Mathematischer Ansatz ermöglicht verlässlichere funktionelle Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS)
• Neue Methode erhöht die Genauigkeit der nicht-invasiven Klassifizierung von Gehirnzuständen mittels funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS).
• Höhere Genauigkeit als bei herkömmlichen fNIRS-Ansätzen.
• Entwicklung von fNIRS hin zu einem zuverlässigen und kostengünstigen Instrument für Gehirnmessungen.
• Perspektivischer Einsatz als Diagnosewerkzeug bei Bewusstseinsstörungen möglich.
Forschende haben eine neue Methode zu entwickeln, die es erlaubt, mit funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) Gehirnzustände erheblich sicherer als bislang zu klassifizieren. fNIRS ist ein bildgebendes Verfahren, das neuronale Aktivität messen kann. Da aktive Gehirnzellen mehr Sauerstoff benötigen, geben Veränderungen im Blutfluss und in der Sauerstoffsättigung Aufschluss darüber, welche Gehirnregionen zu einem gegebenen Zeitpunkt genutzt werden. fNIRS erfasst diese Schwankungen ohne invasive Eingriffe oder Risiken für die Patient*innen.
Trotz seiner vielen Vorteile im klinischen Einsatz – fNIRS ist tragbar, kostengünstig und auch bei Patientenbewegung zuverlässig – sind die Methoden zur Analyse von fNIRS-Daten im Vergleich zu anderen bildgebenden Verfahren weniger weit entwickelt.
Methode nutzt die Dualität des fNIRS-Signals
Ein internationales Forschungsteam hat nun eine Methode zur Erkennung von Gehirnzuständen mit fNIRS entwickelt, die auf die Besonderheiten des fNIRS-Signals zugeschnitten ist und daher genauere Ergebnisse liefert. Im Gegensatz zu anderen bildgebenden Verfahren misst fNIRS nämlich sowohl das sauerstoffreiche als auch das sauerstoffarme Blut. „Diese beiden Signale sind natürlich gegenläufig, aber das bedeutet nicht, dass sie redundant sind“, erklärt Erstautor Tim Näher vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen. „Sie geben vielmehr einander ergänzende Einblicke in die Gehirnaktivität.“ Näher und seine Co-Autor*innen machten sich mithilfe fortgeschrittener mathematischer Techniken aus dem Gebiet der sogenannten Riemannschen Geometrie diese Dualität des fNIRS-Signals zunutze.
Um die neue Methode zu testen, ließen sie gesunde Versuchspersonen acht verschiedene mentale Aufgaben ausführen. Die Teilnehmenden sollten sich etwa vorstellen, Tennis zu spielen, zu singen oder einen Gegenstand zu drehen. Mithilfe ihres neuentwickelten Modells konnten die Forschenden mit hoher Genauigkeit erkennen, welche geistige Aufgabe eine Versuchsperson gerade ausführte – deutlich treffsicherer als mit herkömmlichen Methoden.
Ansatz könnte helfen, Anzeichen von Bewusstsein bei Patient*innen zu erkennen
Die Studienergebnisse könnten die Diagnose von Bewusstseinsstörungen deutlich verbessern. Da betroffene Patient*innen oft kaum oder gar nicht in der Lage sind, sich zu bewegen oder zu kommunizieren, ist es schwierig festzustellen, ob sie noch ein gewisses Maß an Wachheit und Bewusstsein besitzen. Eine präzise Diagnose ist jedoch für eine wirksame Behandlung und eine verlässliche Prognose unerlässlich.
Aus diesem Grund führte Näher gemeinsam mit Lisa Bastian von der Universität Tübingen in der Forschungseinheit von Bettina Sorger an der Universität Maastricht eine weiterführende Studie durch. Darin entwickelten die Forschenden ein fNIRS-Paradigma zur Beurteilung des Bewusstseinszustands von nicht ansprechbaren Patient*innen: Gesunde Teilnehmende sollten entweder einen wachen Bewusstseinszustand simulieren, indem sie eine mentale Aufgabe ausführten, oder durch Inaktivität eine schwerwiegende Bewusstseinsstörung vortäuschen. Das neuartige fNIRS-Paradigma erwies sich in Kombination mit der auf Riemannscher Geometrie basierenden Datenanalyse als äußerst geeignet dafür, zwischen ansprechbaren und nicht ansprechbaren Patienten*innen zu unterscheiden: Wenn die Versuchspersonen reagierten, wurde dies durchgängig richtig erkannt; fehlende Reaktionen wurden in neun von zehn Fällen korrekt identifiziert.
„Wir haben einen prinzipiellen Machbarkeitsnachweis dafür erbracht, dass das neue fNIRS-Verfahren ein schnelles, objektives und erschwingliches Instrument für zuverlässigere Diagnosen und bessere Therapieentscheidungen bei Bewusstseinsstörungen sein kann“, kommentiert Näher. „Der nächste logische Schritt wäre, unsere Methode an echten Patienten zu testen.“
Tim Näher
Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik
Max-Planck-Ring 8-14
72076 Tübingen
tim.naeher@tuebingen.mpg.de
Dr. Bettina Sorger
Universität Maastricht
b.sorger@maastrichtuniversity.nl
T Näher, L. Bastian, A. Vorreuther, P. Fries, R. Goebel, B. Sorger: Riemannian geometry boosts functional near-infrared spectroscopy-based brain-state classification accuracy. Neurophotonics, 12(4) 045002 (15 October 2025)
https://doi.org/10.1117/1.NPh.12.4.045002
L. Bastian, T. Näher, A. Vorreuther, M. Lührs, A. Benitez Andonegui, P. Fries, L. Riecke, B. Sorger: Sensitive and specific fNIRS-based approach for awareness detection in disorders of consciousness: proof of principle in healthy adults. Neurophotonics, 12(4) 045001 (15 October 2025) https://doi.org/10.1117/1.NPh.12.4.045001
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Information technology, Mathematics, Medicine
transregional, national
Research results
German

You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).