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12/19/2025 08:52

Mit Geschichten Halt geben: Wie Kinderbücher Soldatenfamilien im Alltag begleiten

Dr. Christian Klenk Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

    Kinderbücher aus der Feder eines wissenschaftlichen Instituts? Was ungewöhnlich klingt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als echtes Erfolgsrezept. An der KU entwickelt das Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) seit Jahren fundierte Materialien für Soldatenfamilien – darunter auch eine Reihe einfühlsam getexteter und illustrierter Kinderbücher. Die Idee dahinter: komplexe familiäre Belastungssituationen wissenschaftlich fundiert, aber kindgerecht aufbereiten und damit Kinder wie Erwachsene in der Bewältigung unterstützen.

    Die sogenannten „Mutmachbücher“ behandeln Themen wie Fernbeziehung, Auslandseinsätze oder die seelische Erkrankung eines Elternteils. Sie richten sich an Kinder zwischen drei und acht Jahren und sollen helfen, belastende Alltagserfahrungen besser zu verstehen und zu verarbeiten. Neben einer illustrierten Geschichte für die Kinder finden sich in jedem der Bücher interaktive Fragen für die Eltern, um mit den Kindern ins Gespräch zu kommen, ein kurzer Informationsteil für die Erwachsenen zur jeweiligen Thematik sowie Gebete.

    Seit fast 25 Jahren kooperiert das ZFG mit dem Katholischen Militärbischofsamt (KMBA), um die Auswirkungen des Soldatenberufs auf Partnerschaft, Familie und Erziehung zu erforschen und darauf basierend präventive Initiativen und Publikationen zu entwickeln. Zielgruppe waren lange Jahre nur Erwachsene, bis die Pädagoginnen im Team, Alexandra Hoff-Ressel und Peggy Puhl-Regler, den Blick gezielt auf die Kinder lenkten. „Wenn wir uns überlegen, was stabilisiert oder destabilisiert Beziehungen, dann müssen wir nicht nur auf das Paar, sondern vor allem auf das Kind oder die Kinder blicken“, erklärt Dr. Peter Wendl, Leiter des Kooperationsprojekts zwischen ZFG und KMBA. „Das ist eine große Herausforderung, denn Kinder verarbeiten schwierige Situationen, gerade in jungen Jahren, viel stärker emotional statt kognitiv.“ Aus diesen Überlegungen heraus entstand die Idee eines wissenschaftlich fundierten Kinderbuchs, das durch seine Bebilderung schon den Kleinsten Orientierung und Nachvollziehbarkeit bietet.

    Die Geschichte „Jonas wartet aufs Wochenende“ über eine Familie, in der Papa Soldat ist und pendelt, druckten das ZFG und das KMBA 2019 zunächst in Eigenregie – und mussten bald nachlegen: „Wir haben zehntausende Exemplare in wenigen Monaten verteilt, so dass klar wurde: Hier gibt es echten Bedarf“, erinnert sich Wendl. Aus der langjährigen wissenschaftlichen Arbeit ergaben sich weitere Themen fast von selbst, aktuell umfasst die Reihe fünf Titel. Publiziert werden die Bücher mittlerweile vom Herder Verlag, die Gesamtauflage liegt bei über 70.000 Exemplaren. Bundeswehrangehörige bekommen die Bücher kostenlos bei ihrem Katholischen Militärpfarramt. Fast alle Bücher sind zudem im regulären Buchhandel verfügbar, um möglichst viele Interessierte zu erreichen.

    „Alle Mutmachbücher haben das Ziel, dass die Kinder nach dem Lesen Gefühle benennen und Fragen stellen können, für die sie zuvor keine Worte hatten“, erklärt Alexandra Hoff-Ressel. Gleichzeitig habe auch der vorlesende Erwachsene einen Lerneffekt: Er oder sie sehe, was dem Kind in schwierigen Situationen hilft, und könne dies ins eigene Verhalten übertragen. Damit bietet das Medium Bilderbuch entscheidende Vorteile gegenüber etwa Informationsvorträgen oder Broschüren: „Ein Kinderbuch ist unaufdringlich und niederschwellig, zudem können wir so gleichzeitig Erwachsene und Kinder ansprechen“, erklärt Peter Wendl. Das sei es zugleich, was die Erstellung so anspruchsvoll mache.

    Die Geschichten und Texte stammen aus der Feder von Peter Wendl, Alexandra Hoff-Ressel und Peggy Puhl-Regler. Für die Bebilderung hat sich das Team mit Ilonka Baberg eine externe Illustratorin dazugeholt, mit der es im engen Austausch und vielen Feedbackschleifen die optische Gestaltung der Bücher entwickelt. Besonders herausfordernd sei die inhaltliche Korrektheit: „Nichts in diesen Büchern ist nicht zehnmal überlegt und hinterfragt“, betont Puhl-Regler. Ob die Farbe der Fahnen am auslaufenden Schiff oder die Kopfbedeckung des Soldaten unter freiem Himmel: Marginale Details werden mit größter Sorgfalt gestaltet. „Der erste Blick der Soldatinnen und Soldaten prüft – bewusst und unbewusst – die Übereinstimmung mit dem eigenen Alltag“, erklärt die Pädagogin. „Wenn der Soldat im Bild die falsche Jacke trägt, verliert das Buch seine Glaubwürdigkeit und wird im schlechtesten Fall direkt weggelegt.“

    Für die Ausgabe „Wie Papa wieder lachen lernt“ über die seelische Erkrankung eines Elternteils ließ sich das Team fachlich durch das Psychotraumazentrum der Bundeswehr in Berlin beraten, um z.B. Begriffe wie Depression und Angststörung korrekt zu erklären. Immer eine wichtige Rolle spielt zudem die pädagogische Fachexpertise der Autorinnen. Beispielsweise kann mit psychischen Erkrankungen eine Suchterkrankung einher gehen, muss es aber nicht. „Damit sich möglichst alle Lesenden gesehen fühlen, haben wir in diesem Fall auf einer Seite dezent eine Flasche neben dem Sessel platziert – die kann beim Anschauen und Vorlesen aufgegriffen werden, muss aber nicht“, erläutert Hoff-Ressel.

    „Dank unserer wissenschaftlichen Expertise wissen wir, in welchen Lebenssituationen es Hilfestellungen braucht und was es dabei zu beachten gilt. Und dank der langjährigen Zusammenarbeit mit der Bundeswehr können wir die Bücher zudem mit authentischen Erlebnissen, Dialogen und Bildern füllen“, fasst Peter Wendl zusammen. So helfen die Bilderbücher der Universität vielen Familien und zeigen zudem, wie Wissenschaft aussieht, die in die Gesellschaft wirkt.


    Contact for scientific information:

    Dr. Peter Wendl, peter.wendl@ku.de


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