Jahre, während Männer unter 50 Jahren am zufriedensten sind. Konkrete Faktoren, die die Lebenszufriedenheit erhöhen, sind gute Deutschkenntnisse, das Leben außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften, das Vorhandensein minderjähriger Kinder und einen Partner oder eine Partnerin im Haushalt und damit in Deutschland.
Ausgewanderte in Südeuropa am zufriedensten
Während viele Menschen nach Deutschland zuwandern, erwägen andere eine Auswanderung oder sind bereits ausgewandert. Im Jahr 2024 haben 0,4 Prozent der Deutschen ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt. Von der im BiB.Monitor Wohlbefinden untersuchten Gruppe von Ausgewanderten leben die meisten seit durchschnittlich vier Jahren im Ausland und zu 71 Prozent in europäischen Ländern. Diese Ausgewanderten mit deutschem Pass berichten im Durchschnitt über eine höhere Lebenszufriedenheit als die Wohnbevölkerung in Deutschland, mit Spitzenwerten in Südeuropa (7,7 Punkte) und in nichteuropäischen Niedrigeinkommensländern wie der Türkei, China oder Mexiko (7,6 Punkte). Auch nach Berücksichtigung sozioökonomischer Faktoren bleiben vor allem die nach Südeuropa Ausgewanderten leicht zufriedener im Vergleich zu in andere Länder Ausgewanderten.
Deutlich weniger zufrieden zeigt sich hingegen die Bevölkerungsgruppe im jungen und mittleren Erwachsenenalter, die in Deutschland lebt, aber beabsichtigt, auszuwandern: Der durchschnittliche Zufriedenheitswert der Bevölkerungsgruppe, die eine eigene Auswanderung als wahrscheinlich einschätzt, liegt bei lediglich 6,4 Punkten.
Insgesamt ist die Lebenszufriedenheit in Deutschland leicht angestiegen
Insgesamt hat sich in Deutschland die durchschnittliche Lebenszufriedenheit im jungen und mittleren Erwachsenenalter (bis 52 Jahre) über alle Bevölkerungsgruppen hinweg stabilisiert und gegenüber den Vorjahren leicht verbessert. Im Vergleich zum Herbst 2022 stieg der Wert um gut 0,2 Punkte und lag Ende 2023 bei rund 7,1. „Der Anteil sehr Zufriedener nahm zu, während der Anteil wenig Zufriedener zurückging – ein deutlich positiverer Befund als etwa im Pandemiejahr 2021“, fasst BiB-Direktorin Spieß zusammen. Als mögliche Gründe für diese Entwicklung nennen die Forschenden das Ende der Corona-Schutzmaßnahmen, einen gewissen Gewöhnungseffekt an die Ukraine-Krise sowie den Rückgang der Inflation ab Mitte 2023. Insgesamt nähert sich die Lebenszufriedenheit damit langsam wieder dem Vor-Pandemie-Niveau von etwa 7,4 Punkten an.
Studiendesign und zugrunde liegende Datensätze
Der BiB.Monitor Wohlbefinden untersucht einmal jährlich die Lebenszufriedenheit der Bevölkerung in Deutschland. Dabei nimmt er wechselnde Aspekte in den Fokus. Die diesjährige Studie zum Wohlbefinden der Bevölkerung mit Wanderungsgeschichte stützt sich auf mehrere repräsentative Datensätze (FReDA, SHARE, BiB/FReDA-Ukraine-Stichprobe, IAB-BAMF-SOEP, GERPS), die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben wurden. Die meisten Ergebnisse lassen sich auf das Jahr 2023 beziehen. Insgesamt ermöglichen die Datensätze einen breiten Blick auf das Wohlbefinden verschiedener Bevölkerungsgruppen mit realisierten oder geplanten Zu- und Auswanderungsabsichten.
Prof. Dr. C. Katharina Spieß C.Katharina.Spiess@bib.bund.de
Dr. Sebastian Will Sebastian.Will@bib.bund.de
Lebenszufriedenheit nach Einwanderungsgeschichte
Copyright: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)
Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies
transregional, national
Research results
German

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