Vorige Woche wurden vier Laserstrahlen in den Himmel über dem Standort Paranal der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile projiziert. Die Laser werden jeweils zur Erzeugung eines künstlichen Sterns verwendet, mit dessen Hilfe die durch die Erdatmosphäre verursachte Unschärfe vermessen und anschließend korrigiert werden kann. Diese Laser, jeweils einer an jedem der 8-Meter-Teleskope des VLT, ist ein wichtiger Meilenstein des GRAVITY+-Projekts. Dabei handelt es sich um eine umfangreiche Aufrüstung des Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der ESO. GRAVITY+ ermöglicht dem VLTI eine verbesserte Beobachtungskapazität und eine wesentlich größere Abdeckung des Himmels als bisher möglich.
„Dies ist ein sehr wichtiger Meilenstein für eine weltweit einzigartige Einrichtung“, sagt Antoine Mérand, ESO-Astronom und VLTI-Programmwissenschaftler.
Das VLTI kombiniert das Licht von mehreren Einzelteleskopen des VLT (entweder den vier Acht-Meter-Hauptteleskopen (UTs) oder den vier kleineren Hilfsteleskopen) mittels Interferometrie. GRAVITY+ ist ein Upgrade für das VLTI mit Schwerpunkt auf GRAVITY, einem sehr erfolgreichen VLTI-Instrument, das genutzt wurde, um Exoplaneten abzubilden, nahe und ferne Sterne zu beobachten und detaillierte Beobachtungen von lichtschwachen Objekten durchzuführen, die das supermassereiche Schwarze Loch der Milchstraße umkreisen.
GRAVITY+ umfasst auch infrastrukturelle Änderungen an den Teleskopen und Modernisierungen der unterirdischen VLTI-Tunnel, in denen die Lichtstrahlen zusammengeführt werden. Die Installation eines Lasers an jedem der zuvor nicht damit ausgestatteten Hauptteleskope (UTs) ist eine zentrale Errungenschaft dieses Langzeitprojekts und macht das VLTI zum leistungsstärksten optischen Interferometer der Welt.
„Das VLTI mit GRAVITY hat bereits so viele unvorhergesehene Entdeckungen ermöglicht; wir sind gespannt, wie GRAVITY+ die Grenzen noch weiter verschieben wird“, sagt der wissenschaftliche Leiter (Principal Investigator) von GRAVITY+, Frank Eisenhauer vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Deutschland, das das Konsortium leitete, welches das Upgrade durchführte.
Die Reihe der Modernisierungen läuft bereits seit einigen Jahren und umfasst die technische Überarbeitung der adaptiven Optik – ein System zur Korrektur der durch die Erdatmosphäre verursachten Unschärfe – mit fortschrittlichen, hochmodernen Sensoren und deformierbaren Spiegeln. Bisher erfolgten die Korrekturen der adaptiven Optik beim VLTI durch die Ausrichtung auf helle Referenzsterne, die sich in der Nähe des Ziels befinden mussten, was die Anzahl der beobachtbaren Objekte einschränkte. Mit der Installation eines Lasers an jedem der Hauptteleskope (UTs) wird nun ein heller künstlicher Stern 90 km über der Erdoberfläche erzeugt, der die Korrektur der atmosphärischen Unschärfe überall am Himmel ermöglicht. Dies erschließt dem VLTI den gesamten Südhimmel und steigert seine Beobachtungsleistung dramatisch.
„Damit können wir nun Objekte im frühen, weit entfernten Universum beobachten. Dazu gehört auch der Quasar, den wir in der zweiten Nacht untersucht haben und bei dem wir das heiße, leuchtende Sauerstoffgas in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs nachweisen konnten“, sagt Taro Shimizu, Astronom am MPE und Mitglied des Instrumentenkonsortiums. Mit Lasern an den vom VLTI genutzten Teleskopen können Forschende ferne aktive Galaxien untersuchen und direkt die Masse der supermassereichen Schwarzen Löcher messen, die sie antreiben, sowie junge Sterne und die sie umgebenden planetenbildenden Scheiben beobachten.
Die verbesserten Fähigkeiten des VLTI werden die Lichtmenge, die durch das System laufen kann, drastisch erhöhen, wodurch die Anlage bis zu 10-mal empfindlicher wird. „Ein wichtiges Ziel von GRAVITY+ ist es, tiefe Beobachtungen von lichtschwachen Zielen zu ermöglichen“, erklärt Julien Woillez, ESO-Astronom und GRAVITY+-Projektwissenschaftler. Somit werden Beobachtungen von isolierten stellaren Schwarzen Löchern, freischwebenden Planeten (die keinen Mutterstern umkreisen) und den Sternen ermöglicht, die dem supermassereichen Schwarzen Loch Sgr A* der Milchstraße am nächsten sind.
Ein erstes Ziel für die Teams von GRAVITY+ und der ESO am Paranal, die Testbeobachtungen mit den neuen Lasern durchführten, war der Tarantelnebel, ein Sternentstehungsgebiet in unserer Nachbargalaxie, der Großen Magellanschen Wolke. Diese ersten Beobachtungen zeigten, dass ein helles Objekt im Nebel, das man für einen einzelnen Stern hielt, in Wirklichkeit ein Doppelsternsystem aus zwei eng beieinander liegenden Sternen ist. Dies stellt die beeindruckenden Fähigkeiten und das wissenschaftliche Potenzial des modernisierten VLTI unter Beweis.
Diese Verbesserung ist mehr als nur eine Aktualisierung und wurde bereits vor Jahrzehnten ins Auge gefasst. Das Lasersystem wurde 1986 im Abschlussbericht des „Very Large Telescope Project“ vorgeschlagen, noch bevor das VLTI überhaupt existierte: „Wenn es in der Praxis funktioniert, wäre es ein Durchbruch“, hieß es im Bericht. Jetzt ist dieser Durchbruch Realität.
