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12/16/2025 09:00

Neue Strategie hilft Intensivpatient:innen unter Nierenersatztherapie

Theresa Mair Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Medizinische Universität Innsbruck

    Ein akutes Nierenversagen hat eine schädliche Übersäuerung des Körpers zur Folge. Rund 100 kritisch kranke Patient:innen sind in Innsbruck jährlich auf eine kontinuierliche Nierenersatztherapie an der Medizinischen Intensivstation angewiesen. Forscher:innen um Michael Joannidis, dem Leiter der Gemeinsamen Einrichtung für Internistische Intensiv-und Notfallmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck, haben eine Infusion mit geänderter Zusammensetzung getestet und konnten damit den Säure-Basen-Haushalt der Patient:innen besser stabilisieren.

    Innsbruck, 16.12.2025: Mediziner:innen um Michael Joannidis und Fabian Perschinka forschen an der Medizinischen Universität Innsbruck daran, die kontinuierliche Nierenersatztherapie auf Intensivstationen zu optimieren und die Mortalität zu senken. Im Rahmen einer Untersuchung, die nun im Fachjournal Intensive Care Medicine hochrangig publiziert wurde, sind die Wissenschafter:innen einen großen Schritt vorangekommen. Die Innsbrucker Patient:innen profitieren bereits davon.

    Die Niere ist ein lebenswichtiges Organ, das für die Entgiftung von Stoffwechselprodukten und die Aufrechterhaltung des Säure-Basen Haushaltes essentiell ist. Die kontinuierliche Nierenersatztherapie (Hämofiltration) ist ein extrakorporales Blutreinigungsverfahren, das diese Funktion bei Intensivpatient:innen rund um die Uhr übernimmt. „Wenn die Nieren versagen, würde man innerhalb kurzer Zeit sterben. Die Nierenersatztherapie auf der Intensivstation verhindert das“, sagt Joannidis, der an der Univ.-Klinik für Innere Medizin I (Direktor: Herbert Tilg) die Gemeinsame Einrichtung für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin leitet. Dennoch ist die Sterblichkeit hoch. Nur etwa 60 von 100 Intensivpatient:innen, die mit einer Nierenersatztherapie behandelt werden müssen, überleben.

    Vor diesem Hintergrund haben Joannidis (Seniorautor) und Perschinka (Erstautor) ihre Studie konzipiert. Sie setzten bei einer Gerinnungshemmung an, die gleichzeitig den Säure-Basen Haushalt kontrolliert. Bei jedem extrakorporalen Verfahren muss die Blutgerinnung gehemmt werden, wie Joannidis erklärt. Andernfalls würde bei der Nierenersatztherapie der Filter verkleben. Vor rund 20 Jahren wurde bei der kontinuierlichen Nierenersatztherapie erstmals anstatt einer systemischen Blutverdünnung mit Heparin die regionale Gerinnungshemmung (i.e. Antikoagulation) mit Citrat eingeführt. Seit etwa zehn Jahren wird sie im deutschsprachigen Raum großflächig eingesetzt. „Das war ein großer Fortschritt. Früher hatten die Patient:innen ein hohes Blutungsrisiko und konnten etwa im Falle einer dringlich notwendigen Operation oft nicht sofort operiert werden. Das Citrat wirkt ausschließlich im Blut, das sich außerhalb des Körpers befindet, und wird im Körper zu Bicarbonat abgebaut“, erläutert Joannidis die Vorteile der Methode. Das entstehende Bicarbonat wirkt zudem der Übersäuerung entgegen, die durch den Ausfall der Nierenfunktion entsteht.

    Vom sauren zum basischen Blut
    Aber: Die Substitutionslösung, die den Patient:innen zum Ausgleich des Flüssigkeitsverlusts, der bei der Hämofiltration entsteht, gegeben werden muss, ist mit der Änderung der Antikoagulationsmethode nicht angepasst worden. „Wir haben schon in früheren Arbeiten festgestellt, dass eine Azidose (Übersäuerung, Anm.) unter dieser Therapie zwar rasch ausgeglichen wird, aber 40% der Patient:innen dann eine Alkalose (Basenüberschuss) entwickeln. Das heißt, sie entwickeln einen pH-Wert, der über dem Normalwert liegt.“, sagt Perschinka. „Es gibt Hinweise dafür, dass eine Alkalose, ebenso wie eine Azidose, zu einer erhöhten Sterblichkeit führen kann, weil sich der Sauerstofftransport und die Aktivität der körpereigenen Proteine verändern“, bringt es Joannidis auf den Punkt.

