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12/17/2025 11:33

Synapsen bei der Arbeit zusehen

Manuela Zingl GB Unternehmenskommunikation
Charité – Universitätsmedizin Berlin

    Der Moment, in dem eine Nervenzelle ihre Neurotransmitter in den synaptischen Spalt ausschüttet, ist extrem kurz. Forschenden der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max Delbrück Center ist es gelungen, ihn mikroskopisch einzufangen. Die Aufnahmen der fusionierenden Vesikel zeigen sie jetzt im Fachblatt Nature Communications*.

    Der Vorgang dauert nur wenige Millisekunden: Ein Vesikel, gefüllt mit Neurotransmittern und nur ein paar Nanometer groß, nähert sich der Zellmembran, verschmilzt mit ihr und gibt seine Botenstoffe an den synaptischen Spalt ab – sodass sie sich dort an die nächste Nervenzelle heften können. Ein Team um Prof. Christian Rosenmund, Letztautor der Publikation und stellvertretender Direktor des Instituts für Neurophysiologie an der Charité, hat diesen für die Arbeit des Gehirns entscheidenden Moment in mikroskopischen Bildern festgehalten.

    Punktförmige Verbindungen

    „Niemand wusste bisher, wie die Fusion der synaptischen Vesikel mit der Zellmembran im Detail abläuft“, sagt die Erstautorin der Studie, Dr. Jana Kroll, die mittlerweile in der Arbeitsgruppe „Strukturbiologie Membran-assoziierter Prozesse“ von Prof. Oliver Daumke am Max Delbrück Center forscht. „In unseren Experimenten mit Mäuse-Neuronen konnten wir zeigen, dass sich zunächst eine punktförmige Verbindung bildet. Dieser winzige Stiel erweitert sich dann zu einer Pore, durch die die Neurotransmitter in den synaptischen Spalt gelangen“, erläutert Jana Kroll.

    „Mithilfe der über fünf Jahre hinweg entwickelten Technologie ist es zum ersten Mal gelungen, Synapsen bei der Arbeit zuzusehen, ohne sie dabei zu stören“, ergänzt Christian Rosenmund. „Jana Kroll hat hier echte Pionierarbeit geleistet“, sagt der Wissenschaftler, der auch zum Vorstand des Excellenzclusters NeuroCure gehört.

    Schockgefroren in Ethan

    Um die Synapsen in Echtzeit zu beobachten, haben die Forschenden Nervenzellen von Mäusen genutzt, die sie zuvor mithilfe der Optogenetik so verändert hatten, dass die Zellen durch ein Lichtsignal aktiviert werden – und daraufhin sofort beginnen, Neurotransmitter auszuschütten. Innerhalb von ein bis zwei Millisekunden hat das Team die Neuronen dann in minus 180 Grad Celsius kaltem Ethan schockgefroren. „Alle zellulären Vorgänge stehen bei diesem Verfahren, dem Plunge Freezing, sofort still und können elektronenmikroskopisch sichtbar gemacht werden“, erläutert Jana Kroll.

    Dabei stießen die Wissenschaftler:innen auf ein weiteres interessantes Detail: „Wir konnten erkennen, dass die meisten der fusionierenden Vesikel über kleine Filamente mit mindestens einem weiteren Vesikel verbunden sind – sobald ein Vesikel mit der Zellmembran verschmilzt, steht schon das nächste bereit“, berichtet Jana Kroll. „Wir gehen davon aus, dass diese direkte Form der Vesikel-Rekrutierung es ermöglicht, dass Neurone auch über einen längeren Zeitraum hinweg Signale senden und so ihre Kommunikation aufrechterhalten können.“

    Epilepsien besser behandeln

    Die Fusion der Vesikel, die das Team visualisiert hat, findet in unseren Gehirnen jede Minute millionenfach statt. Den Prozess im Detail zu verstehen, ist auch für medizinische Zwecke wichtig: „Bei vielen Menschen mit Epilepsie oder anderen Erkrankungen der Synapsen sind Mutationen in Proteinen bekannt, die an der Vesikelfusion beteiligt sind“, erklärt Christian Rosenmund. „Wenn wir die genaue Rolle dieser Proteine aufdecken, können wir leichter zielgerichtete Therapien für solche Synaptopathien entwickeln.“

    „Der vor uns vorgestellte Ansatz für eine zeitaufgelöste Kryo-Elektronenmikroskopie mittels Licht ist zudem nicht auf Neurone beschränkt, sondern lässt sich in vielen Bereichen der Struktur- und Zellbiologie anwenden“ ergänzt Jana Kroll. Sie selbst möchte ihre Experimente jetzt am Max Delbrück Center zunächst mit menschlichen Neuronen wiederholen, die sie aus Stammzellen gewinnt. Eine leichte Aufgabe werde das allerdings nicht, kündigt die Forscherin an: „Die Zellen benötigen im Labor rund fünf Wochen, bis sie erste Synapsen entwickeln, und sind dabei extrem empfindlich.“

