Für Entscheidungen über die Verteilung knapper Mittel an und innerhalb der Forschung werden Bewertungskriterien genutzt. Einfache Maßzahlen können Qualität und Bedeutung jedoch nur zum Teil erfassen. Im Strategischen Forum der DAFA berichteten Einrichtungen, wie sie mit komplexeren Bewertungen umgehen und sie über die Zeit angepasst haben. Die Teilnehmenden stellten fest, dass die inzwischen verbreiteteren qualitativen Bewertungen etwas aufwendiger aber auch fairer sind. Es kristallisierte sich insgesamt heraus, dass Exzellenz aus Sicht der Gesell-schaft entsteht, wenn ein Forschungsprogramm mitsamt seiner Forschung, Förderung und Bewertung auf eine zu erreichende Wirkung ausgerichtet ist.
Forschung erfordert kontinuierlich Versuchsressourcen, Geräte, Gebäude oder Personal, um Ergebnisse und Erkenntnisse zu liefern. Bei Entscheidungen über die Verteilung knapper Mittel an und innerhalb der Forschung wird meist die bisherige Leistung herangezogen und bewertet: sind die Ergebnisse neu, haben sie Einfluss, erreichen sie die Praxis, verändern sie etwas?
Der Wissenschaftsrat empfiehlt in seiner Veröffentlichung „Perspektiven der Agrar- Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften“ vom Juli 2024, die Bewertung der Forschung so weiterzuentwickeln, dass sie die Vielgestaltigkeit der Forschungsaktivitäten angemessen abbilden kann und auch transdisziplinäre Forschung, also interdisziplinäre Forschung zur Unterstützung einer gesellschaftlichen Veränderung, umfasst. Für diese Aufgabe setzte das diesjährige Strategische Forum Impulse.
Zu Beginn der Veranstaltung wurden die Empfehlungen des Wissenschaftsrates vom auftraggebenden Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat durch Dr. Ursula Monnerjahn in Erinnerung gerufen. Prof. Dr. Jana Rückert-John für die Ständige Senatskommission der DFG „Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen“, Prof. Dr. Birgit Kleinschmit, Präsidentin des Thünen-Instituts, und Prof. Dr. Bärbel Gerowitt, Vorstandssprecherin der DAFA, kommentierten und ergänzten die Empfehlungen aus ihrer jeweiligen Sicht zu den Themen breitere Systemperspektive, neue Formen des Erkenntniserwerbs, stärkere Kooperation mit der Praxis, mehr Transdisziplinarität und bessere Organisation der Forschungslandschaft. Eine differenzierte Bewertung von Forschung, so das Fazit der Runde, kann dazu beitragen, diese Empfehlungen umzusetzen.
Ergänzend stellte Prof. em. Dr. Hannelore Daniel (TU München) fest, dass die Lebensmittel- und Ernährungsforschung nicht adäquat betrachtet wurden und auch institutionell nur noch schwach vertreten ist – entgegen der Forschungsleistung der Disziplin – kaum ausgewirkt. Dadurch werden immer weniger Personen ausgebildet, die zukünftig in Forschung und Lehre tätig sein werden.
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung stellten Vertreter verschiedener Einrichtungen und Förderorganisationen Wege zu Bewertung von Forschungsleistungen vor.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat für die gerechtere Einschätzung von Bewerber⊃innen die Anforderungen für Kompetenzdarstellungen geändert. Antragsteller müssen ihre Kompetenzen beschreiben und einordnen, quantitative Metriken wie die Anzahl von Zitationen werden nicht berücksichtigt. Das neue Format wird von den Bewerbern gut angenommen. Es ist jedoch noch zu früh, um Auswirkungen auf die Förderung festzustellen, berichtete Dr. Paulin Wendler. Auch wie transdisziplinäre Forschung innerhalb der DFG angemessen bewertet werden kann, wird noch intern untersucht.
