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11/11/2025 11:00

Mit Zellen reden: AI ermöglicht biologische Datenanalyse im Chat-Dialog mit dem Computer

Wolfgang Däuble Public Relations
CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

    Die RNA-Analyse eröffnet faszinierende Einblicke in die Funktionsweise von Zellen – doch die Auswertung der Daten ist komplex und erfordert fundierte Bioinformatik-Kenntnisse. Forschende des CeMM, der Medizinischen Universität Wien und der St. Anna Kinderkrebsforschung haben nun eine Artificial Intelligence (AI) Methode entwickelt, mit der man die Daten in natürlicher Sprache erkunden kann – also auf Englisch mit dem Computer chatten statt zu programmieren. Die Studie wurde in Nature Biotechnology veröffentlicht (DOI 10.1038/s41587-025-02857-9) und zeigt, wie moderne AI Methoden die biomedizinische Forschung effizienter und zugänglicher machen und unser Verständnis von Krankheiten fördern.

    (Wien, 11. November 2025) Dank fortgeschrittener RNA-Sequenzierungs-Technologie können heute Millionen einzelner Zellen gleichzeitig analysiert werden. So entstehen detaillierte Karten der Genaktivität als Grundlage für unser biologisches Verständnis des menschlichen Körpers und seiner Erkrankungen, und für die Entwicklung neuer Therapien. Doch die Auswertung dieser Daten ist komplex and erfordert ein tiefes biologisches Verständnis sowie die Fähigkeit, einfache Computerprogramme bzw. Skripte für die Datenanalyse zu schreiben.

    Wäre es möglich, die Forschenden mit einem intelligenten AI-Assistenten auszustatten, mit dem sie in normaler Sprache über ihre Daten sprechen können, ohne Programmierkenntnisse? Das ist die Idee von CellWhisperer, einem AI-Werkzeug für die Analyse von RNA-Daten, das im Labor von Christoph Bock, Principal Investigator am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Professor an der Medizinischen Universität Wien, entwickelt wurde.

    CellWhisperer ist eine AI-Methode und Software, die die zellspezifische Gen-Aktivität mit beschreibendem Text für mehr als eine Millionen biologische Proben kombiniert und daraus die biologischen Grundlagen für eine Vielzahl von Zelltypen, Organen und Krankheiten lernt. Über ein Chat-Fenster können Nutzer:innen biologische Fragen zu ihren Daten stellen – ganz ähnlich, als wenn sie mit einem Bioinformatik-Kollegen sprechen würden. CellWhisperer ist Web-basiert und frei zugänglich: https://cellwhisperer.bocklab.org.

    Von Genen zu Text – und zurück

    Im Kern von CellWhisperer steckt ein multimodales Deep-Learning-Modell. Es wurde darauf trainiert, die Aktivitätsmuster von Genen mit ihren biologischen Funktionen zu verknüpfen. Die dafür verwendeten Informationen stammen aus öffentlich verfügbaren Datenbanken und wurden mit AI-Unterstützung aufbereitet. Auf dieser Basis kann CellWhisperer riesige RNA-Datensätze mit einfachen Textanfragen durchsuchen – zum Beispiel: “Show me immune cells from the inflamed colon of patients with autoimmune diseases”.

    Dieses System umfasst auch ein Sprachmodell, das typische Gespräche zwischen Biologen und Bioinformatikern nachbildet. Das Ergebnis: Die Chats mit CellWhisperer fühlen sich an, als würde man mit einem fachkundigen Kollegen sprechen, der die RNA-Daten kennt und biologisches Wissen einbringt. Man kann zum Beispiel nach aktiven Genen in bestimmten Zelltypen und ihrer möglichen biologischen Bedeutung fragen.

    „Durch das Training mit experimentellen Daten aus über 20.000 Studien hat CellWhisperer biologische Funktionen von Genen und Zellen gelernt“, erklärt Moritz Schäfer, Co-Erstautor der Studie, ehemaliger Postdoktorand in der Forschungsgruppe von Christoph Bock am CeMM und nun an der Stanford University tätig. „Damit lässt sich das Tool unmittelbar auf neue RNA-Daten anwenden – und macht es deren Analyse viel einfacher und spannender“.

    AI als Partner in der biomedizinischen Forschung

    Um das wissenschaftliche Potenzial von CellWhisperer zu testen, wurde es zur Analyse der menschlichen Embryonalentwicklung eingesetzt. Mit einfachen Suchanfragen wie „heart“ oder „brain“ identifizierte das Modell wesentliche Phasen, Zelltypen und Gene bei der Entstehung menschlicher Organe. Viele der identifizierten Gene stimmten mit bekannten Markern überein, während andere auf bisher übersehene Kandidaten hinwiesen.

