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11/20/2025 15:25

Mehrheit der Deutschen kennt neue digitale Verbraucherrechte nicht

Dr. Myriam Rion Pressestelle
Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb

    Eine aktuelle Studie warnt vor einem Misserfolg von Verbraucherrechtsreformen durch Informationslücken. Die repräsentative, vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb durchgeführte Befragung hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland gesetzliche Verbraucherrechte, die ihnen innovative Dienstleistungen und IT-Sicherheit ermöglichen, nicht kennt. Einige Bevölkerungsgruppen sind jedoch systematisch besser informiert. Die Studie empfiehlt gezielte Informationskampagnen.

    - Mehrheit kennt neue digitale Verbraucherrechte nicht: Über 50 % der Deutschen wissen nicht, dass Banken beim Kontowechsel Daten teilen müssen; 73 % kennen ihr Recht auf Sicherheitsupdates nicht.

    - Informationslücken gefährden Reformziele: Fehlendes Wissen untergräbt Wettbewerb, Innovationsanreize und die Wirksamkeit der jüngsten EU-Verbraucherschutzreformen.

    - Bestimmte Gruppen besser informiert: Trendaffine Menschen, Männer sowie je nach Szenario weitere spezifische Gruppen schneiden systematisch besser ab.

    - Klarer Handlungsbedarf: Die Studie empfiehlt gezielte Informationskampagnen, um die neuen Rechte bekannt zu machen und ihre positiven wirtschaftlichen Effekte zu sichern.

    Es wurden zwei Alltagsszenarien untersucht, deren Rechtsgrundlage in den letzten Jahren reformiert wurde. In beiden Szenarien hat der europäische Gesetzgeber das Ziel, den Verbraucherschutz zu stärken, und gleichzeitig Innovationen aktiv zu fördern und letztlich den Wettbewerb zu stärken. Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen stellt Verbraucherinnen und Verbraucher vor neue Herausforderungen, denen nunmehr mit Rechten begegnet wurde. Die Studie dokumentiert jedoch eine mangelnde Bekanntheit der Neuerungen. Es besteht die Gefahr, dass die vom Gesetzgeber intendierten Effekte ausbleiben.

    Kontowechselservice

    Gemäß der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2), die 2018 in deutsches Recht implementiert wurde, sind Banken dazu verpflichtet, Kontodaten über Schnittstellen für andere Bezahl- und Informationsdienstleister zu öffnen. Das soll etwa den Kontowechsel erleichtern. Insgesamt sollten damit Innovationen im Finanzbereich gefördert und der Wettbewerb gestärkt werden.

    Zu beantworten war in der Umfrage: „Angenommen, Sie wollen Ihr Bankkonto wechseln: Muss Ihre aktuelle Bank auf Anfrage Ihre Kontodaten mit der neuen Bank teilen?“ Die richtige Antwort lautet „Ja“.

    Rund 50 % der Befragten haben jedoch falsch geantwortet. Die Analyse zeigt, dass manche Bevölkerungsgruppen systematisch besser informiert sind. Dazu zählen Menschen, die sich für neue Trends interessieren, Besserverdienende, Landbewohner und Männer. Der Familienstand, der Migrationsstatus, das Alter und der Bildungsstand der Befragten wurden ebenfalls überprüft, jedoch beeinflussten diese vier Merkmale das Antwortverhalten nicht statistisch signifikant.

    Nichtwissen ist nachteilig für Wettbewerb und Innovation. Beispielsweise könnten Inhaberinnen und Inhaber von Bankkonten die Kosten des Kontowechsels als zu hoch einschätzen und daher auf einen Kontowechsel verzichten oder neue Dienstleistungen nicht nutzen. Neue innovative Unternehmen, die diese geringe Wechselbereitschaft antizipieren, bleiben dem Markt fern. So erhält Nichtwissen Markteintrittsbarrieren aufrecht.

    Sicherheitsupdates für Laptops

    Gemäß der im Jahr 2022 in deutsches Recht implementierten Digitale-Inhalte-Richtlinie müssen Händler für elektronische Geräte, darunter Laptops, Sicherheitsupdates bereitstellen. Andernfalls gilt das Gerät als defekt und Käufer können gesetzliche Gewährleistungsansprüche geltend machen.