Mit Steuergeldern geförderte Forschung soll möglichst effizient und sinnvoll eingesetzt werden. Verschiedene Bewertungsmaßstäbe stellten Dr. Stephan Stahlschmidt (Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung), Dr. Steffen Walter (Deutsche Bundesstiftung Umwelt), Hubertus Paetow (Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft) und Dr. Annette Freibauer (Bayerisches Landesanstalt für Landwirtschaft) vor. Der Vorteil des Zählens von Veröffentlichungen oder der Anzahl von Zitierungen liegt auf der Hand: man bekommt auf einfachem Wege Maßzahlen, mit denen man rechnen kann. Sie sind jedoch beeinflusst von der Fachdisziplin, den Koautoren, dem betrachteten Zeitfenster und der Sprache der Veröffentlichung. Dementsprechend sollten solche Zahlen eine qualitative Bewertung nur unterstützen aber kein alleiniges Kriterium sein. Wichtiger für die Bewertung von Forschung ist die erwartete Wirkung der Erkenntnisse im System, sowie Wirkung und Relevanz für die Praxis. Forschung muss Lösungen für konkrete Herausforderungen beitragen und dafür die Ergebnisse transparent kommunizieren. Dabei hilft, wenn Praxisakteure an Forschungsprozessen beteiligt werden. Sogenannte Balanced Readiness Levels, die den Grad der technischen Entwicklung, Marktreife, rechtlichen Reife, Akzeptanz und Reife für die Einbettung in Arbeitsabläufe beschreiben scheinen für die Agrarforschung einen guten Bewertungsrahmen zu bieten. Der Kontakt mit Stakeholdern fließt hierbei an mehreren Stellen in die Bewertung ein und Hürden für Innovationen sind deutlich erkennbar.
Die angewandte Forschung ist verschiedenen, zum Teil gegenläufigen Anforderungen ausgesetzt – so stellte es Sarah Seus vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung dar. Eine gerechte Evaluation erfordert daher einen erweiterten Qualitätsbegriff, die Betrachtung von Wirkungen außerhalb der Forschung und die Betrachtung des Forschungsprozesses. Es kommt daher darauf an, Ziele und Wirkungen von Forschung bereits bei der Konzeption von Forschungsprogrammen festzulegen und die beitragenden Projekte daran auszurichten und auszuwählen. Das britische Research Excellence Framework nutzt für solche Evaluierungen „Narrative“: logisch schlüssige Erklärungen, wie Forschungsergebnisse für die Gesellschaft Wirkung erzielen. Ähnliche Bewertungsrahmen werden mittlerweile auch in mehreren anderen Ländern genutzt.
Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) begrüßt Vorschläge, das Kriterienset für Forschungsexzellenz zu erweitern, um alle Leistungen der Forschung im Bereich des BMLEHs zu berücksichtigen. Dessen Vertreterin, Dr. Ursula Monnerjahn nannte die Aktivitäten der Coalition for Advancing Research Assessment (CoARA) und Empfehlungen der San Francisco Declaration on Research Assessment (DoRA) zur Verbesserung von Bewertungsverfahren in der Forschung und verweist auf das vom BMELH geförderte Monitoring-Werkzeug SynSICRIS. Dr. Thomas Engelke von der Bundesanstalt für Ernährung stellte die Bewertung wissenschaftlicher Leistungen aus Sicht eines Projektträgers dar. Interdisziplinäre Zusammenarbeit stößt hingegen manchmal an ihre Grenzen, wenn rechtliche Zuständigkeiten mehrere Ressorts betreffen oder vorgegeben sind (z.B. bei Wasser oder Energie). Eine breite Zuständigkeit ist vor allem bei interdisziplinären und transdisziplinären Zielen, die neben Landwirtschaft beispielsweise die Bereiche Wasser oder Energie berühren, eine wichtige Voraussetzung. Aus seiner Sicht ist ein Projekt erfolgreich, wenn alle Partner zusammenarbeiten. Nach Dr. Engelkes Ansicht könnten transformationsorientierte Projekte noch stärker die volkswirtschaftliche Umsetzbarkeit betrachten, sodass aus Projekten entstehende Strukturen nach Projektende selbsterhaltend sind.
In seiner Zusammenfassung erwähnte Prof. Dr. Stefan Böttinger, Vorstandssprecher der DAFA, noch einmal die verschiedenen Ansprüche an angewandte Forschung, die sich auch in einer differenzierten Bewertung niederschlagen müssen. Als Konsens dieser Veranstaltung stellte er fest, dass eine mit einem Forschungsprogramm zu erreichende Wirkung und darauf ausgerichtete Forschung, Förderung und Bewertung exzellent im Sinne der Gesellschaft sein müssen.
Die DAFA ist eine Gemeinschaftsinitiative der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung. Ihr gehören über 60 deutsche Universitäten, Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Bundes- und Landesforschungsinstitute an. Das Netzwerk bündelt die Kompetenzen der deutschen Agrarforschung und adressiert landwirtschaftlich und gesellschaftlich relevante Fragestellungen. Wir verfolgen das Ziel, die Leistungsfähigkeit sowie die internationale Sichtbarkeit der deutschen Agrarforschung zu verbessern.
https://www.dafa.de/foren/strategisches-forum/strategisches-forum-2025/ Strategisches Forum 2025
Podiumsdiskussion zur Bewertung wissenschaftlicher Leistungen
Source: Martin Köchy
Copyright: Thünen Institut
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Environment / ecology, Nutrition / healthcare / nursing, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Science policy, Scientific conferences
German

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