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Weitere Informationen
Das GRAVITY+-Konsortium besteht aus den folgenden Partnern:
- Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE); Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA); Universität zu Köln (Deutschland)
- Institut National des Sciences de l'Univers, Nationales Französisches Zentrum für wissenschaftliche Forschung; Institut de Planétologie et d'Astrophysique de Grenoble; Laboratoire d’instrumentation et de recherche en astrophysique (LIRA); Lagrange Laboratory; Centre de Recherche Astrophysique de Lyon (Frankreich)
- Instituto Superior Técnico’s Centre for Astrophysics and Gravitation (CENTRA); Universität Lissabon; Universität Porto (Portugal)
- Universität Southampton (Großbritannien)
- Katholieke Universiteit Leuven (Belgien)
- University College Dublin (Irland)
- Instituto de Astronomía – Universidad Nacional Autónoma de México (Mexiko)
- Europäische Südsternwarte
Die GRAVITY+-Mitverantwortlichen (Co-Investigators) sind: Frank Eisenhauer (wissenschaftlicher Leiter, Principal Investigator; MPE, Deutschland), Paulo Garcia (Faculdade de Engenharia, Universidade do Porto und Forschungsgruppe CENTRA, Portugal), Sebastian Hönig (University of Southampton, Großbritannien), Laura Kreidberg (Max-Planck-Institut für Astronomie, Deutschland), Jean-Baptiste Le Bouquin (Institut de Planétologie et d'Astrophysique de Grenoble, Université Grenoble Alpes, Frankreich), Thibaut Paumard (LIRA, Observatoire de Paris, Frankreich) und Christian Straubmeier (Universität zu Köln, Deutschland).
Vonseiten der ESO wird das GRAVITY+-Upgrade geleitet von Frederic Gonte (Projektleiter), Julien Woillez (Projektwissenschaftler), Sylvain Oberti (Projektingenieur) und Luis Esteras Otal (VLTI-Systemingenieur).
Das Paranal-Observatorium der ESO in Chile ist derzeit durch das geplante INNA-Projekt bedroht, das nur rund 11 Kilometer vom VLTI entfernt errichtet werden soll. Besonders problematisch sind erwartete Mikrovibrationen, da sie das Zusammenführen des Lichts in den VLTI-Tunneln erheblich erschweren. Eine detaillierte technische Analyse Anfang dieses Jahres ergab, dass die Windturbinen des INNA-Projekts Bodenerschütterungen verursachen könnten, die ausreichen könnten, den VLTI-Betrieb zu beeinträchtigen. Die Verlagerung geplanter Projekte wie INNA aus der Umgebung von Paranal ist entscheidend, um den Betrieb erstklassiger astronomischer Einrichtungen zu gewährleisten und einen außergewöhnlichen Standort mit unberührtem Nachthimmel und einzigartigen Beobachtungsbedingungen langfristig zu schützen.
Die Europäische Südsternwarte (ESO) befähigt Wissenschaftler*innen weltweit, die Geheimnisse des Universums zum Nutzen aller zu entdecken. Wir entwerfen, bauen und betreiben Observatorien von Weltrang. Astronom*innen nutzen sie, um spannende Fragen zu beantworten und die Faszination der Astronomie zu wecken. Außerdem fördern wir die internationale Zusammenarbeit in der Astronomie. Die ESO wurde 1962 als zwischenstaatliche Organisation gegründet. Heute wird sie von 16 Mitgliedsländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, und Tschechien) sowie dem Gastland Chile und Australien als strategischem Partner unterstützt. Der Hauptsitz der ESO sowie das Besucherzentrum und Planetarium, die ESO Supernova, befinden sich in der Nähe von München in Deutschland. Die Teleskope der ESO stehen in der chilenischen Atacama-Wüste, einem wunderbaren Ort mit einzigartigen Bedingungen für die Himmelsbeobachtung. Die ESO betreibt drei Beobachtungsstandorte: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal stehen das Very Large Telescope (VLT) mit dem zugehörigen Very Large Telescope Interferometer (VLTI) sowie Durchmusterungsteleskope wie VISTA. Ebenfalls am Paranal wird die ESO das südliche Feld des Cherenkov Telescope Array (CTAO) betreiben, das größte und empfindlichste Gammastrahlen-Observatorium der Welt. Zusammen mit internationalen Partnern betreibt die ESO auf dem Hochplateau von Chajnantor das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) zur Beobachtung des Himmels im Millimeter- und Submillimeterbereich. Auf dem Cerro Armazones, nahe dem Paranal, errichten wir derzeit das Extremely Large Telescope (ELT). Es wird das größte optische Teleskop der Welt sein und wird oft als „das weltweit größte Auge am Himmel“ bezeichnet. Von unseren Büros in Santiago de Chile aus unterstützen wir unsere Aktivitäten im Land. Außerdem arbeiten wir mit chilenischen Partnern und der Gesellschaft zusammen.
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
Frank Eisenhauer
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
Garching bei München, Deutschland
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E-Mail: eisenhau@mpe.mpg.de
Taro Shimizu
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Antoine Mérand
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Julien Woillez
Europäische Südsternwarte
Garching bei München, Deutschland
Tel: +49 89 3200 6273
E-Mail: jwoillez@eso.org
https://www.eso.org/public/germany/news/eso2519/ - Originalpressemitteilung der ESO mit weiteren Bildern und Videos
Vier Laser für das VLTI
Source: Anthony Berdeu
Copyright: A. Berdeu/ESO
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Physics / astronomy
transregional, national
Research projects
German

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