    Die Frage lautete: „Angenommen, Sie haben letztes Jahr einen neuen Laptop gekauft: Muss der Verkäufer Ihnen aktuelle Sicherheitsupdates zukommen lassen?“ Die richtige Antwort lautet „Ja“.

    Rund 73 % der Befragten haben falsch geantwortet. Auch hier sind manche Bevölkerungsgruppen systematisch besser informiert. Dazu zählen Menschen, die sich für neue Trends interessieren, Unter-40-Jährige, Deutsche mit Migrationshintergrund, Ausländer, Männer und auch Eltern von Kindern. Überprüft wurden auch das Haushaltseinkommen, der Wohnort und der Bildungsstand. Diese drei Merkmale beeinflussen das Antwortverhalten jedoch nicht statistisch signifikant.

    Es besteht die Gefahr, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Recht nicht wahrnehmen und höhere Kosten oder defekte Geräte in Kauf nehmen. Daher ist Nichtwissen nachteilig für die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt, denn das Recht auf Sicherheitsupdates korreliert mit erhöhter Nachfrage und erhöhten Innovationsanreizen.

    Handlungsbedarf

    Auch wenn das Problem, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte nicht kennen, bekannt ist, so bestätigt die Studie den dringenden Handlungsbedarf auch in diesen Beispielfällen. Um positive Effekte zu erzielen, empfehlen die Autoren die bereits bestehenden kollektiven Durchsetzungsmechanismen durch gezielte Informationskampagnen zu ergänzen, die Bürgerinnen und Bürgern diese Rechte vermitteln. Dass auch die Technologie selbst hier einen Beitrag leisten kann, ist Teil der weiterführenden Forschung des Instituts.

    Autoren der Studie sind:
    Michael E. Rose, Ph.D., Senior Research Fellow
    Jörg Hoffmann, Senior Research Fellow
    Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D., Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb

    ÜBER DAS MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR INNOVATION UND WETTBEWERB

    Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb betreibt juristische und ökonomische Grundlagenforschung zu Innovations- und Wettbewerbsprozessen und ihrer Regulierung. Im Mittelpunkt der Forschung stehen Anreize und Determinanten für Innovation sowie deren Implikationen. Mit einem herausragenden internationalen Forschungsteam und einer exzellenten wissenschaftlichen und administrativen Infrastruktur, einschließlich der renommierten Bibliothek, ist das Institut Anlaufstelle für Akademikerinnen und Akademiker aus aller Welt und fördert aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Durch das Engage­ment in der wissen­schaft­lichen Aus­bildung unter­stützt das Institut For­schen­de am Beginn ihrer wissen­schaf­tlichen Lauf­bahn und fördert den Wissens­aus­tausch in Zusammen­arbeit mit nationalen und inter­na­tionalen Insti­tutionen. Es informiert und berät im juristischen und ökonomischen Diskurs auf unparteiischer Grundlage. Als unabhängige Forschungseinrichtung stellt das Institut evidenzbasierte Forschungsergebnisse für Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit zur Verfügung.

    Zum Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb: https://www.ip.mpg.de/de/


    Contact for scientific information:

    Michael E. Rose, Ph.D.
    Senior Research Fellow
    https://www.ip.mpg.de/de/personen/rose-michael.html


    Original publication:

    Rose, Michael E., Hoffmann, Jörg, Harhoff, Dietmar (2025). Digital Consumer Law, Competition and the (Un-)Informed Consumer: Evidence from a Survey among German Consumers, Journal of European Consumer and Market Law, 14 (4), 170–177.
    https://kluwerlawonline.com/journalarticle/Journal+of+European+Consumer+and+Mark...

    Deutschsprachige Zusammenfassung:
    Rose, Michael E., Hoffmann, Jörg, Harhoff, Dietmar (2025). Unwissende Bürger, uninformierte Verbraucher: Wenn digitale Vereinfachungen ins Leere laufen, ifo Schnelldienst, 08/2025, 64–70.
    https://www.ifo.de/publikationen/2025/aufsatz-zeitschrift/unwissende-buerger-uni...


    Images

    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results
    German


     

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