    *Kroll J et al. Dynamic nanoscale architecture of synaptic vesicle 2 fusion in mouse hippocampal neurons. Nat Comm 2025 13. doi: 10.1038/s41467-025-67291-6

    Über die Studie
    Entstanden sind die Aufnahmen in der CFcryo-EM (Core Facility for cryo-Electron Microscopy), der gemeinsamen Technologie-Plattform von Charité, Max Delbrück Center und FMP (Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie), die von Dr. Christoph Diebolder geleitet wird. Maßgeblich an der Studie beteiligt waren zudem Prof. Misha Kudryashev, Leiter der Arbeitsgruppe „In Situ Structural Biology“ des Max Delbrück Center, und Dr. Magdalena Schacherl, die an der Charité die Arbeitsgruppe „Strukturelle Enzymologie“ leitet.

    Bildunterschriften:
    1 - Nervenzellen beim Feuern zuzusehen – das ist dem Forschungsteam durch eine optogenetische Technik gelungen. Die Neuronen, hier in lila dargestellt, schütten auf einen Lichtimpuls hin Neurotransmitter aus, die Synapsen zwischen ihnen leuchten daraufhin gelb auf. Mittels Plunge Freezing fror das Team die Vorgänge ein und untersuchte die Ausschüttung der Botenstoffe im Detail. © Charité/Max Delbrück Center | Jana Kroll

    2 - So nähert sich ein Neurotransmitter-gefülltes Vesikel der Zellmembran (Simulation): Per rotem „Protein-Ärmchen“ nimmt das etwa 40 Nanometer große Bläschen Kontakt mit der Oberfläche der Nervenzelle auf und zieht sich näher heran. Sobald es nah genug ist, greifen die grünen Ärmchen des Vesikels nach den grünen Ärmchen der Membran und initiieren den eigentlichen Fusionsprozess. Es entsteht zunächst eine punktförmige Verbindung, die sich zu einer Pore erweitert. Durch sie entlässt das Bläschen die Neurotransmitter in den synaptischen Spalt, die nachfolgende Nervenzelle wird aktiviert. © Mohsen Sadeghi

    3 - Das Bild zeigt den ultrakurzen Moment, in dem ein Vesikel (Pfeil) mit der Zellmembran fusioniert. Durch die Überlagerung mehrerer elektronenmikroskopischer Bilder – die Elektronentomographie – wird sichtbar, wie viele Vesikel am Ende einer Nervenzelle darauf warten, ihre Botenstoffe in den synaptischen Spalt abzugeben. Dieser Zwischenraum zwischen zwei Nervenzellen ist in der Aufnahme als doppelte Linie zu erkennen. © Charité/Max Delbrück Center | Jana Kroll


    Contact for scientific information:

    Prof. Christian Rosenmund
    Institut für Neurophysiologie
    Charité – Universitätsmedizin Berlin
    T: +49 30 450 539 145
    E: christian.rosenmund@charite.de


    Original publication:

    https://doi.org/10.1038/s41467-025-67291-6


    More information:

    https://www.nature.com/articles/s41467-025-67291-6 Originalpublikation
    https://neurophysiologie.charite.de/forschung/ag_rosenmund AG Rosenmund
    https://www.mdc-berlin.de/de/daumke AG Daumke
    https://www.mdc-berlin.de/Cryo-Electron-Microscopy CFcryo-EM


    Images

    Nervenzellen beim Feuern zuzusehen – das ist dem Forschungsteam durch eine optogenetische Technik gelungen. Die Neuronen (hier lila) schütten auf einen Lichtimpuls hin Neurotransmitter aus, die Synapsen zwischen ihnen leuchten daraufhin gelb auf.
    Nervenzellen beim Feuern zuzusehen – das ist dem Forschungsteam durch eine optogenetische Technik ge ...
    Source: Jana Kroll
    Copyright: © Charité/Max Delbrück Center | Jana Kroll

    So nähert sich ein Neurotransmitter-gefülltes Vesikel der Zellmembran (Simulation) [vollständige BU im Haupttext]
    So nähert sich ein Neurotransmitter-gefülltes Vesikel der Zellmembran (Simulation) [vollständige BU ...
    Source: Mohsen Sadeghi
    Copyright: © Mohsen Sadeghi


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    attachment icon Das Bild zeigt den ultrakurzen Moment, in dem ein Vesikel (Pfeil) mit der Zellmembran fusioniert. [vollständige BU im Haupttext]

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Biology, Chemistry, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Nervenzellen beim Feuern zuzusehen – das ist dem Forschungsteam durch eine optogenetische Technik gelungen. Die Neuronen (hier lila) schütten auf einen Lichtimpuls hin Neurotransmitter aus, die Synapsen zwischen ihnen leuchten daraufhin gelb auf.


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