Preisträger erforscht eine der größten Herausforderungen in der Nanophotonik
Großer Erfolg für Prof. Dr. Antonio Calà Lesina und sein Team an der Leibniz Universität Hannover (LUH): Der Forscher aus dem Exzellenzcluster PhoenixD hat einen der international begehrten ERC Consolidator Grants erhalten. Die Förderlinie des Europäischen Forschungsrates (ERC - European Research Council) richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Promotion zwischen sieben und zwölf Jahren zurückliegt und deren eigene unabhängige Arbeitsgruppe sich derzeit in der Konsolidierungsphase befindet. Antonio Calà Lesina erhält in den nächsten fünf Jahren bis zu 2 Millionen Euro Fördermittel für sein Forschungsprojekt „TEMPORE: Time-varying Metaphotonics via Reverse Engineering“.
Antonio Calà Lesina leitet das Team „Computational Photonics” am Hannover Centre for Optical Technologies (HOT), im Exzellenzcluster PhoenixD und an der Fakultät für Maschinenbau. TEMPORE befasst sich mit einer der größten Herausforderungen in der Nanophotonik: mit dem Design zeitvariabler und nichtlinearer Materialien, deren optische Eigenschaften auf Pikosekunden- bis Femtosekunden-Zeitskalen moduliert werden können. Diese Materialien versprechen eine ultraschnelle Steuerung von Licht in der nächsten Generation reprogrammierbarer nanophotonischer Hardware für schnelleres und effizienteres optisches Rechnen, Informationsverarbeitung, klassische und quantenoptische Technologien und darüber hinaus.
Optische Metamaterialien sind Materialien, die im Nanobereich entwickelt wurden, um die Eigenschaften von Licht über das hinaus zu manipulieren, was ein normales Material leisten kann. Metamaterialien werden traditionell statisch verwendet. Das bedeutet, dass sich ihre optischen Eigenschaften nicht ändern, wenn Licht durch sie hindurchgeht. Es entsteht jedoch eine neue Klasse von Materialien, die eine ultraschnelle Modulation ihres Brechungsindexes unterstützen, so genannte zeitabhängige Materialien, wie beispielsweise transparente leitfähige Oxide. TEMPORE wird sich auf die Entwicklung von zeitabhängigen Materialien und Metamaterialien konzentrieren, deren optische Eigenschaften sich dynamisch ändern, wenn sie durch geeignete Lichtsignale angeregt werden. Basierend auf dem Design von Pump-Probe-Anregungen und/oder der Nanostrukturierung des Materials selbst können dynamische optische Geräte mit ultraschneller Geschwindigkeit programmiert und durch ein Sondensignal genutzt werden, um die Eigenschaften des Lichts, einschließlich Polarisation, Amplitude, Phase und Ausbreitungsrichtung, in gewünschter Weise zu modifizieren. Auf diese Weise kann dasselbe Gerät praktisch eine Vielzahl von Funktionen beherbergen und bei Bedarf neu programmiert werden, wodurch die Notwendigkeit einer Neuanfertigung reduziert wird.
„Das erinnert an eine ‚Stadt im Nanomaßstab‘, in der alle Dienstleistungen auf Abruf im selben Gebiet verfügbar sind“, erläutert Prof. Calà Lesina, der in diesem Jahr nach erfolgreichem Abschluss einer Tenure-Track-Phase auf eine W3-Professur für Optisches Design und Multiphysics Simulation an der LUH berufen wurde.
Die Vision von TEMPORE ist es, sich von statischen Designs zu wirklich dynamischen photonischen Systemen zu bewegen und durch Reverse Engineering die vollständige Kontrolle über Licht in Raum und Zeit zu erreichen. Reverse Engineering (oder inverses Design) revolutioniert mehrere Bereiche, darunter Mechanik, Akustik und Photonik, indem es nicht intuitive Designs findet. Während aktuelle Ansätze hauptsächlich im Frequenzbereich arbeiten und dynamische und zeitabhängige Prozesse nicht vollständig erfassen können, wird TEMPORE die Zeit als Designparameter berücksichtigen und neue Methoden und Software für inverses Design in 4D entwickeln, ebenfalls basierend auf architektonisch inspirierten Designprinzipien.
Das Bestreben, multifunktionale, anpassungsfähige und skalierbare Systeme zu entwickeln, ist nicht nur in der Nanophotonik zu finden. Die Stadtarchitektur beschäftigt sich schon seit Langem mit der Herausforderung, komplexe und dynamische Umgebungen zu organisieren. Diese architektonischen Prinzipien bieten eine reichhaltige Inspirationsquelle für den Entwurf dynamischer nanophotonischer Systeme, bei denen ähnliche Herausforderungen in weitaus kleinerem Maßstab auftreten. Um dieser Komplexität zu begegnen, stützt sich TEMPORE auf eine einzigartige Kombination von Fachwissen. Dessen synergetische Verbindung ist entscheidend, um die Entwicklung und Optimierung von photonischen Bauelementen zu ermöglichen, die sich dynamisch in ultraschnellen Zeiträumen entwickeln. Dazu gehören rechnergestützte Elektrodynamik, zeitbereichsinverses Design, groß angelegte Simulationen über moderne Rechnerarchitekturen, skalierbare Zeitbereichslöser auf massiv parallelen Supercomputern, dynamische und abstimmbare Nanophotonik sowie fortschrittliche optische Materialmodellierung.
ERC-Förderungen gelten aufgrund des äußerst wettbewerbsorientierten Auswahlverfahrens als Auszeichnung für herausragende Leistungen in der europäischen Wissenschaftsgemeinschaft. Wichtigste Auswahlkriterien sind visionäre Forschungsfragen und die bisherigen exzellenten Leistungen der Antragstellenden. Nur ca. 11 Prozent der eingereichten 3.121 Anträge für die Förderlinie Consolidator Grant erhalten in diesem Jahr eine Förderung. Seit der Gründung des Exzellenzclusters im Jahr 2019 haben sechs weitere Mitglieder von PhoenixD einen ERC-Grant erhalten. Insgesamt forschen aktuell 22 ERC-geförderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der LUH. Eine Übersicht über alle ERC-Förderungen an der LUH, die Forschende in verschiedenen Karrierestufen unterstützen (Advanced Grants, Consolidator Grants, Starting Grants), finden Sie unter:
http://www.uni-hannover.de/de/forschung/profil/herausragende-projekte/erc/
Der Exzellenzcluster PhoenixD
Der Exzellenzcluster PhoenixD unter Federführung der Leibniz Universität Hannover ist eine Kooperation der Technischen Universität Braunschweig, des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut), der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und des Laser Zentrums Hannover e.V. Mehr als 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Physik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Informatik und Mathematik forschen an neuartigen optischen Systemen, deren Herstellung und Anwendung. Weitere Informationen unter http://www.phoenixd.uni-hannover.de
Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Dr. Antonio Calà Lesina telefonisch unter +49 511 762 16408 oder per E-Mail unter antonio.calalesina@hot.uni-hannover.de gern zur Verfügung.
Der Europäische Forschungsrat vergibt seinen renommierten ERC Consolidator Grant an Prof. Dr. Antoni ...
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