    Weniger basische Lösung führt zu Gleichgewicht
    Die Idee der Mediziner:innen: Besser wäre eine weniger basische Substitutionslösung. Entgegen aller Bedenken, dass eine Lösung mit weniger Basen den ohnehin übersäuerten, kritisch kranken Patient:innen zusätzlich schaden könnte, bestätigte sich die Hypothese von Joannidis Team. „Die bisherige Lösung hat 30 Millimol Bicarbonat, die neue Lösung hat 22 Millimol und wir haben im Körper normalerweise 24 Millimol. Wir führen mit der neuen Lösung also etwas weniger Basen zu, um gegenzusteuern.“

    Bei 88 Proband:innen haben die Forscher:innen einem randomisierten Studiendesign (Anm. Zufallsprinzip) zufolge, die Untersuchung 96 Stunden lang durchgeführt und bei allen nach der Hälfte der Zeit die Infusionslösung ausgetauscht. Dabei behielten sie ständig den pH-Wert im Auge. „Wir haben die Studie so konzipiert, um zu sehen, ob die Veränderungen im Säure-Basen-Haushalt wirklich mit der jeweils verwendeten Lösung zusammenhängen.“ Die Mediziner:innen konnten damit zeigen, dass die weniger basische Lösung keine Gefahr für die Patient:innen darstellt und, dass sich der pH-Wert genauso schnell normalisiert wie mit der bisherigen Ersatzflüssigkeit. Insgesamt ermöglichte sie eine bessere metabolische Kontrolle und Stabilität.

    Hinweise auf besseres Überleben
    Es zeichnete sich außerdem ein nicht signifikanter Trend zu einer reduzierten Sterblichkeit bei jenen Proband:innen ab, die zuerst die Substitutionslösung mit weniger Bicarbonat erhielten (23 Prozent gegenüber 39 Prozent). Nun ist eine multizentrische Studie geplant, in der die Wissenschafter:innen überprüfen wollen, ob die bessere metabolische Kontrolle auch zu einem besseren Langzeitüberleben führt. In der Zwischenzeit kommen die Studienergebnisse den Innsbrucker Patient:innen bereits zugute. An der internistischen Intensivstation wird für die kontinuierliche Nierenersatztherapie nun die offenbar besser geeignete Infusionslösung in Kombination mit der Citrat-Antikoagulation verwendet. „Das ist jetzt unsere Hauptstrategie“, sagt Joannidis.


    Contact for scientific information:

    Univ.-Prof. Dr.med.univ. Michael Joannidis
    Universitätsklinik für Innere Medizin I
    Tel1.: +43 50 504 24180
    E-Mail: Michael.Joannidis@i-med.ac.at


    Original publication:

    Perschinka, F., Köglberger, P., Köhler, A. et al. Comparison of two different bicarbonate replacement fluids during CVVH with RCA: a prospective, randomized, controlled trial. Intensive Care Med 51, 2354–2366 (2025). https://doi.org/10.1007/s00134-025-08175-7


    More information:

    https://Über Michael Joannidis: https://experts.i-med.ac.at/experte/michael-joannidis/
    https://Internistische Notfall- und Intensivmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck: https://www.i-med.ac.at/notfallmedizin/intensivstation.html


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    Innsbrucker Forscher:innen fanden heraus, dass der Säure-Basen-Haushalt von Intensiv-Patient:innen unter extrakorporaler Nierenersatztherapie (Gerät im Bild) besser stabilisiert werden kann, wenn sie eine Infusion mit weniger Basen erhalten.
    Innsbrucker Forscher:innen fanden heraus, dass der Säure-Basen-Haushalt von Intensiv-Patient:innen u ...
    Source: David Bullock
    Copyright: MUI

    Michael Joannidis, Leiter der Gemeinsamen Einrichtung für Internistische Intensiv-und Notfallmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck
    Michael Joannidis, Leiter der Gemeinsamen Einrichtung für Internistische Intensiv-und Notfallmedizin ...
    Source: David Bullock
    Copyright: MUI


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Innsbrucker Forscher:innen fanden heraus, dass der Säure-Basen-Haushalt von Intensiv-Patient:innen unter extrakorporaler Nierenersatztherapie (Gerät im Bild) besser stabilisiert werden kann, wenn sie eine Infusion mit weniger Basen erhalten.


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    Michael Joannidis, Leiter der Gemeinsamen Einrichtung für Internistische Intensiv-und Notfallmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck


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