idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
12/11/2025 10:27

Deutsche Mukoviszidose Tagung 2025: Erfolge und Herausforderungen in der CF-Versorgung

Juliane Tiedt Pressestelle
Mukoviszidose Institut – gemeinnützige Gesellschaft für Forschung und Therapieentwicklung mbH

    Bonn, 11. Dezember 2025. Unter dem Motto „Alles in Bewegung“ fand die 28. Deutsche Mukoviszidose Tagung (DMT) in Würzburg statt. 672 Teilnehmende aus allen an der Mukoviszidose-Behandlung beteiligten ärztlichen sowie nicht-ärztlichen Berufsgruppen beleuchteten die Erfolge der letzten Jahre in der Versorgung von Menschen mit Mukoviszidose und diskutierten aktuelle Fragen zum Wandel der Versorgung, Behandlung und Forschung. Als größte interdisziplinäre Fortbildungsveranstaltung zur Mukoviszidose im deutschsprachigen Raum richtete der Bundesverband Mukoviszidose e.V. die Fachtagung aus. (Mukoviszidose: Cystische Fibrose, CF)

    CFTR-Modulatoren haben das Leben vieler Menschen mit Mukoviszidose deutlich verbessert. Dennoch erreichen selbst hochwirksame Modulatoren bislang keine normale CFTR-Kanalaktivität. Denn wenn man direkt an Zellen misst, wird nur eine CFTR-Funktion von 50 Prozent erreicht. Ebenso wirken sie nicht bei allen genetischen Varianten und werden teils nicht vertragen. Rund zehn Prozent der Betroffenen in Deutschland – und deutlich mehr weltweit – warten weiterhin auf wirksame Therapien. Gleichzeitig bleiben Entzündungen, Infektionen und weitere Symptome trotz Modulatorbehandlung bestehen.

    Neue Therapien in der Pipeline

    Im Fokus neuer Entwicklungen stehen erweiterte CFTR-Modulatoren, die am NBD1-Bereich des Proteins ansetzen und künftig in patientenindividuellen Kombinationen eingesetzt werden könnten. Daneben werden neue symptomatische Therapieansätze klinisch untersucht, darunter ENaC-Inhibitoren wie EDT001, entzündungshemmende DPP1-Hemmer wie Verducatib sowie Bakteriophagen zur Bekämpfung therapieresistenter Keime.

    Große Hoffnung setzen Forschende außerdem in nukleinsäurebasierte Therapien wie mRNA-Ansätze (VX-522, ARCT-032, RCT2100), Antisense-Oligonukleotide (SPL84) und DNA-Ersatztherapien (u. a. 4D-710, KB407, SP-101, BI3720931), die direkt auf das CFTR-Gen oder dessen Zwischenschritte abzielen. Erste Studienergebnisse werden ab 2026 erwartet. Gleichzeitig bestehen hohe Anforderungen an Sicherheit, Langzeitbeobachtung (z. T. bis 15 Jahre bei Genersatztherapie) und die Infrastruktur der Studienzentren.

    Auch etablierte Begleittherapien müssen neu bewertet werden: Welche Maßnahmen können reduziert werden? Welche Biomarker eignen sich zur Therapieüberwachung? Und wie lässt sich die Versorgung individueller gestalten?

    Für die Zukunft der Mukoviszidose-Therapie sind starke klinische Studiennetzwerke, Registerstrukturen und verständliche Patienteninformationen entscheidend. Nur so können neue Wirkstoffe schnell entwickelt, Betroffene optimal versorgt und auch diejenigen erreicht werden, die bislang ohne wirksame kausale Therapie auskommen müssen.

    Herausforderungen in der CF-Versorgung

    Menschen mit Mukoviszidose werden erfreulicherweise immer älter. Die Gruppe der Betroffenen wird dadurch aber auch immer größer – für das Jahr 2035 werden über 9.000 Patienten erwartet, die eine CF-spezifische Versorgung benötigen. Zudem wird das Erscheinungsbild der Erkrankung immer heterogener und wird neben dem multidisziplinären Team zunehmend auch neue Fachrichtungen beschäftigen, beispielsweise für Herzkreislauf- und Krebserkrankungen.

