Pendler aus dem Ausland verdrängen nur wenige Einheimische direkt aus ihren Jobs. Sie senken aber die Anzahl einheimischer Beschäftigter in den betroffenen Regionen insgesamt. Diese negativen Effekte treffen vor allem ältere Arbeitnehmer und Arbeitslose. Schulabgänger wiederum beginnen häufiger eine Berufsausbildung, statt direkt als Ungelernte in den Arbeitsmarkt einzutreten. Das sind die Ergebnisse einer neuen Studie der ROCKWOOL Foundation Berlin (RFBerlin), die sich mit Grenzgängern von Tschechien nach Bayern nach 1990 beschäftigt.
„Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in einer Region insgesamt unterscheiden sich deutlich von den Folgen für die einzelnen Gruppen der Arbeitnehmer. Eine kluge Arbeitsmarkpolitik müsste dies berücksichtigen“, sagt Studienleiter Christian Dustmann, der Direktor von RFBerlin. „Bislang aber hat die Forschung diese Auswirkungen meist vermischt.“
Untersucht wurden die Auswirkungen von eher ungelernten Pendlern aus Tschechien auf die Grenzregionen in der Oberpfalz und Niederbayern ab 1990. Ein Anstieg des Anteils der tschechischen Pendler an der regionalen Beschäftigung um einen Prozentpunkt erhöhte nach drei Jahren in den betroffenen Landkreisen die Wahrscheinlichkeit eines Arbeitsplatzverlusts für beschäftigte Arbeitnehmer lediglich um 0,14 Prozentpunkte. Dieser Effekt verschwand nach fünf Jahren.
Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl einheimischer Beschäftigter in den betroffenen Regionen um 0,87 Prozent. Dieser starke Rückgang ist jedoch nicht wesentlich auf Arbeitsplatzverluste Einheimischer zurückzuführen, sondern auf einen geringeren Zufluss einheimischer Arbeitskräfte aus anderen Regionen in die betroffenen Regionen.
Ältere Arbeitnehmer über 50 Jahre waren von dem Risiko eines Arbeitsplatzverlustes allerdings deutlich stärker betroffen: Für sie erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, ihre Beschäftigung zu verlieren, nach drei Jahren um 1,2 Prozentpunkte je zusätzlichem Prozentpunkt Pendleranteil – und dieser Effekt blieb auch nach fünf Jahren bestehen. Darüber hinaus hatten Arbeitnehmer, die ohne Beschäftigung waren, deutlich größere Schwierigkeiten, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Ihre Wahrscheinlichkeit, einen Job zu finden, sank um 0,41 Prozentpunkte für jeden Prozentpunkt mehr Pendler aus Tschechien.
Die durchschnittlichen Löhne in den betroffenen Regionen blieben fast unverändert. Einheimische Arbeitnehmer mussten nach drei Jahren leichte Lohneinbußen von etwa 0,19 Prozent hinnehmen. Arbeitslose aber erlitten nach ihrem Wiedereinstieg auch stärkere Lohneinbußen als durchgehend Beschäftigte. Sie lagen nach drei Jahren bei 0,71 Prozent pro einen Prozentpunkt mehr Pendler aus Tschechien und bei 0,89 Prozent nach fünf Jahren. Gemessen an dem Lohnwachstum durchgehend beschäftigter Einheimischer von etwa 19 Prozent (26 Prozent) zwischen 1990 und 1993 (1990 und 1995) fällt dieser Effekt dennoch gering aus.
Umgekehrt verhielt es sich bei den Ausbildungsverträgen. Ein Anstieg der Pendler um einen Prozentpunkt führte nach drei Jahren zu einem Anstieg der Einheimischen mit Lehrverträgen um 1,3 Prozent. Gleichzeitig gab es aber keine Hinweise darauf, dass Beschäftigte stärker in anspruchsvollere Tätigkeiten wechselten.
Die Analyse basiert auf deutschen Sozialversicherungsdaten, die die gesamte Erwerbsbevölkerung in diesen 290 Gemeinden zwischen 1987 und 1995 abdecken. Nach dem Fall der Berliner Mauer wurde es tschechischen Arbeitnehmern ab 1990 erlaubt, als „Grenzgänger“ in deutschen Regionen bis zu 80 Kilometer weit im Land zu arbeiten, nicht aber, dort auch zu wohnen. Insgesamt waren 1993 rund 15.000 Tschechen als Grenzgänger in Bayern beschäftigt, bei rund 600.000 Arbeitsplätzen in der Region.
Prof. Christian Dustmann, 0044 78 18 04 83 80; cd@rfberlin.com
“The Effects of Immigration on Places and People – Identification and Interpretation”, von Christian Dustmann, Sebastian Otten, Uta Schönberg und Jan Stuhler; RFBerlin Discussion Paper 86 (2025); erscheint demnächst im Journal of Labor Economics: https://doi.org/10.1086/739196
https://www.rfberlin.com/network-paper/the-effects-of-immigration-on-places-and-...
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Economics / business administration, Politics, Social studies
transregional, national
Scientific Publications
German

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