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11/05/2025 16:30

DGBfb im Gespräch: Deepfake-Videos und ihre psychophysiologischen Wirkungen

Nils Jung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Biofeedback e.V.

    Am 10. Dezember lädt die Deutsche Gesellschaft für Biofeedback erneut zu ihrer Online-Veranstaltungsreihe “DGBfb im Gespräch”. Nachdem in der letzten Ausgabe die Möglichkeiten von Biofeedback in der Therapie von Long COVID beleuchtet wurden, wird es wieder um ein sehr aktuelles Thema gehen: Gemeinsam mit seinen Gästen Tania Lalgi und Dr. Alexander Diel von der LVR-Universitätsklinik Essen wird DGBfb-Präsident Dr. Axel Kowalski über Deepfake-Videos und ihre psychophysiologischen Wirkungen sprechen. Die etwa anderthalbstündige Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, die Teilnahme ist kostenlos.

    Deepfake-Videos sind mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) erzeugte oder manipulierte auditive und/oder visuelle Inhalte, typischerweise von Personen. Sie werden mit der Intention generiert, als real wahrgenommen zu werden und sind oft nur schwer von Originalaufnahmen zu unterscheiden. Sie nutzen neuronale Netzwerke, Generative Adversarial Networks (GANs) oder verwandte Verfahren, um Gesichter, Mimik, Stimmen oder Bewegungen von Protagonisten zu verändern bzw. zu synthetisieren. In der psychologischen Wahrnehmung erzeugen Deepfakes große kognitive Herausforderungen, da das Gehirn bei der Verarbeitung von Gesichtern und Emotionen fein abgestimmte Muster nutzt, die durch subtile Unstimmigkeiten gestört werden können. Experimentelle Studien zeigen, dass Menschen manipulierte Inhalte oft nur mit geringer Genauigkeit erkennen, insbesondere wenn keine Warnhinweise vorhanden sind. Solche Warnhinweise – beispielsweise Labels mit Hinweisen auf mögliche Manipulation – helfen zwar, die Detektionsrate zu verbessern, können aber unerwünschte Nebeneffekte haben, etwa dass Zuschauer skeptischer gegenüber dem Realitätsgehalt von Videoinhalten werden oder allgemein weniger Vertrauen in Medien haben. Deepfake-Videos, die emotionale Ausdrücke imitieren, aktivieren ähnliche affektive Reaktionen wie echte emotionale Stimuli. In beiden Fällen lassen Messungen von Herzrate, Hautleitfähigkeit oder Hirnsignalen erhöhte Erregung erkennen. Ein besonders interessantes Phänomen ist, dass Deepfake-Videos oft die natürlichen Puls- oder Blutflussmuster der Haut verfälschen – einige Erkennungsalgorithmen nutzen genau diese Abweichungen, etwa durch Analyse von optischem PPG (Photoplethysmographie). Deepfakes fordern zusätzlich die kognitiven Ressourcen der Zuschauer, denn bei der Verarbeitung unklarer oder inkonsistenter visueller Information steigt die mentale Belastung, unter anderem messbar über Pupillenweite, EDA oder kognitive Kontrollprozesse. In bildgebenden Studien (z. B. fMRI oder fNIRS) zeigen sich veränderte Aktivierungen in Regionen der Gesichtsverarbeitung, Objektidentifikation und semantischen Bewertung bei Deepfakes im Vergleich zu echten Videos. Es gibt Hinweise darauf, dass ein kortiko-striataler Netzwerkpfad beteiligt ist, der zwischen Real- und Fälschungsreizen unterscheidet. Aus Sicht der Medienpsychologie bergen Deepfakes gesellschaftliche Risiken: so zum Beispiel ein erhöhtes Misstrauen und Polarisierung der Bevölkerung, Delegitimierung von Beweismitteln und auch rechtliche Konflikte. Für Aufklärung und Medienkompetenz ist es daher wichtig, nicht nur technische Detektionsstrategien zu vermitteln, sondern auch psychophysiologische Effekte (z. B. Stress, Irritation) anzusprechen und zu kommunizieren. Da Deepfakes genutzt werden können, um Individuen gezielt zu diffamieren, ist die psychophysiologische Reaktion von Opfern derartigen Deepfake-Missbrauchs ein Indikator für das Ausmaß an Belastung.