    Fachkräftemangel und fehlende Finanzierung sind nur die offenkundigen Probleme und neue Fragen werden sich stellen: Kann die große Expertise der aktuell in der CF-Versorgung Tätigen noch weitergegeben werden, wenn es kaum noch schwerkranke Kinder mit CF und komplexen Komplikationen gibt? Werden neue Komplikationen, die besonders im Alter vorkommen, noch CF-spezifisch behandelbar sein? Können Menschen mit CF zukünftig durch ihren Hausarzt versorgt werden und kommen nur noch zum jährlichen Check in ein spezialisiertes CF-Zentrum? Welchen Stellenwert können KI-gestützten Risiko- und Prognosemodelle haben, um Krankheitsverläufe frühzeitig zu erkennen und Therapien dynamisch anzupassen?

    Solche und andere Fragen werden in Mukoviszidose-Fachgremien intensiv diskutiert. Klar ist, dass der Fokus in der CF-Versorgung auf der Langzeitgesundheit der Menschen mit CF liegt und mit einer Stärkung der Gesundheitskompetenz und einer Förderung von Selbstmanagement-Fähigkeiten einhergehen muss. Die Vision ist eine vernetzte CF-Versorgung, die digital unterstützt, personalisiert und patientenzentriert ist. Jeder Mensch mit CF sollte eine maßgeschneiderte Therapie, abgestimmt auf den Krankheitsverlauf, den Lebensstil und die Begleiterkrankungen erhalten. Telemedizinische Sprechstunden und Home Monitoring könnten die persönliche Betreuung ergänzen und über digitale Plattformen könnten sich spezialisierte Zentren mit peripheren Strukturen wie Hausärzten, Fachärzten, Apotheken und Sozialdiensten vernetzen.

    Fokus auf Langzeitgesundheit

    CFTR-Modulatoren haben die Lebensqualität vieler Menschen mit Mukoviszidose deutlich verbessert. Doch mit dem medizinischen Fortschritt rücken neue Fragen in den Mittelpunkt. Trotz besserer Lungenfunktion und längerer Lebenserwartung bleibt die Therapielast hoch und Begleiterkrankungen wie Diabetes, Übergewicht oder Bluthochdruck treten häufiger auf. Welche Behandlungen sich unter Modulatortherapie reduzieren lassen, wird derzeit intensiv erforscht.

    Nicht alle Menschen mit Mukoviszidose können bisher von Modulatoren profitieren – insbesondere Menschen mit nicht-ansprechenden Genvarianten sowie die meisten Säuglinge und Kleinkinder. Frühtherapie gilt jedoch als besonders vielversprechend, da es ein kritisches Zeitfenster für den Behandlungsstart gibt, in dem sich wichtige Organfunktionen noch stabilisieren oder sogar normalisieren können. So zeigen erste internationale Berichte über intrauterine Therapieversuche positive Effekte auf Bauchspeicheldrüse und Fruchtbarkeit bei männlichen Betroffenen.

    Mit der älter werdenden CF-Population rückt ein neu geprägter Begriff in den Fokus: die „Langzeitgesundheit“. Während manche Komplikationen wie Lebererkrankungen nach neueren Erkenntnissen anscheinend zurückgehen, gewinnen Prävention und Monitoring anderer Risiken an Bedeutung – etwa die des Metabolischen Syndroms, von Nierenerkrankungen und Tumoren. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede der Krankheitsausprägung müssen stärker berücksichtigt werden.

    Zentrale Herausforderungen der nächsten Jahre sind somit der Fachkräftemangel, neue Fragen an die Versorgung der Zukunft, Alterserkrankungen wie Krebs und kardiologische Erkrankungen oder die Behandlung von Menschen mit Mukoviszidose, die von Modulatoren nicht profitieren.

    Hintergrund-Informationen

    Über Mukoviszidose
    In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.

    Über den Bundesverband Mukoviszidose e.V.
    Der Bundesverband Mukoviszidose e.V. vernetzt die Patienten, ihre Angehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Perspektiven mit dem Ziel, jedem Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose zu ermöglichen. Um die vielfältigen Aufgaben und Ziele zu erreichen, ist die gemeinnützige Patientenorganisation auf die Unterstützung engagierter Spender und Förderer angewiesen.

    Pressekontakt:
    Bundesverband Mukoviszidose e.V.
    Juliane Tiedt
    Telefon: +49 (0)228 9 87 80-65
    E-Mail: JTiedt@muko.info


    More information:

    https://www.muko.info/dmt


    Images

    Blick ins Plenum auf der Deutschen Mukoviszidose Tagung 2025
    Blick ins Plenum auf der Deutschen Mukoviszidose Tagung 2025

    Copyright: Mukoviszidose e.V.


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Sport science
    transregional, national
    Scientific conferences
    German


     

    Blick ins Plenum auf der Deutschen Mukoviszidose Tagung 2025


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).