idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
11/17/2025 10:28

Neue Technologie holt CO2 aus der Atmosphäre

Dr. Florian Aigner PR und Marketing
Technische Universität Wien

    Durch ein neuartiges Verfahren kann man mit verringertem Energieaufwand CO2 aus der Luft abscheiden.

    Ein Gamechanger für die CO2-Abscheidung soll es werden: Der neuentwickelte Prototyp in Größe eines Lastwagencontainers holt pro Jahr 50 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre – und das mit rekordverdächtig niedrigem Energiebedarf von 2000 Kilowattstunden pro Tonne. Die neu entwickelte Anlage, Austrian Pilot Unit 1 (APU1), wurde letzten Sommer in Betrieb genommen und wird nun sukzessive weiterentwickelt und skaliert. Gestartet und finanziert wurde das Projekt vom US-amerikanischen Investors Peter Relan, Gründer und Präsident der Dharma Karma Foundation.

    Die Idee, klimaschädliches CO2 aus der Umgebungsluft zu filtern, ist nicht neu. Aber dieser technologisch neue Ansatz fokussiert auf der Minimierung des Strombedarfs der Anlage. So entstand ein kompaktes Modul, das in Zukunft flexibel eingesetzt werden kann: Einzelne Einheiten können etwa von kleineren Firmen oder privaten Initiativen genutzt werden, größere Unternehmen könnten aus vielen Modulen eine Großanlage zusammenstellen. Der nächste Schritt ist die Errichtung einer 1.000-Tonnen-Anlage, um Module für einen kommerziellen Maßstab zu entwickeln.

    Schlüsselfrage für die Klima-Zukunft

    Klar ist: CO2-Abscheidung bedeutet nicht, dass man in Zukunft bedenkenlos CO2 in die Atmosphäre pumpen kann. An der Reduktion der CO2-Emissionen führt kein Weg vorbei. Aber selbst das wird nicht reichen, zusätzlich wird man auch CO2, das bereits in die Atmosphäre gelangt ist, zurückholen müssen. In bestehenden Klimamodellen ist diese CO2-Abscheidung bereits miteinberechnet, obwohl die Technologie dafür noch gar nicht auf dem Markt ist. Dadurch wird CO2-Abscheidung zu einer zentralen Frage für unsere Klimazukunft: Gelingt es nicht, CO2 in den nächsten Jahrzehnten in großem Stil aus der Atmosphäre zu holen, wird sich der Klimawandel noch deutlich negativer entwickeln als bisher vorhergesagt.

    Feinkörniges Filtermaterial bindet CO2

    Bestimmte Materialien, etwa Amine, können CO2 aus der Luft an sich binden. Man verwendet das Material in feinkörniger Form, Luft wird durchgepumpt und dabei fast vollständig von CO2 befreit. Irgendwann ist das Filtermaterial aber gesättigt, dann muss das gebundene CO2 entfernt und anderswo gespeichert werden. Dafür muss das Filtermaterial auf hohe Temperaturen gebracht werden – ein großer Teil des Gesamtenergiebedarfs der Anlage entfällt auf diesen Schritt. Das gebundene CO2 löst sich bei diesen höheren Temperaturen vom Material, danach kann das regenerierte Material wieder CO2 aus der Luft filtern.

    In bisherigen Anlagen fanden beide Schritte – das Filtern und das Regenerieren – am selben Ort statt. Dadurch geht aber Energie verloren, weil nicht nur das Filtermaterial, sondern auch die Behälter und die technischen Vorrichtungen rundherum in jedem Zyklus aufgeheizt werden und dann wieder abkühlen. Um diesem Energieverlust zu begegnen wurde eine Technologie entwickelt, bei der das Filtermaterial automatisch zwischen einem heißen und einem kalten Behälter hin und her geschickt wird.

    Zwei-Zonen-Verfahren spart Energie

    Die Behälter, in denen der eigentliche Filterprozess stattfindet, muss daher niemals hohe Temperaturen erreichen. Ist das Material gesättigt, wird es durch ein spezielles Transportsystem in den Regenerator geschickt – nur dort sind hohe Temperaturen nötig. Zusätzlich kann durch eine ausgeklügelte Anordnung mehrerer Regeneratoren eine äußerst energieeffiziente Regeneration des Filtermaterials erreicht werden. Danach gelangt das Filtermaterial wieder zurück. Durch diesen Trick erreicht man eine Energiebilanz, die andere Anlagen übertrifft. Für eine Tonne CO2 werden ungefähr 2000 kWh gebraucht.

    Wird Wärme aus anderen Quellen zugeführt, kann die auch die APU1 noch einmal sparsamer betrieben werden. Sie eignet sich etwa ausgezeichnet für die Kopplung mit Energieanlagen, die Wärme produzieren. Gerade Niedrigtemperatur-Abwärme, wie die neue Anlage sie benötigt, wird heute oft nicht genutzt, sondern einfach als Abwärme in die Umgebung entlassen.

    Genau auf diese Weise, so sind Forschungsteam und Investoren überzeugt, wird diese Technologie ökonomisch interessant: Die Idee ist nicht unbedingt, ein großes, zentrales CO2-Abscheidewerk zu errichten, sondern eine kompakte, skalierbare Technologie anzubieten, die dann nach individuellem Bedarf installiert werden kann – ähnlich wie man heute maßgeschneiderte Photovoltaik-Anlagen installiert.

    Die TU Wien hat den Prozess und die ersten Prototypen entwickelt und ihr Know How sowie ihre Testergebnisse im Labormaßstab für die aktuelle Anlage zur Verfügung gestellt. Das US-amerikanische Startup DAClab und das österreichische Startup DACworx griffen dieses Wissen auf, um die Austrian Pilot Unit 1 (APU1) für Direct Air Capture zu entwickeln und zu bauen, wie sie zuletzt vorgestellt wurde. Gemeinsam mit Mitarbeitern der TU Wien wurde die Pilotanlage kürzlich in Betrieb genommen.


    Contact for scientific information:

    TU Wien, Institute of Chemical, Environmental and Bioscience Engineering
    https://www.tuwien.at/tch/icebe/fes

    Dr. Stefan Müller
    Brennstoff- und Energiesystemtechnik
    Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
    +43 1 58801 166366
    stefan.mueller@tuwien.ac.at


    Images

    Die CO2-Abscheidungsanlage passt in einen gewöhnlichen Container
    Die CO2-Abscheidungsanlage passt in einen gewöhnlichen Container
    Source: TU Wien
    Copyright: TU Wien

    Andreas Wallmüller und Peter Steinschaden
    Andreas Wallmüller und Peter Steinschaden
    Source: TU Wien
    Copyright: TU Wien


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Energy, Environment / ecology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Die CO2-Abscheidungsanlage passt in einen gewöhnlichen Container


    For download

    x

    Andreas Wallmüller und Peter Steinschaden


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).