    „CellWhisperer erleichtert die biomedizinische Forschung. Es hilft mir zu verstehen, was in den Zellen vor sich geht, die ich untersuche“, sagt Peter Peneder, Co-Erstautor von der St. Anna Kinderkrebsforschung.

    „Wissenschaft ist Teamarbeit, und mit CellWhisperer haben wir jetzt einen AI-basierten Forschungsassistenten in unserem Team. CellWhisperer hilft uns besonders dabei, einen ersten Eindruck von neuen Datensätzen zu gewinnen und herauszufinden, wo wir tiefer analysieren sollten. Diese AI unterstützt und stärkt uns als menschliche Wissenschaftler“, betont Christoph Bock.

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    Die Studie „Multimodal learning enables chat-based exploration of single-cell data“ erschien am 11. November 2025 in der Zeitschrift Nature Biotechnology. DOI:10.1038/s41587-025-02857-9
    Autor:innen: Moritz Schaefer*, Peter Peneder*, Daniel Malzl, Salvo Danilo Lombardo, Mihaela Peycheva, Jake Burton, Anna Hakobyan, Varun Sharma, Thomas Krausgruber, Celine Sin, Jörg Menche, Eleni M. Tomazou, Christoph Bock (* geteilte Erstautoren )

    Förderung: Diese Arbeit wurde vom European Research Council (ERC), dem Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), dem Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds (WWTF) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unterstützt.

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    Das CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist eine internationale, unabhängige und interdisziplinäre Forschungseinrichtung für molekulare Medizin unter wissenschaftlicher Leitung von Giulio Superti-Furga. Das CeMM orientiert sich an den medizinischen Erfordernissen und integriert Grundlagenforschung sowie klinische Expertise, um innovative diagnostische und therapeutische Ansätze für eine Präzisionsmedizin zu entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte sind Krebs, Entzündungen, Stoffwechsel- und Immunstörungen, sowie seltene Erkrankungen und Altern. Das Forschungsgebäude des Institutes befindet sich am Campus der Medizinischen Universität und des Allgemeinen Krankenhauses Wien.
    www.cemm.at

    Die St. Anna Kinderkrebsforschung (St. Anna CCRI) ist eine internationale und interdisziplinäre Forschungseinrichtung, die das Ziel verfolgt, durch innovative Forschung diagnostische, prognostische und therapeutische Strategien für die Behandlung von an Krebs erkrankten Kindern und Jugendlichen weiterzuentwickeln und zu verbessern. Unter Einbeziehung der spezifischen Besonderheiten kindlicher Tumorerkrankungen arbeiten engagierte Forschungsgruppen auf den Gebieten Tumorgenomik und -epigenomik, Immunologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Bioinformatik und klinische Forschung gemeinsam daran, neueste wissenschaftlich-experimentelle Erkenntnisse mit den klinischen Bedürfnissen der Ärzt*innen in Einklang zu bringen und das Wohlergehen der jungen Patient*innen nachhaltig zu verbessern. www.ccri.at | www.kinderkrebsforschung.at

    Die Medizinische Universität Wien ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.600 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit mehr als 6.500 Mitarbeiter:innen, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, zwölf medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich. Die Medizinische Universität Wien besitzt mit dem Josephinum auch ein medizinhistorisches Museum.

    Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

    Wolfgang Däuble
    Media Relations Manager / Science Writer
    Phone +43-1/40160-70092
    wdaeuble@cemm.at
    CeMM

    Research Center for Molecular Medicine
    of the Austrian Academy of Sciences
    Lazarettgasse 14, AKH BT 25.3
    1090 Vienna, Austria
    www.cemm.at


    Contact for scientific information:

    Die Studie „Multimodal learning enables chat-based exploration of single-cell data“ erschien am 11. November 2025 in der Zeitschrift Nature Biotechnology. DOI:10.1038/s41587-025-02857-9


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    AI-basierte Visualisierung des Konzepts der Zellanalyse durch Chats in englischer Sprache
    AI-basierte Visualisierung des Konzepts der Zellanalyse durch Chats in englischer Sprache

    Copyright: © CeMM

    Screenshot der CellWhisperer AI zur chat-basierten Analyse von RNA-Daten
    Screenshot der CellWhisperer AI zur chat-basierten Analyse von RNA-Daten
    Source: © Moritz Schäfer
    Copyright: © Moritz Schäfer


    Attachment
    attachment icon Hauptautoren der Studie (von links nach rechts): Moritz Schaefer, Peter Peneder, Christoph Bock

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
    Biology, Information technology, Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

    AI-basierte Visualisierung des Konzepts der Zellanalyse durch Chats in englischer Sprache


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