    Bio- und Neurofeedback können helfen, die psychophysiologischen Reaktionen auf Deepfake-Videos sicht- und messbar zu machen. Während Deepfakes auf kognitiver Ebene Täuschung erzeugen, spiegeln sich ihre Wirkungen (v.a. bei Deepfakes der eigenen Person) auch im Körper wider, etwa in Form von erhöhter Herzfrequenz, veränderter Hautleitfähigkeit oder unbewusster muskulärer Anspannung.
    Mit Biofeedback lassen sich diese Reaktionen objektiv erfassen und trainieren, sodass Menschen lernen können, ihre physiologische Erregung oder Stressreaktion bewusster wahrzunehmen und zu regulieren. Das schafft ein tieferes Verständnis für die unbewussten Prozesse, die manipulierte Medien auslösen, und kann zur Stärkung von Medienkompetenz, emotionaler Selbstregulation und kritischer Wahrnehmung beitragen.
    Neurofeedback bzw. die Aufzeichnung der EEG-Daten könnte Einblicke in die neuronalen Korrelate der Verarbeitung von Deepfakes ergeben – wie das Gehirn auf unechte, aber glaubhafte Stimuli reagiert. So können diese Verfahren helfen, die Mechanismen von Vertrauen, Täuschung und emotionaler Resonanz besser zu verstehen.

    Im Rahmen der Gesprächsrunde werden Tania Lalgi und Dr. Alexander Diel von der LVR-Universitätsklinik Essen verdeutlichen, wie Biofeedback-Messungen als erkenntnisorientiertes Instrument eingesetzt werden können, um das Zusammenspiel von Wahrnehmung, Emotion und Körperreaktion in einer zunehmend digital manipulierten Welt besser zu verstehen. Die online zugeschalteten Zuschauer:innen haben die Gelegenheit, Fragen zu stellen und sich an dem Gespräch zu beteiligen. Interessierte werden gebeten, sich formlos per E-Mail unter praesident@dgbfb.de anzumelden. Anschließend erhalten alle angemeldeten Teilnehmer:innen einen Zoom-Link für die Veranstaltung.

    DGBfb im Gespräch: Deepfake-Videos und ihre psychophysiologischen Wirkungen
    am 10.12.2025, 19:00 Uhr, online
    Gäste: Tania Lalgi, Dr. Alexander Diel (LVR-Universitätsklinik Essen)
    Moderation: Dr. Axel Kowalski (DGBfb e.V.)

    Über die Reihe “DGBfb im Gespräch”
    Im Online-Format „DGBfb im Gespräch“ werden Themen vorgestellt, die über den Tellerrand der Biofeedback-Welt hinausblicken. Zum einen werden hier neue Verfahren des Bio- und Neurofeedback erörtert, zum anderen werden psychophysiologische Schnittstellen zu aktuellen relevanten Phänomenen diskutiert.

    Über Bio- und Neurofeedback
    Bio- und Neurofeedback sind innovative, auf grundlegender und empirischer Wissenschaft beruhende Therapiemethoden. Mittels Messung und visueller oder akustischer Rückmeldung werden Vorgänge innerhalb des Körpers (Biofeedback) bzw. des Gehirns (Neurofeedback) in Echtzeit sichtbar gemacht, so dass Patient*innen lernen können, ebendiese Vorgänge aktiv zu steuern. Die Wirksamkeit der Methoden ist mittlerweile in vielfältigen Einsatzgebieten belegt, etwa in der Behandlung von Schmerzsyndromen, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, psychischen und psychosomatischen Beschwerden oder ADHS; die Methoden werden zudem erfolgreich in Bereichen wie Coaching oder Peak-Performance-Training angewendet.

    Über die DGBfb
    Die Deutsche Gesellschaft für Biofeedback (DGBfb e.V.) ist die einzige unabhängige Fachgesellschaft für die Methode des Bio- und Neurofeedbacks in Deutschland. Sie versteht sich als gemeinnütziger, wissenschaftlich orientierter und multiprofessioneller Mittler zwischen universitärer Forschung und therapeutischer Praxis in einem stark an Bedeutung gewinnenden Fachgebiet. Derzeit sind etwa 600 Mitglieder in der Gesellschaft organisiert, insbesondere aus den Bereichen Psychologie, Psychotherapie, Medizin und weiteren Gesundheitsberufen.


    More information:

    http://idwf.de/-To0AB Diese Veranstaltung im Veranstaltungkalender des idw


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    Dr. phil. Dipl.-Psych. Axel Kowalski, Präsident der DGBfb
    Dr. phil. Dipl.-Psych. Axel Kowalski, Präsident der DGBfb

    Copyright: privat


    Criteria of this press release:
    Scientists and scholars, all interested persons
    Media and communication sciences, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

    Dr. phil. Dipl.-Psych. Axel Kowalski, Präsident der DGBfb


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