Tübinger Forschende wollen mit RNA-Editierung chronische Lebererkrankungen und Leberkrebs auf völlig neue Weise behandeln.
Leberkrankheiten sind weltweit auf dem Vormarsch. Ein europäisches Forschungsteam unter Leitung der Tübinger Wissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Stafforst, Prof. Dr. Mathias Heikenwälder und dem israelischen Forschenden Prof. Dr. Erez Levanon will das ändern. Ihr neues Projekt „HepaModulatoR“ soll mithilfe von RNA-Editierung präzise, sichere und personalisierte Therapien gegen Fettleber, Entzündung und Leberkrebs entwickeln. Dafür erhalten sie zehn Millionen Euro vom Europäischen Forschungsrat.
Wenn die Leber aufgibt
Die Leber gilt als Stoffwechselzentrum des Körpers und besitzt die Fähigkeit, sich selbst zu regenerieren. Doch wenn sie aus dem Gleichgewicht gerät, sind die Folgen verheerend: Millionen Menschen weltweit leiden unter Fettleber, Virusinfektionen oder anderen chronischen Schäden, die bis hin zu Leberkrebs führen können. Leberkrebs ist heute die vierthäufigste Krebstodesursache – und die Heilungschancen sind noch immer gering. Mit dem Projekt „HepaModulatoR“ startet jetzt eine europäische Initiative, die Lebererkrankungen an ihrer molekularen Wurzel bekämpfen will – mit modernster RNA-Technologie und einem neuen Verständnis von Präzisionsmedizin.
Die Kraft der gezielten Korrektur
Während sogenannte Gen-Scheren die DNA, also den Träger der Erbinformationen, dauerhaft verändern, nutzt die RNA-Editierung einen sanfteren Ansatz. Statt den Bauplan der Erbinformation umzuschreiben, nimmt sie vorübergehende Korrekturen an der RNA vor – jener Zwischenstufe, die dafür sorgt, dass Gene tatsächlich in Proteine übersetzt werden. „Wir wollen Leberzellen dabei unterstützen, sich selbst zu helfen“, sagt Prof. Dr. Mathias Heikenwälder, wissenschaftlicher Direktor am M3 Forschungszentrum der Medizinischen Fakultät Tübingen und ausgewiesener Experte für Leberentzündungen. „Wenn wir Krankheitsprozesse frühzeitig und präzise steuern können, schaffen wir völlig neue Möglichkeiten in der Behandlung chronischer Lebererkrankungen.“
Zehn Millionen Euro für visionäre Forschung
Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert das Forschungsprojekt „HepaModulatoR“ mit einem Synergy Grant in Höhe von zehn Millionen Euro für die Jahre 2026 bis 2032. „Unsere Vision ist es, RNA-Medikamente zu entwickeln, die sich flexibel an verschiedene Krankheitsstadien anpassen lassen“, betont Prof. Dr. Thorsten Stafforst vom Institut für Biochemie der Universität Tübingen und Gründungsmitglied des Tübinger Zentrums für Gen- und RNA-Therapie. „Wir kombinieren molekulare Präzision mit medizinischer Praxisnähe – das ist einzigartig in Europa.“ Die Tübinger Forschenden arbeiten mit ihrem Kollegen Prof. Dr. Erez Levanon der Bar-Ilan-Universität in Israel an dem gemeinsamen Ziel: neue RNA-Medikamente zu entwickeln, die Leberzellen in verschiedenen Krankheitsstadien neu programmieren – vom gestörten Stoffwechsel bis zum Tumorwachstum.
Drei Ansatzpunkte gegen die Lebererkrankungen
Das Forschungsteam verfolgt drei Schwerpunkte. In der Frühphase soll der Leberstoffwechsel stabilisiert werden, damit sich Fette und Zucker nicht schädlich ansammeln. In mittleren Stadien will man chronische Entzündungen bremsen, um Lebergewebe zu schützen und in späten Stadien, wenn Krebs entsteht, soll das Immunsystem aktiviert werden, um Tumorzellen gezielt zu vernichten. Diese Kombination aus Prävention, Regulation und Immunaktivierung könnte völlig neue Therapiepfade eröffnen – gerade für Patientinnen und Patienten, bei denen herkömmliche Behandlungen versagen.
Spitzenforschung aus Tübingen
Beide beteiligten Tübinger Forscher sind Mitglieder des iFIT Exzellenzclusters, Deutschlands einzigem onkologischem Exzellenzcluster, der sich vollständig der Krebsforschung widmet. Diese Umgebung bietet eine herausragende Infrastruktur und fördert die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen. Das Labor von Heikenwälder bringt jahrzehntelange Erfahrung mit Modellen für Leberentzündung und Krebs ein, während das Team von Stafforst als internationaler Pionier der RNA-Editierung gilt. Gemeinsam bündeln sie ihre Kompetenzen, um den Leberstoffwechsel und das Immunsystem in verschiedenen Krankheitsstadien gezielt zu modulieren.
Perspektiven für die Zukunft
Langfristig will „HepaModulatoR“ mehr als nur neue Medikamente hervorbringen. Es soll auch zeigen, dass RNA-basierte Medizin ein Werkzeug für viele Krankheiten sein kann – sicher, flexibel und auf den einzelnen Menschen zugeschnitten. „Wir stehen erst am Anfang“, sagt Heikenwälder. „Aber wenn wir verstehen, wie man die Sprache der Zellen auf RNA-Ebene richtig interpretiert und verändert, dann ist das nicht weniger als ein Paradigmenwechsel in der Medizin.“
Prof. Dr. Mathias Heikenwälder
Prof. Dr. Thorsten Stafforst
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine
transregional, national
Research projects
German

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