ine besondere Ehrung für ein interdisziplinäres Team der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH): Die Auszeichnung gibt es für ein Projekt zur Digitalisierung der Schlaganfallakutversorgung. Dabei sorgen eine integrierte Smartphone-App und ein Simulationstraining für schnellere Behandlung und effektivere Teamarbeit.
Das Projekt „Time is Brain & Team is Brain – Digitalisierung im Prozess der Schlaganfallakutversorgung“ wurde am 4. Dezember mit dem Niedersächsischen Gesundheitspreis 2025 ausgezeichnet. Das Team aus Fachleuten der Medizin und der Informatik setzte sich in der Kategorie „Digital Health – Chancen von KI und digitalen Technologien nutzen“ durch. Der Preis wurde gemeinsam verliehen von dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Bauen, der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, der AOK – die Gesundheitskasse für Niedersachsen und der Apothekerkammer Niedersachsen.
Ein Schlaganfall ist immer ein Notfall
In Deutschland erleiden jährlich rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Und jeder Schlaganfall ist ein Notfall. „‚Time is Brain‘ und mittlerweile auch ‚Team is Brain‘ sind die wichtigsten Grundsätze in der Schlaganfallbehandlung“, sagt Privatdozent (PD) Dr. Hans Worthmann. Der Neurologe leitet das ausgezeichnete Digitalisierungsprojekt gemeinsam mit Mareike Schulze vom Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik (PLRI) der TU Braunschweig und der MHH. Neben Fachleuten der Klinik für Neurologie und des PLRI gehören auch Spezialistinnen und Spezialisten der Notaufnahme sowie der MHH Information Technology (MIT) zum Team.
Jede Minute zählt
„Time is Brain“ steht dafür, dass bei einem Schlaganfall jede Minute zählt. Die betroffene Person benötigt die Akuttherapien möglichst schnell, um das Risiko für bleibende Schäden zu minimieren. „Team is Brain“ bedeutet, dass alle an der Behandlung Beteiligten aus verschiedenen Bereichen wie Rettungsdienst, Notaufnahme, Neurologie und Neuroradiologie reibungslos Hand in Hand zusammenarbeiten, um den Patientinnen und Patienten schnell helfen zu können. Mit dem Projekt „Time is Brain & Team is Brain – Digitalisierung im Prozess der Schlaganfallakutversorgung“ gelang es dem Team, den beiden Grundsätzen einen deutlichen Vorschub zu verschaffen. In den vergangenen drei Jahren wurden sowohl die Behandlungszeiten schneller als auch die Kommunikations- und Dokumentationsabläufe im Team einfacher.
Mit einem Anruf alle informieren
„Der Kern unserer Maßnahme ist die Anbindung einer kommerziellen Smartphone-App an unser Krankenhausinformationssystem“, erklärt PD Dr. Worthmann. „Mithilfe dieser App ist eine sogenannte Single Call Activation möglich. Statt wie früher jede Berufsgruppe einzeln telefonisch zu informieren, können wir jetzt alle beteiligten Teams gleichzeitig benachrichtigen und wichtige Infos zu Symptomen und Ankunftszeit der Patientinnen und Patienten in der Klinik mitteilen. Somit können alle Prozessbeteiligten in die Vorbereitung der einzelnen Arbeitsschritte gehen.“ Die technischen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen zur Integration der Smartphone-APP hatten Fachleute der Medizinischen Informatik des PLRI gemeinsam mit Medizinerinnen und Medizinern erarbeitet. Um das interdisziplinäre Behandlungsteam fit für das optimierte digitale Arbeitsumfeld zu machen, werden regelmäßig Simulationstrainings durchgeführt. Bisher haben an dem beliebten „Stroke-Team-Training“ mehr als 200 Personen aus Kliniken und Rettungsdienst teilgenommen.
Um sieben wichtige Minuten verbessert
„Pro Jahr werden in der MHH mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten mit Schlaganfall behandelt – inzwischen im Umfeld der optimierten digitalen Schlaganfallakutversorgung“, berichtet der Direktor der Klinik für Neurologie, Prof. Dr. Aiden Haghikia. Die Single Call Activation gehört mittlerweile zur Routine. Den positiven Effekt der digitalen Infrastruktur belegt eine einjährige Beobachtungsstudie: Die „Door-to-Needle-Zeit“, also die Zeit zwischen der Einlieferung und dem Beginn der sogenannten „Lysetherapie“ zur Auflösung des Blutgerinnsels im Gehirn, hat sich von durchschnittlich 27 Minuten auf 19,5 Minuten verringert. Das sind wichtige siebeneinhalb Minuten, in denen Hirnzellen vor dem Absterben gerettet werden. „Das ist ein beachtlicher Fortschritt und zeigt das große Potenzial von digitalen Anwendungen bei der Optimierung von Prozessen im Gesundheitswesen“, stellt PD Dr. Worthmann fest.
Enge Kooperation
Das aufwendige Unterfangen sei nur durch enge Kooperation umsetzbar gewesen, betonen die Projektleitenden PD Dr. Worthmann und Mareike Schulze. „Unbedingt sind hier Dr. Johanna Ernst, Dr. Anna-Lena Boeck und Tom Nolden aus der Neurologie sowie Clara Fricke vom MIT hervorzuheben“, sagt Mareike Schulze. Bei dem Projekt bekam das Team auch Unterstützung von zwei Medizindoktoranden und zwei Masterstudierenden der Informatik des strukturierten Graduiertenkollegs „DigiStrucMed“. „Das hat uns sehr geholfen. Die frühe Zusammenarbeit von IT und Medizin ist außerordentlich wichtig, um die Digitalisierung des Gesundheitswesens effizient zu gestalten“, ist PD Dr. Worthmann mit Blick auf die Zukunft überzeugt.
Der Niedersächsische Gesundheitspreis wurde in diesem Jahr bereits zum 15. Mal verliehen. Ausgezeichnet werden kreative und praxistaugliche Projekte und Ansätze, die zur Weiterentwicklung und Optimierung der Gesundheitsförderung und -versorgung beitragen und das Ziel verfolgen, innovative Versorgungslösungen zu schaffen. Gleichzeitig sollen diese zum Nachahmen anregen und als Vorbild dienen.
Weitere Informationen erhalten Sie bei Privatdozent Dr. Hans Worthmann, Telefon 0511 532-2393, worthmann.hans@mh-hannover.de.
Das Siegerteam der MHH: Den Preis überreichten Minister Dr. Andreas Philippi (rechts) und Matthias W ...
Source: Florian Petrow
Copyright: Florian Petrow
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