Kinder mit einer familiären Vorgeschichte von Typ-1-Diabetes (T1D) haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken. Dennoch entwickeln Kinder von Müttern mit T1D seltener die Erkrankung als jene, deren Väter oder Geschwister betroffen sind. Forschende haben nun epigenetische Veränderungen im Blut von Kindern identifiziert, deren Mutter während der Schwangerschaft T1D hatte. Einige dieser Veränderungen werden mit einem reduzierten Risiko für Inselautoimmunität verbunden. Die in Nature Metabolism veröffentlichte Studie entstand in Zusammenarbeit zwischen Helmholtz Munich, der Globalen Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD) und der Technischen Universität Dresden.
Typ-1-Diabetes: Das Risiko variiert je nachdem, welches Familienmitglied betroffen ist
Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört. Betroffene sind lebenslang auf externes Insulin angewiesen. Kinder, deren Eltern oder Geschwister an Typ-1-Diabetes erkrankt sind, haben ein acht- bis fünfzehnfach erhöhtes Risiko, selbst an dieser Autoimmunerkrankung zu erkranken. Dieses Risiko ist jedoch nicht gleichmäßig verteilt: Kinder von Müttern mit Typ-1-Diabetes haben ein geringeres Risiko, die Krankheit zu entwickeln, als Kinder mit einem betroffenen Vater oder Geschwistern. Interessanterweise wurde gezeigt, dass die genetische Veranlagung für Typ-1-Diabetes bei Nachkommen von Müttern und Vätern mit Typ-1-Diabetes vergleichbar ist. Daher vermuten Forschende seit Längerem, dass eine frühe epigenetische Programmierung ein Schlüsselfaktor für den schützenden Effekt des mütterlichen Typ-1-Diabetes sein könnte.
Epigenetische Mechanismen wie die DNA-Methylierung bestimmen, welche Gene letztendlich abgelesen und exprimiert werden. Bedingungen wie das Rauchverhalten der Mutter, Erkrankungen, Stress oder Ernährung können zu Veränderungen im Methylierungsmuster der DNA führen. So können durch Umweltfaktoren im Mutterleib Gene an- oder abgeschaltet werden – mit weitreichenden Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes in frühen Lebensphasen und auch später. Auch bestimmte Bedingungen im Mutterleib einer Mutter mit Typ-1-Diabetes, das sogenannte intrauterine Umfeld, können so das Risiko des Kindes für Inselautoimmunität durch epigenetische Modifikationen beeinflussen.
Veränderte Methylierung von Typ-1-Diabetes Risikogenen scheint vor Inselautoimmunität zu schützen
„Wir haben Veränderungen der DNA-Methylierung an mehreren Typ-1-Diabetes-Risikogenen bei Kindern beobachtet, die von Müttern mit Typ-1-Diabetes geboren wurden“, sagt Prof. Sandra Hummel, Forscherin am Institut für Diabetesforschung bei Helmholtz Munich und Letztautorin der Studie.
Ihr Team untersuchte, wie sich ein mütterlicher Typ-1-Diabetes auf das Epigenom des Kindes auswirkt. In einer neuen Studie betrachteten die Forschenden das gesamte Epigenom von Kindern, deren Mütter an Typ-1-Diabetes erkrankt sind. Dabei identifizierten sie bestimmte DNA-Markierungen, die die Expression mehrerer Gene beeinflussen, welche eine zentrale Rolle für die Funktion des Immunsystems spielen.
Die Forschenden analysierten Blutproben von 1752 Kindern im Alter von etwa zwei Jahren aus den Kohorten der BABYDIAB-, BABYDIÄT- und POInT-Studie. Alle eingeschlossenen Kinder wiesen ein erhöhtes genetisches Risiko für Typ-1-Diabetes auf. Um Unterschiede im Zusammenhang mit dem mütterlichen Diabetes zu finden, verglichen sie die DNA-Methylierungsmuster von 790 Kindern mit einer an Typ-1-Diabetes erkrankten Mutter und 962 Kindern ohne.
„Unsere Analyse zeigt Unterschiede in der Methylierung zahlreicher genetischer Regionen bei Kindern von Müttern mit Typ-1-Diabetes, insbesondere im sogenannten HOXA-Gencluster sowie in der MHC-Region. Die MHC-Region gilt als wichtigstes Gen für die Anfälligkeit und Schutz gegenüber Typ-1-Diabetes. Zudem konnten wir bei diesen Kindern einen Zusammenhang zwischen epigenetischen Veränderungen und der Expression von 15 Risikogenen beobachten,“ erklärt Dr. Raffel Ott, leitender Wissenschaftler am Institut für Diabetesforschung und Erstautor der Studie.
In einem nächsten Schritt überprüften die Forschenden ihre Ergebnisse bei Kindern ohne eine Mutter mit Typ-1-Diabetes. Dazu berechneten sie einen Methylierungs-Risiko-Score, der 34 unterschiedlich methylierte Genorte beinhaltet, die mit einem erhöhten Typ-1-Diabetes-Risiko in Verbindung stehen und die Exposition gegenüber mütterlichem Typ-1-Diabetes am besten widerspiegelten. Es zeigte sich, dass Kinder, die bereits eine Inselautoimmunität entwickelt hatten, signifikant niedrigere Scores aufweisen. Das deutet auf weniger schützende epigenetische Modifikationen in ihrer DNA hin. Die Ergebnisse legen nahe, dass Umweltfaktoren das Risiko für Inselautoimmunität durch epigenetische Veränderungen an zentralen Risikogenen beeinflussen können.
550 000 US-Dollar für die Erforschung der Schutzwirkung von mütterlichem Typ-1-Diabetes
In einem Folgeprojekt unter der Leitung von Sandra Hummel wollen die Forschenden genauer untersuchen, was die relative Schutzwirkung von mütterlichem Typ-1-Diabetes ausmacht. Sie möchten herausfinden, welche Typ-1-Diabetes-Risikogene durch den mütterlichen Diabetes epigenetisch beeinflusst werden und ob ähnliche epigenetische Effekte auch bei Kindern von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes auftreten. Hierzu arbeitet das Team gemeinsam mit Prof. Ezio Bonifacio und Kolleg:innen des Zentrums für Regenerative Therapien Dresden der Technischen Universität Dresden.
In Zusammenarbeit mit weiteren Forschenden von Helmholtz Munich wird das Projekt außerdem potenzielle Protein- und Metabolom-Biomarker untersuchen, die mit DNA-Methylierungsmustern in Zusammenhang stehen. Zudem soll erforscht werden, wie diese molekularen Veränderungen zum Schutz vor Inselautoimmunität beitragen. Hierzu analysieren die Forschenden Bioproben aus den GPPAD-Studien, den BABYDIAB- und BABYDIÄT-Kohorten sowie der Fr1da-Studie. Das Projekt wird vom Leona M. and Harry B. Helmsley Charitable Trust mit über 550 000 US-Dollar gefördert.
Über die Forschenden
Dr. Raffael Ott, Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Munich
Prof. Sandra Hummel, Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Munich
Über Helmholtz Munich
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren sich auf umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt rund 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de
Prof. Sandra Hummel
E-Mail: sandra.hummel@helmholtz-munich.de
Ott et al., 2025: Blood methylome signatures in children exposed to maternal type 1 diabetes are linked to protection against islet autoimmunity. Nature Metabolism. DOI: 10.1038/s42255-025-01403-w
https://www.nature.com/articles/s42255-025-01403-w
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Medicine
transregional, national
Research results
German

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